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Jacques Palmingers neues Jazz-Album
Musik, die es nicht mehr gibt

Lyrik, Jazz und ganz viel Augenzwinkern: Jacques Palminger & 440 HZ Trio spielen eine Musik, wie es sie bisher noch nicht gab. Sie mischen virtuosen Jazz, meist im liebevollen Retrosound, mit Chansons und skurrilen Texten. Als Hörer muss man sich darauf einlassen können.

Von Eric Leimann | 08.10.2016
    Der deutscher Schauspieler und Musiker Jacques Palminger (Mitte) mit seinem Jazz und Lyrik Projekt "Jacques Palminger & 440 Hz Trio"
    Der deutscher Schauspieler und Musiker Jacques Palminger (Mitte) mit seinem Jazz und Lyrik Projekt "Jacques Palminger & 440 Hz Trio" (Kerstin Behrendt)
    "Ich höre sehr gerne Jazz. Es gab mal eine Zeit, da war der Jazz die Popmusik - und die Sängerinnen waren die Rihannas von heute oder von damals."
    Retro-Jazz im Stil der 60er- und frühen 70er-Jahre, dazu Lyrik zwischen Melancholie und irrem Humor - das ist die Welt von Jacques Palminger und seinem 440 HZ Trio.
    "Cumulus-Wolken sind wie Frauen, die nächste sieht auch immer besser aus. Sie sind wie ein neuer Schlips, einmal ausgesucht hat man sie am Hals."
    Keine Angst, mit diesem Fips-Asmussen-Humor geht es bei Jacques Palminger nicht weiter. Ihm geht es in diesem Jazzschlager nämlich nur um eines.
    "Lache und die Welt lacht mit dir. Doch weine, und du weinst allein"
    Viel künstlerisches Herz
    Jacques Palminger und seine Band spielen auf dem Album "Spanky und seine Freunde" eine Musik, die es eigentlich nicht mehr gibt. Wahrscheinlich gab es sie auch nie - zumindest nicht mit diesen Texten. Ziemlich virtuos vermischen sich bei Palminger Chansons wie vom frühen Manfred Krug, als der noch ein DDR-Star war, mit Souljazz der 70er, ein bisschen King Crimson und Free Jazz mit Lyrik. Man sollte sich vom skurrilen Humor in den Texten nicht täuschen lassen: In dieser Musik steckt enorme Produktionsarbeit und künstlerisch viel Herz.
    "Peter Pan, sage mir, ob Michael heute kommt"
    "Das Schöne bei diesen Jazz-Akkorden ist, wenn die dann so wahrhaftig im Raum stehen, dann werden alle Texte, die man darüber spricht, wahr. Das heißt, über diese Jazzmusik wirken die Texte enorm suggestiv und das ist eine Kraft, die ich gerne nutze."
    "Die Kinder tanzen, sie singen am Tor, die Lieder, die jeder kennt. Sie wissen, es wird ein schöner Tag in Nimmerland, im Frühlingswind. Ein Kobold schließt die Schaukeln auf, befreit sie vom Morgentau. Er geht zu Glöckchens Berg hinauf, bringt Futter für den Pfau"
    "Man erkennt es vielleicht nicht sofort, aber das Geheimnis erschließt sich im selben Augenblick, wo ich den entscheidenden Namen nenne: Es geht um Michael Jackson, es geht um den letzten Tag auf der Neverland Ranch. Die Mitarbeiter wissen, Michael wird nicht mehr kommen, aber die Kinder wissen es nicht."
    Texte aus Jazzimprovisationen
    Das 440-Hertz-Trio mit dem ehemaligen Sterne-Keyboarder Richard von der Schulenburg, Schlagzeuger Olve Strelow und Bassist John Raphael Burgess ist seit dem ersten Album vor vier Jahren zum Quintett angewachsen: Jan Heinemann am Vibraphon und Sängerin Lydia Schmidt sind dazu gekommen.
    Im Vergleich zum ersten Album sind die Texte ernsthafter geworden, die Musik ist noch kunstvoller. Jacques Palminger rezitiert Texte, die im Proberaum aus Jazzimprovisationen entstehen und dann immer feiner ausgearbeitet werden. Oder er lässt einfach singen, von Band-Mitgliedern, die - wie er sagt - bessere Stimmen hätten als er.
    "Von mir aus kannst du alles haben, aber Spanky gehört mir"
    "Spanky", von dem hier gesungen wird und der dem Album den Titel leiht, ist übrigens ein Hund.
    "Es ist ein sanftes, dramatisches Trennungslied. Ein Tränen treibendes Drama und es ist deshalb zum Namen der Platte geworden, weil ich einfach dieses Wort so stark finde: Spanky. Sagt sich gut: Spanky! Wie heißt die Platte? Spanky!"
    Jacques Palminger & 440 HZ Trio machen Musik, auf die man sich einlassen muss. Der man sich aber kaum entziehen kann, hört man einmal konzentriert zu. Ein bisschen Liebe für Retro-Jazz, kunstvoll getextete Schlager oder Chansons, sollte man am besten mitbringen. Belohnt wird man mit einem atemberaubend versiert komponierten und arrangierten Wort-Musik-Mix, der einen fast vergessen lässt, dass dieses Kunstgemisch nebenbei ziemlich lustig ist.