Dienstag, 21. Mai 2024

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'J. G. Irmler - Eine Leipziger Pianoforte-Fabrik'

Zum Schluss möchte ich Sie noch auf eine Liebhaber-CD aufmerksam machen, eine Produktion für die Fans des Pianoforte an und für sich. In der Edition Waechterpappel, der Produktion der Denkmalschmiede Höfgen in Grimma, ist der Klavierfabrik Irmler ein Denkmal gesetzt worden. Diese große Leipziger Firma wurde 1943 ausgebombt. Die Familie lebte nach dem Krieg in Westdeutschland; Barbara Irmler, Witwe des 1990 verstorbenen Dr. Hermann Irmler, ist unter anderem Ehrensenatorin der Universität Bamberg und Ehrenmitglied des Freundeskreises des Leipziger Musikinstrumenten-Museums. Sie ist die Herausgeberin der CD, auf der vier Instrumente der untergegangenen Klavierbaustätte vorgestellt werden, ein hervorragend restauriertes Tafelklavier aus den 1830er Jahren, das wie geschaffen scheint für eine Haydn-Sonate, ein Kammerflügel aus den 1850er Jahren, auf dem der Leipziger Pianist Ulrich Urban die As-dur-Ballade op. 47 von Chopin spielt, ein 1,75m-Stutzflügel aus den 20er Jahren und ein 1,50-Baby-Grand aus dem Jahr 1935, der sich nach wie vor in Familienbesitz befindet. Die Irmler-Instrumente standen zwar immer ein wenig im Schatten von Blüthner, aber sie repräsentierten wie diese die romantische Leipziger Musiktradition, freilich stets mit einem etwas direkteren, nicht ganz so silbern-verhangenen Diskant und allem Reiz der unterschiedlichen Register. Ulrich Urban, der Pianist der Einspielung, verweist in seinem Geleitwort zu Recht darauf, dass der spezifische Klang der Instrumente so manchen Komponisten bei der Arbeit begleitet und angeregt haben dürfte. Irmler war jedenfalls bis zur Zerstörung im Jahr 1943 ein traditionell guter Name aus Sachsen, so wie Kaps aus Dresden oder Berdux aus München. Die heute unter dem Label "Irmler" angebotenen Klaviere kommen übrigens aus dem Ausland; es handelt sich um sogenannte Einsteiger-Instrumente, für die der Hersteller lediglich die Rechte an dem verkaufsfördernden deutschen Namen erworben hat. Dies nur zur Information. Zum Schluss der heutigen Sendung also eine kleine Kostprobe historischen deutschen Klavierbaus: "Eintritt" aus den "Waldszenen" op. 82 von Robert Schumann, gespielt von Ulrich Urban auf dem 1,50-Stutzflügel - Hausmusik Made in Klein-Paris, wie Goethe sein Leipzig nannte. * Musikbeispiel: R. Schumann - "Eintritt" aus: "Waldszenen", op. 82

Norbert Ely | 04.06.2000