Was geschieht eigentlich mit den Kinofilmen, die nur noch in einer einzigen mühsam rekonstruierten Kopie existieren. Wenigstens gehören sie nicht zum dem umfangreichen Filmerbe, das zerfallen ist oder gerade zu stinkendem Chemieabfall in Blechbüchsen verrottet. Manchmal werden einige der verlorenen Schätze der Filmkunst doch noch vorgeführt - bei einem kleinen Stummfilm-Festival oder anlässlich einer filmhistorischen Retrospektive. Dann wieder zurück ins klimatisierte Regal. Acht Filmmuseen aus dem deutschen Sprachraum sind nun angetreten das zu ändern. Die Filmmuseen in München, Düsseldorf, Bonn, Frankfurt, Wien, Luxemburg und in Lausanne haben sich zusammengeschlossen und bringen unterstützt vom Goetheinstitut gemeinsam die "Edition Filmmuseum" heraus. Die ersten drei Titel sind erschienen, weitere drei stehen fest und sind in Kürze zugänglich. Zum Beispiel Simfonia Donbassa Ursprungstitel "Entuziasm", der Film mit dem der sowjetische Dokumentarfilmpionier Dziga Vertov 1930 das damals neue Medium Tonfilm definieren wollte. Ein Filmanfang. Eine Frau schaltet einen Apparat ein. Das Titelgebende Musikstück von Nicolai Timofejev wird angespielt.
Es beginnt ein Filmgedicht, das den ersten Fünf-Jahres-Plan 1928 – 1932 feiern sollte. Dziga Vertov, der mit seinem Filmexperiment "Der Mann mit der Kamera" 1929 einer der wichtigsten Filmpioniere der neuen Kunstform wurde, singt mit seinem Industrieballett "Entuziasm" ein – ideologisch angreifbares aber ästhetisch faszinierendes – "hohes Lied" auf die Arbeit der Schwerindustrie und erfindet Blenden und Trickmontagen, die man erst wieder im digitalen Zeitalter wieder sehen wird. Ein weniger bekannter Aspekt im Werk des Schöpfers der Theorie vom unbestechlichen "Kino-Auge" ist sein freier kontrapunktischer Stil in der Anwendung von Musik und Ton. Peter Kubelka, der Gründer des Österreichischen Filmmuseums hat die eigenwillige Tonspur rekonstruiert und schildert im Bonusmaterial sehr ausführlich dessen Prinzipien und die verborgenen Schönheiten des Filmwerks. Die DVD-Reihe ist nicht filmhistorisch-systematisch angelegt. Die Archive zeigen einfach was sie haben. Zum Beispiel "Friedrich Schiller – eine Dichterjugend" von Curt Götz, der 1923 von dem Theater und Filmkritiker Herbert Ihering als Prototyp des humoristisch-anekdotischen Volksfilms gefeiert wurde. Joachim Bärenz, der bekannteste Stummfilmpianist Deutschlands, begleitete den Film mit seinen Klavierimprovisationen die Open-Air-Vorführung des Films beim Bonner-Sommerkino. "Die Gedanken sind frei". So hört sich der dramatische Wendepunkt in der Dichterbiografie an.
Regisseur Curt Götz ist später als Erfinder der deutschen Dialogkomödie bekannt geworden. In "Friederich Schiller" muss er noch fast ohne Worte auskommen. "Kann er das verfluchte Dichten nicht lassen?" fragt Herzog Karl im Zwischentitel, der den Sprachwitz des Autors schon aufscheinen lässt. Zu sehen ist eine viragierte Filmkopie nach einem frühen Farbfilmverfahren bei dem die Szenen je nach Stimmung in vier Grundfarben getaucht wurden. Dieser "Special- Effect" war bei den Stummfilmen der 20er Jahre weit verbreitet, aber nur wenige Kopien mit diesen Farbtönungungen sind vorhanden. Weitere Filme aus der Frühzeit der Kinogeschichte sind in der DVD-Reihe geplant wie Erich von Stroheims Klassiker von 1919 "Blind Husbands" oder eine Rekonstruktion des ersten Films zum Thema Homosexualität "Anders als die Anderen", gedreht 1927. Das Problem der allzuschnell und dauerhaft verschwindenden Filme erstreckt sich übrigens nicht nur auf Schätze aus der Frühzeit der Filmgeschichte. Und so sind auch Filme von Herbert Achternbusch und Niklaus Schilling geplant. Der jüngste vergessene Film ist erst 5 Jahre alt und gehört zum Startprogramm der Reihe. Markus Mischkowski und Kai Maria Steinkühler drehten ihren Film "Westend" 2001. Die Losergeschichte aus den Randzonen Kölns galt aber damals schon auf den Hofer Filmtagen als künftiger Kultfilm.
Zwei Kurzfilme aus dem Umkreis von "Westend" sind als Ergänzungsmaterial beigegeben. Filme, die weder im Fernsehen noch jemals wieder im Kino zu sehen sein werden, stehen im Mittelpunkt dieser filmarchivarischen Großtat. Man wünscht sich etwas umfangreichere Begleitheftchen und dem Projekt eine rosig viragierte Zukunft. Wenn schon dem Kino ein heftiger Schrumpfprozeß vorausgesagt wird und der DVD-Markt die letzte Zuflucht für filmhistorisches Wissen werden wird, dann ist es um so wichtiger, dass es auch kleine, couragierte Reihen gibt, die echte Raritäten präsentieren. Noch fehlt übrigens das größte und bedeutendste deutsche Filmmuseum in Berlin unter den Herausgebern. Es bleibt zu hoffen, dass es sich bald in die Reihe der Jäger der verlorenen Schätze einreiht.
Es beginnt ein Filmgedicht, das den ersten Fünf-Jahres-Plan 1928 – 1932 feiern sollte. Dziga Vertov, der mit seinem Filmexperiment "Der Mann mit der Kamera" 1929 einer der wichtigsten Filmpioniere der neuen Kunstform wurde, singt mit seinem Industrieballett "Entuziasm" ein – ideologisch angreifbares aber ästhetisch faszinierendes – "hohes Lied" auf die Arbeit der Schwerindustrie und erfindet Blenden und Trickmontagen, die man erst wieder im digitalen Zeitalter wieder sehen wird. Ein weniger bekannter Aspekt im Werk des Schöpfers der Theorie vom unbestechlichen "Kino-Auge" ist sein freier kontrapunktischer Stil in der Anwendung von Musik und Ton. Peter Kubelka, der Gründer des Österreichischen Filmmuseums hat die eigenwillige Tonspur rekonstruiert und schildert im Bonusmaterial sehr ausführlich dessen Prinzipien und die verborgenen Schönheiten des Filmwerks. Die DVD-Reihe ist nicht filmhistorisch-systematisch angelegt. Die Archive zeigen einfach was sie haben. Zum Beispiel "Friedrich Schiller – eine Dichterjugend" von Curt Götz, der 1923 von dem Theater und Filmkritiker Herbert Ihering als Prototyp des humoristisch-anekdotischen Volksfilms gefeiert wurde. Joachim Bärenz, der bekannteste Stummfilmpianist Deutschlands, begleitete den Film mit seinen Klavierimprovisationen die Open-Air-Vorführung des Films beim Bonner-Sommerkino. "Die Gedanken sind frei". So hört sich der dramatische Wendepunkt in der Dichterbiografie an.
Regisseur Curt Götz ist später als Erfinder der deutschen Dialogkomödie bekannt geworden. In "Friederich Schiller" muss er noch fast ohne Worte auskommen. "Kann er das verfluchte Dichten nicht lassen?" fragt Herzog Karl im Zwischentitel, der den Sprachwitz des Autors schon aufscheinen lässt. Zu sehen ist eine viragierte Filmkopie nach einem frühen Farbfilmverfahren bei dem die Szenen je nach Stimmung in vier Grundfarben getaucht wurden. Dieser "Special- Effect" war bei den Stummfilmen der 20er Jahre weit verbreitet, aber nur wenige Kopien mit diesen Farbtönungungen sind vorhanden. Weitere Filme aus der Frühzeit der Kinogeschichte sind in der DVD-Reihe geplant wie Erich von Stroheims Klassiker von 1919 "Blind Husbands" oder eine Rekonstruktion des ersten Films zum Thema Homosexualität "Anders als die Anderen", gedreht 1927. Das Problem der allzuschnell und dauerhaft verschwindenden Filme erstreckt sich übrigens nicht nur auf Schätze aus der Frühzeit der Filmgeschichte. Und so sind auch Filme von Herbert Achternbusch und Niklaus Schilling geplant. Der jüngste vergessene Film ist erst 5 Jahre alt und gehört zum Startprogramm der Reihe. Markus Mischkowski und Kai Maria Steinkühler drehten ihren Film "Westend" 2001. Die Losergeschichte aus den Randzonen Kölns galt aber damals schon auf den Hofer Filmtagen als künftiger Kultfilm.
Zwei Kurzfilme aus dem Umkreis von "Westend" sind als Ergänzungsmaterial beigegeben. Filme, die weder im Fernsehen noch jemals wieder im Kino zu sehen sein werden, stehen im Mittelpunkt dieser filmarchivarischen Großtat. Man wünscht sich etwas umfangreichere Begleitheftchen und dem Projekt eine rosig viragierte Zukunft. Wenn schon dem Kino ein heftiger Schrumpfprozeß vorausgesagt wird und der DVD-Markt die letzte Zuflucht für filmhistorisches Wissen werden wird, dann ist es um so wichtiger, dass es auch kleine, couragierte Reihen gibt, die echte Raritäten präsentieren. Noch fehlt übrigens das größte und bedeutendste deutsche Filmmuseum in Berlin unter den Herausgebern. Es bleibt zu hoffen, dass es sich bald in die Reihe der Jäger der verlorenen Schätze einreiht.