"Jakob der Heiler" ist ein Märchen mit esoterischem Einschlag. Es handelt vom Schicksal Jakob Ericsons, eines einfachen Farmarbeiters, der magische Kräfte besitzt. Durch blosses Handauflegen vermag er Tiere und auch Menschen zu heilen. So befreit er Sharon Cafter, die schöne, aber verkrüppelte Tochter seines Arbeitgebers, von ihren Krücken, worauf diese sich nach Los Angeles absetzt, um dort Sängerin zu werden. Jakob landet ebenfalls in Los Angeles und lässt seine Heilkünste einer "Urbruderschaft der Pfingstgemeinde" zugute kommen. Arglos wie er ist, fällt er zwei Gaunern in die Hände, die mit seinen kurativen Gaben blühende Geschäfte zu machen hoffen. In Los Angeles begegnet Jakob seiner Sharon wieder, die sich inzwischen als drittklassige Sängerin etabliert hat und im Tanztheater eben jener windigen Unternehmer auftritt, denen Jakob auf den Leim gegangen ist. Es folgt die grosse Läuterung, Sharon und Jakob bekennen sich ihre Liebe und beschliessen, der korrupten Gesellschaft den Rücken zu kehren und gemeinsam ein neues Leben irgendwo in der Wüste zu beginnen. Aus dem Plan wird nichts, da Jakob den verwöhnten Millionärssohn Earl Medwin heilt und dieser nichts Eiligeres zu tun hat, als Sharon zu verführen und sie heimlich zu heiraten. Dass Earl noch in der Hochzeitsnacht das Zeitliche segnet, mildert Jakobs Gram nicht, denn Sharon hat er auf immer verloren. Während sie sich für ein Dasein in den feinen Salons entscheidet, zieht Jakob endgültig zurück in die Wüste. Er schwört sich, künftig nur noch Tiere zu kurieren. Seine Erfahrungen haben ihn gelehrt, dass bei den Menschen jeder Heilungsversuch umsonst ist, solange die Seele krank bleibt. Am Schluss sind alle Beteiligten mehr oder weniger zufrieden, und so endet das Märchen mit einem Lächeln auf Jakobs Gesicht.
Es ist eine bittersüsse Geschichte, die Aldous Huxley und Christopher Isherwood da erzählen. Wie es sich für ein Drehbuch gehört, spielen stilistische Feinheiten darin keine Rolle, Landschaftsschilderungen und Charakterstudien beschränken sich aufs Setzkasten-Vokabular. Sharon "ist einfach wunderbar ... fast schon ein übermenschliches Wesen", Jakob ist gross und vermittelt "den Eindruck von Souveränität und Kraft". Die Figuren gleichen Abziehbildchen, die erkannt und sortiert werden wollen: Der Betrüger mit den "fetten weissen Händen, an denen er mehrere grosse Ringe trägt", oder der gutmütige Schwarze, der als Chauffeur der Medwins herhalten muss. Was die Dramaturgie betrifft, so jagt eine sentimentale Szene die andere; die Protagonisten schmelzen im Minutentakt vor sich hin.
Nun könnte man "Jakob den Heiler" als gefühliges Rührstück abtun und Apollo dafür danken, dass es nicht auf die Leinwand kam. Allerdings gewinnt das Ganze einiges, wenn man die Entstehungsgeschichte kennt. Aldous Huxley und Christopher Isherwood begegneten sich erstmals 1939 in Hollywood. Beide suchten hier das schnelle Geld und waren gleichzeitig fasziniert von der Philosophie und Religion Indiens. Sie verehrten mit Krishnamurti denselben Guru. Dieser moderne Mystiker soll wie Jakob die Gabe des Heilens besessen, aber auf deren Gebrauch bei Menschen verzichtet haben. Menschen, so Krishnamurtis Begründung, könnten zwar körperlich gesunden, würden sich in ihrem Gefühls- und Seelenleben aber oft überhaupt nicht verändern. Heilen oder Nicht-Heilen, das ist die Frage in diesem modernen Märchen. Huxley und Isherwood versuchen dieses übermenschlich-medizinische Dilemma mit ihrer Geschichte zu illustrieren. Jakob, der nicht nur seinem Namen nach etwas Biblisches an sich hat, zitiert gerne die heilige Schrift und fragt: "Welches ist leichter: zu dem Gichtbrüchigen zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder: Stehe auf, nimm dein Bett und wandle?" Antworten darauf gibt es keine.
Aldous Huxley und Christopher Isherwood haben sich redlich bemüht, ihr Thema Hollywood-gemäss aufzubereiten. Vergeblich, wie sich zeigt. Allerdings besitzt dieses Drehbuch nicht nur seiner Entstehungs-, sondern auch seiner Entdeckungsgeschichte wegen Seltenheitswert. Dem Manuskript auf die Spur kam nämlich keine geringere als Sharon Stone. Die amerikanische Schauspielerin hatte in Isherwoods Tagebüchern von seiner Zusammenarbeit mit Huxley gelesen und sich auf die Suche nach dem erwähnten Script gemacht. Huxleys Witwe fand es schliesslich in einer alten Kiste neben einer Menge anderer Souvenirs. Isherwood hatte es seinen Freunden geschickt, nachdem deren Haus 1961 bis auf die Grundmauem niedergebrannt war. So steigt Jakob wie ein Phönix aus der Asche.
Dies alles erfährt der Leser der deutschen Ausgabe jedoch nicht. Es fehlt darin jeglicher Hinweis auf die Umstände der Entstehung von "Jakob dem Heiler". Eine einleitende Vorbemerkung aus Mrs. Huxleys Feder verwirrt den Leser eher, als daß sie ihn aufklärt. Das ist schade. Denn wenn schon das Märchen von Isherwood und Huxley nichts hergibt, dann doch wenigstens Jakobs Geburt und Auferstehung.
Es ist eine bittersüsse Geschichte, die Aldous Huxley und Christopher Isherwood da erzählen. Wie es sich für ein Drehbuch gehört, spielen stilistische Feinheiten darin keine Rolle, Landschaftsschilderungen und Charakterstudien beschränken sich aufs Setzkasten-Vokabular. Sharon "ist einfach wunderbar ... fast schon ein übermenschliches Wesen", Jakob ist gross und vermittelt "den Eindruck von Souveränität und Kraft". Die Figuren gleichen Abziehbildchen, die erkannt und sortiert werden wollen: Der Betrüger mit den "fetten weissen Händen, an denen er mehrere grosse Ringe trägt", oder der gutmütige Schwarze, der als Chauffeur der Medwins herhalten muss. Was die Dramaturgie betrifft, so jagt eine sentimentale Szene die andere; die Protagonisten schmelzen im Minutentakt vor sich hin.
Nun könnte man "Jakob den Heiler" als gefühliges Rührstück abtun und Apollo dafür danken, dass es nicht auf die Leinwand kam. Allerdings gewinnt das Ganze einiges, wenn man die Entstehungsgeschichte kennt. Aldous Huxley und Christopher Isherwood begegneten sich erstmals 1939 in Hollywood. Beide suchten hier das schnelle Geld und waren gleichzeitig fasziniert von der Philosophie und Religion Indiens. Sie verehrten mit Krishnamurti denselben Guru. Dieser moderne Mystiker soll wie Jakob die Gabe des Heilens besessen, aber auf deren Gebrauch bei Menschen verzichtet haben. Menschen, so Krishnamurtis Begründung, könnten zwar körperlich gesunden, würden sich in ihrem Gefühls- und Seelenleben aber oft überhaupt nicht verändern. Heilen oder Nicht-Heilen, das ist die Frage in diesem modernen Märchen. Huxley und Isherwood versuchen dieses übermenschlich-medizinische Dilemma mit ihrer Geschichte zu illustrieren. Jakob, der nicht nur seinem Namen nach etwas Biblisches an sich hat, zitiert gerne die heilige Schrift und fragt: "Welches ist leichter: zu dem Gichtbrüchigen zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder: Stehe auf, nimm dein Bett und wandle?" Antworten darauf gibt es keine.
Aldous Huxley und Christopher Isherwood haben sich redlich bemüht, ihr Thema Hollywood-gemäss aufzubereiten. Vergeblich, wie sich zeigt. Allerdings besitzt dieses Drehbuch nicht nur seiner Entstehungs-, sondern auch seiner Entdeckungsgeschichte wegen Seltenheitswert. Dem Manuskript auf die Spur kam nämlich keine geringere als Sharon Stone. Die amerikanische Schauspielerin hatte in Isherwoods Tagebüchern von seiner Zusammenarbeit mit Huxley gelesen und sich auf die Suche nach dem erwähnten Script gemacht. Huxleys Witwe fand es schliesslich in einer alten Kiste neben einer Menge anderer Souvenirs. Isherwood hatte es seinen Freunden geschickt, nachdem deren Haus 1961 bis auf die Grundmauem niedergebrannt war. So steigt Jakob wie ein Phönix aus der Asche.
Dies alles erfährt der Leser der deutschen Ausgabe jedoch nicht. Es fehlt darin jeglicher Hinweis auf die Umstände der Entstehung von "Jakob dem Heiler". Eine einleitende Vorbemerkung aus Mrs. Huxleys Feder verwirrt den Leser eher, als daß sie ihn aufklärt. Das ist schade. Denn wenn schon das Märchen von Isherwood und Huxley nichts hergibt, dann doch wenigstens Jakobs Geburt und Auferstehung.