Donnerstag, 28. März 2024

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Jahresrückblick
Diskriminierung von Frauen weltweit

2017 war wieder so ein Jahr. Ein Jahr in dem Frauen diskriminiert wurden. Frauen jeden Alters, jeder Hautfarbe und Religion, Frauen in allen Berufen und in allen Ländern der Welt. In unseren Nachrichten haben wir immer wieder über eklatante Fälle und Begebenheiten berichtet. Zehn davon haben wir noch einmal zusammengefasst für diesen besonderen Jahresrückblick 2017.

29.12.2017
    Demonstranten am US-Capitol in Washington während des Women's March für Frauenrechte am Tag nach der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Donald Trump.
    Demonstranten am US-Capitol in Washington während des Women's March für Frauenrechte am Tag nach der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Donald Trump. (AFP - Jim Watson)
    #metoo – frei übersetzt "auch mir ist das schon passiert", "auch ich bin Opfer geworden". Seit dem Herbst steht dieser Begriff für eine Diskussion über sexuelle Gewalt. Es fing damit an, dass die Übergriffe des US-Filmproduzenten Harvey Weinstein nach langen Jahren öffentlich geworden sind. Inzwischen geht es ganz allgemein um Gewalt, die meist Männer gegen Frauen ausgeübt haben.
    Diese Debatte ist wichtig und überfällig. Und dennoch, die Diskriminierung von Frauen hat auch viele andere Gesichter. Das Machtgefälle der Geschlechter kennt viele andere Ausdrucksformen. Und immer wieder kam das Thema 2017 in unseren Nachrichtensendungen vor. Von diesen vielen Meldungen haben wir zehn für einen Jahresrückblick jenseits von #metoo ausgewählt:
    So geschehen offenbar in einem Dorf in der pakistanischen Provinz Punjab. Die pakistanische Tribune Express schrieb: Die 19-Jährige hatte erklärt, dass sich nachts ein Cousin in ihr Zuhause geschlichen und sie mit vorgehaltener Waffe vergewaltigt hat. Ihre Familie informierte daraufhin den Panchayat - den Dorfrat, der zwar keine offiziellen Urteile fällen kann, dessen Entscheidungen aber durchaus Einfluss auf die Gemeinschaft haben. In diesem Panchayat saß unter anderem der Vater des mutmaßlichen Täters. Er und drei andere Männner sollen den Rest des Rates dazu gedrängt haben, das Mädchen zu bestrafen - weil sie unehelichen Sex hatte. Das Urteil lautete: Tod durch Steinigung oder sie wird verkauft. Die junge Frau konnte zu einem Onkel fliehen und der ging mit ihr zur Polizei. Die vier Männer wurden festgenommen. (Nachricht vom 31.05.2017)
    Das sind fast 30 Prozent mehr Anrufe als 2015. Das geht aus dem Jahresbericht des Bundesfamilienmisteriums hervor. Das Ministerium erklärte, diese Zahlen machten deutlich, wie weit verbreitet Gewalt gegen Frauen sei. Dem Bericht nach rufen meistens Frauen an, die im eigenen Zuhause Opfer von Gewalt werden. Darüber hinaus hat jede zehnte Frau wegen sexueller Übergriffe beim Hilfetelefon angerufen. Fast jede zweite Frau wird von den Experten am Telefon an Frauenhäuser oder Beratungsstellen weitervermittelt. (Nachricht vom 30.03.2017)
    Das geht aus einem Bericht der entwicklungspolitischen Organisation One hervor. Er heißt: "Wo es für Mädchen am schwersten ist, zur Schule zu gehen". Dem Bericht zufolge ist das überwiegend in afrikanische Staaten der Fall - vor allem im Südsudan, der Zentralafrikanischen Republik und im Niger. Zwar sei es in diesen Ländern für alle Kinder schwer, an Bildung zu kommen - für Mädchen aber nochmal schwieriger als für Jungs. Auch in Äthiopien haben Mädchen dem Bericht zufolge kaum Chancen. Zwar investiert das Land mehr als 20 Prozent seiner staatlichen Einnahmen in Bildung - aber zwei von fünf Mädchen fallen durch eine frühe Heirat aus dem System. (Nachricht vom 10.10.2017)
    Das berichtete die Zeitung Chicago Tribune. Die 15-jährige war in Chicago verschwunden. Ihr Onkel machte die Mutter auf den Live-Stream aufmerksam. Die Polizei erfuhr erst von dem Video, als die Mutter des Mädchens den Polzeipräsidenten direkt ansprach. Sie kontaktierte daraufhin Facebook und das Video wurde entfernt. Der Polzeisprecher twitterte, dass Beamte das Mädchen gefunden und zu seiner Familie gebracht haben. Die Polizeibeamten führen jetzt Befragungen durch, Tatverdächtige gebe es noch nicht. Es ist nicht das erste Verbrechen, dass live auf Facebook gezeigt wird. Im Januar hatte ein Gruppe Menschen in den USA einen geistig Behinderten gequält und es live auf Facebook gezeigt. (Nachricht vom 22.03.2017)
    Das zeigt eine neue Studie der Uni Rostock. Nur bei Telenovelas oder Daily Soaps ist die Geschlechterverteilung repräsentativ. Ansonsten kommen im deutschen Fernsehen über alle Fernsehprogramme hinweg auf eine Frau durchschnittlich zwei Männer. Ein Drittel der Programme kommt sogar ganz ohne weibliche Protagonistinnen aus. Und wenn Frauen gezeigt werden, dann häufig im Kontext von Beziehungen und Partnerschaft. Bei Informationsprogrammen sind die Zahlen ähnlich: Hier ist nur jeder dritte Hauptakteur weiblich. Moderatoren und Journalisten sind häufiger männlich, die Experten, die im Fernsehen zu Wort kommen, sind überwiegend Männer und auch Beiträge und Dokumentationen werden fast nur von männlichen Sprechern vertont. Für die Studie hat die Uni Rostock über 3.000 Stunden Fernsehprogramm aus dem Jahr 2016 analysiert. Damit ist das die bislang umfassendste Studie, die sich mit der Darstellung der Geschlechter in TV beschäftigt. (Nachricht vom 12.07.2017)
    Das Bildungsministerium ist nämlich der Ansicht, dass sie einen schlechten Einfluss auf die anderen Kinder haben könnten. Vor allem - Zitat - "unschuldige Mädchen" könnten negativ beeinflusst werden, wenn sie Kontakt mit Schwangeren hätten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International meint, dass die Sonderschulen für schwangere Mädchen gegen Menschenrechte verstoßen. Eine Sprecherin sagte dem Sender Al Jazeera, so etwas trage nicht dazu bei, Teenager-Schwangerschaften zu verhindern. Stattdessen müsse man in Sierra Leone Sexualkunde unterrichten und über sexuelle Gewalt sprechen. In dem westafrikanischen Land ist jede dritte Schwangere minderjährig. (Nachricht vom 11.04.2017)
    Das berichtet die Uno. Beispiel: Eine Mordserie in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez. Nach Angaben von Menschenrechtlern sind dort seit den 1990ern Hunderte Frauen verschleppt, vergewaltigt und ermordet worden. Aufgeklärt werden die Verbrechen so gut wie nie. Wie die Weltgesundheitsorganisation berichtet, sind die Täter in jedem dritten Fall die Ex- oder Ehemänner. Umgekehrt wurden demnach nur fünf Prozent aller ermordeten Männer von ihren Partnerinnen umgebracht. Männliches Motiv sei meistens Eifersucht. Frauen töten eher impulsiv im Streit.
    Auch der Mittlere Osten und Südostasien sind demnach gefährlich. Mindestens 5.000 Frauen werden dort jedes Jahr aus angeblicher Familienehre umgebracht. In Indien ist ein häufiges Mordmotiv zu wenig Mitgift von der Familie einer Braut. Die WHO geht von 66.000 Fällen weltweit und jährlich aus. Verlässlich sind die Daten aber nicht, weil Tötungsdelikte oft nicht nach Geschlechtern erfasst werden oder Behörden wegschauen. (Nachricht vom 27.07.2017)
    Das geht aus einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Die Wissenschaftler haben dafür die Einkommen von Rentnern im Jahr 2015 verglichen; also die gesetzliche Rente, die Betriebsrente und das Geld aus der privaten Altervorsorge. Rechnet man all das zusammen, haben Männer jeden Monat durchschnittlich 2.232 Euro zur Verfügung. Frauen dagegen weniger als die Hälfte. Die Forscher erklären die Ergebnisse mit der traditionellen Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen. Frauen arbeiten häufig in Teilzeit und nehmen Auszeiten für ihre Kinder. Außerdem werden sie im Schnitt schlechter bezahlt als Männer. (Nachricht vom 14.12.2017)
    Nach einem Bericht des britischen Guardian werden allein in der Hauptstadt Neu-Delhi jeden Tag mehrere Fälle sexueller Belästigung und Vergewaltigung registriert. Eine Gruppe von Frauen will das nicht länger hinnehmen und sorgt im Netz mit einer provokanten Aktion für Aufsehen: Sie posieren mit Kuh-Masken über dem Kopf und fragen "Ist es sicherer eine heilige Kuh als eine indische Frau zu sein?". Denn Kühe werden in großen Teilen der Bevölkerung verehrt.
    Die Frauenrechtlerinnen kritisieren auch, dass Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu wenig verfolgt würden. Sie führen die Probleme unter anderem darauf zurück, dass in den Köpfen vieler indischer Männer, Vergewaltigung ein Kavaliersdelikt sei. Selbst Polizisten hätten oft kein Verständnis für missbrauchte Frauen. Konkret fordern die Aktivistinnen auch mehr Video-Überwachung in Teilen Neu-Delhis oder zumindest Straßenlampen.
    US-Forscher haben gar festgestellt: Indische Frauen sterben öfter durch Gewalt als Frauen in den USA. Wenn Frauen durch Gewalt, meist ist das häusliche Gewalt, verletzt werden, haben indische Frauen ein vierzig Mal so hohes Risiko, daran zu sterben, als Frauen in den USA. Die Forscher führen das darauf zurück, dass misshandelte Frauen in Indien seltener zum Arzt gehen - vermutlich, weil häusliche Gewalt eher als "normal" oder als Tabuthema angesehen wird. Andere Studien hatten schon gezeigt: Nur eine von vier misshandelten Frauen in Indien lässt sich medizinisch behandeln. (Nachrichten vom 04.07. und 01.09.2017)
    Wie oft werden Frauen von Männern unterbrochen? Ein Beispiel: In einer Debatte im US-Wahlkampf fiel Donald Trump Hillary Clinton 51 mal ins Wort. Dafür, dass Frauen von Männern daran gehindert werden, auszureden, gibt es auch einen Begriff: "Manterrupting". Die New York Times berichtet, dass ein brasilianisches Unternehmen zu diesem Phänomen eine App entwickelt hat. Sie heißt "Women Interrupted" und zählt, wie oft Frauen von Männern unterbrochen werden. Dazu wird zunächst die Stimme einer Nutzerin aufgezeichnet und analysiert, damit die App sie später erkennen kann. Über das Mikrofon des Smartphones analysiert das Programm dann Gespräche und zählt, wie oft die Nutzerin unterbrochen wird. So liefert die App verlässliche Zahlen zum männlichen "Ins-Wort-Fallen". Die Entwickler sagen, dass die Daten auch helfen können, um Manterrupting zu erforschen. Dabei könne es nicht nur darum gehen, wie oft Frauen unterbrochen werden, sondern auch warum und in welchen Situationen das geschieht. (Nachricht vom 12.03.2017)