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J.S. Bach: "Actus Tragicus"

Am Mikrofon ist Henning Hübert. "Victimae paschali laudes", die mittelalterliche Ostersequenz, wird uns durch diese Sendung begleiten. Aus ihr formte Luther sein Osterlied, im Jahr 1524, sieben kernige Strophen, am Ende stets ein Halleluja: "Christ lag in Todesbanden". Ausschließlich aus diesem Lutherlied besteht Johann Sebastian Bachs wohl früheste Kantate, die uns bekannt ist: Wie schlank diese klingen kann, zeigt einmal mehr das solistisch besetzte Ensemble Cantus Cölln unter seinem Leiter Konrad Junghänel. Hören Sie die erste Strophe aus der Osterkantate: * Musikbeispiel: J.S. Bach - aus: "Christ lag in Todesbanden" Der Eingangschor aus der Bachkantate "Christ lag in Todesbanden", gesungen von Cantus Cölln. Auf der bei Harmonia Mundi France erschienenen CD finden sich neben dieser auch die Kantaten "Der Herr denket an uns", "Weinen, klagen, sorgen, zagen" und die Trauerkantate "Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit", die auch "Actus Tragicus" genannt wird. Somit sind auf dieser CD vier der frühesten Bachkantaten versammelt - Kompositionen aus den Jahren ab 1707, die zutiefst im Stil der mitteldeutschen protestantischen Musik stehen und die noch kaum mit den neuen Elementen der italienischen Oper - mit Rezitativen und Da-Capo-Arien - spielen, welche wenig die Kirchenkantaten dominieren werden. Charakteristisch die knappe Besetzung. In einer Kantate aus Bachs Mühlhauser Zeit - im "Actus Tragicus" - spielen neben der Continuogruppe im Orchester nur noch zwei Blockflöten und zwei Gamben mit. Ideale Stücke für das Solistenensemble Cantus Cölln. Den Organistenposten in der Reichsstadt Mühlhausen - nach Arnstadt seine zweite Anstellung - musste der 22jährige Bach in einem anspruchsvollen Bewerbungsverfahren erst erlangen. Vermutlich war es die soeben angeklungene Kantate "Christ lag in Todesbanden", die er an Ostern 1707 - auf den Tag genau am 24. April - als geforderte Probemusik aufführte. Die Wahl der thüringischen Ratsherren fiel auf den "Pachen von Arnstadt". Der Youngster muss die Mühlhäuser im Sturm überzeugt haben. Ohne Widerspruch gaben sie seinen selbstbewussten Gehaltsforderungen statt: Bach erhielt ein Viertel mehr Gehalt als sein Vorgänger Ahle. Genau aufgeschlüsselt: 85 Goldgulden jährlich und dazu zusätzlich an Naturalien: drei Malter Korn, schon gemahlen zum Backen, zwei Klafter Holz: eines Buche, das andere Eiche oder Esche als Brennholz, sowie sechs Schock Reisig, also eine Jahresration von 360 Bündeln zum täglichen Feuermachen in Ofen und Herd, und das bitteschön alles auch noch frei Haus geliefert. Hier noch zwei Ausschnitte aus der erfolgreichen Bewerbungsmusik: Zuerst die Vertonung der vierten Strophe "Es war ein wunderlicher Krieg", - danach das "Hier ist das rechte Osterlamm". Bass-Solist ist Stephan Schreckenberger: * Musikbeispiel: J.S. Bach - aus "Es war ein wunderlicher Krieg" und "Hier ist das rechte Osterlamm" Ein Ausschnitt aus der Osterkantate "Christ lag in Todesbanden" Johann Sebastian Bachs, ausgeführt von Cantus Cölln unter Konrad Junghänel. Diese CD ist bei Harmonia Mundi France erschienen.

Henning Hübert |