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Jahrhundert-Wetter für Deutschland

Klima. - Hitzewellen im Sommer, im Winter dafür jede Menge Regen: Bis zum Ende des Jahrhunderts sind in Deutschland steigende Temperaturen von durchschnittlich bis zu 3,5 Grad zu erwarten, zugleich weniger Regen im Sommer, aber deutlich mehr Niederschläge im Winter. Zu diesem Ergebnis kommen Meteorologen des Hamburger Max-Planck-Instituts in ihrem Abschlussbericht zu regionalen Klimaszenarien in Deutschland. Der Wissenschaftsjournalist Volker Mrasek faßt sie im Gespräch mit Uli Blumenthal zusammen.

    Uli Blumenthal: Anders als in globalen Studien konnten mit dem verwendeten Modell Remo jetzt die wichtigsten Auswirkungen des Klimawandels bis auf die regionale Ebene projiziert werden. Volker Mrasek, Sie haben sich die Unterlagen angeschaut. Was könne Sie uns sagen über das Klima 2100 in Deutschland?

    Volker Mrasek: Die Studie, die jetzt vorliegt, das ist eines von vier Regionalmodellen, die in Deutschland benutzt werden. Und die gucken traditionell genau bis dahin, also bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Wenn man da hineinschaut und sich die Ergebnisse ansieht, die die Forscher liefern, dann gibt es, was die Temperatur anbelangt und was die Niederschlagsverhältnisse anbelangt, gewisse Projektionen - keine Vorhersagen, wie die Wissenschaftler immer wieder betonen - es sind Projektionen, also mögliche Klimaveränderungen, die man sehen wird, wenn man unterstellt, dass sich der Treibhausgasgehalt in der Atmosphäre weiter vergrößert. Wenn man da einige Kenndaten nennen wollte, dann kommt da zum Beispiel heraus, in diesen Modellrechnungen, dass man Ende des Jahrhunderts mit einer gemittelten Temperaturzunahme von 2,5 bis 3,5 grad Celsius rechnen muss, dass es bei den Niederschlägen im Wesentlichen so aussieht, dass sie im Sommer teilweise stark abnehmen, im Winter dafür zunehmen werden. Es gibt bestimmte regionale Besonderheiten, zum Beispiel an Ostsee und Nordsee. Das wird die Tourismusindustrie gerne hören: Da wird man projizierte Temperaturzunahmen von 2,5 bis 2,8 Grad Celsius haben. Die Niederschläge im Sommer sollen auch um ein Viertel zurückgehen. Also das ist eine gute Nachricht. Auf der anderen Seite wird es in den Alpen so sein, dass nur noch in jedem sechsten Fall ein Niederschlag als Schnee fällt. Heute ist das noch in jedem dritten Fall so. Und Gegenden wie Garmisch oder Mittenwald, die wir heute noch als einigermaßen schneesicher kennen, dann eben nicht mehr schneesicher sein werden. Das sind Kernergebnisse dieser Projektion, die allerdings, das muss man sehen, 90 Jahre in die Zukunft schauen oder projizieren.

    Blumenthal: Jetzt ist Remo ein regionales Klimamodell. Was unterscheidet Remo von den globalen Modellen, wo liegen die Differenzen?

    Mrasek: Remo ist regional höher aufgelöst, ist aber auf die globalen Klimamodelle angewiesen. Das heißt, es ist "genestet", wie die Wissenschaftler sagen, es wird verschachtelt. Die Randbedingungen, das Weltklima, das veränderte Weltklima liefern die globalen Klimamodelle, in diesem Fall eines, das die Hamburger Wissenschaftler benutzt haben. Das Remo-Modell, das regionale Modell, bricht das dann auf Deutschland oder auf den Raum Deutschland, Österreich, Schweiz herunter mit einer räumlichen Auflösung, die relativ gut ist - zehn mal zehn Kilometer. Und dadurch trauen sich die Wissenschaftler auch eben Aussagen für den regionalen Bereich zu machen, was man mit den globalen Klimamodellen einfach nicht machen kann. Da würde kein Modellierer sagen: Man kann aus globalen Klimamodellen regionale Klimaveränderungen ableiten, nur zu einem gewissen Grade.

    Blumenthal: Jetzt haben Sie gesagt, Remo ist eins von vier Modellen. Welches sind die drei anderen Modelle und wie stehen sie zueinander? Der Eindruck könnte ja entstehen, Remo ist der Weisheit letzter Schluss, der auch die Klimapolitik der Bundesregierung bestimmt.

    Mrasek: Ganz genau, dieser Eindruck ist heute entstanden. Es hat geheißen, in Medienmitteilungen, das sei eine Regierungsstudie. Dieser Eindruck ist völlig falsch. Dieses Remo-Modell ist eine Auftragsstudie, die für das Umweltbundesamt gemacht worden ist, also für die Fachbehörde des Umweltministeriums. Es gibt ein weiteres Modell, oder zwei weitere Modelle, die im Umfeld des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung entstanden sind. Da hat es auch eine Auftragsstudie für das Umweltbundesamt gegeben. Und zurzeit läuft eine sogenannte Synthese, das heißt, man schaut sich an, wie diese Modelle eigentlich abschneiden, welche Fehler sie haben, und vergleicht sie miteinander. Es gibt noch ein viertes, das ist ein zweites, weiterentwickeltes Modell vom Deutschen Wetterdienst. Diese vier Modelle sind in einer Art Herz-und-Nieren-Prüfung im Moment, kann man sagen. Es könnte durchaus sein, dass dabei zum Beispiel herauskommt: Remo schneidet schlechter ab also die anderen. Was man momentan nur hören kann, ist, dass zwei Modelle tatsächlich nicht so gut sein sollen, wie die anderen beiden, wobei die Wissenschaftler sich bedeckt halten und noch nicht verraten, welche das sind. Aber es ist nicht so, dass das jetzt das offizielle deutsche Regierungsklimamodell ist, im Gegenteil: Es ist eines von vieren. Die werden noch validiert, und wenn am Ende des Jahres das Kabinett die Anpassungsstrategie an den Klimawandel verabschiedet, dann werden diese vier Modelle abschließend bewertet sein.