Samstag, 20. April 2024

Archiv

James-Bond-Autos
Spritztour durch den 007-Fuhrpark

Was wären James-Bond-Filme ohne die spektakulären Karren? Eine Sonderrolle für 007 spielte stets der Aston Martin, "ein Teil seiner Familie", wie Siegfried Tesche, Autor des Buchs "James Bond - Motorlegenden", im Dlf sagte. Nur ein E-Auto und Geschlechtergerechtigkeit am Steuer lassen auf sich warten.

Siegfried Tesche im Gespräch mit Sigrid Fischer | 16.04.2020
Simulierte Kratzer auf dem Filmauto Aston Martin DB5 aus dem James Bond-Film "No time to die"
Bei den Dreharbeiten in Matera: Auf James Bonds Aston Martin DB5 aufgebrachte Folien simulieren Kratzer; die hellroten Punkte dienen der späteren digitalen Bearbeitung des Filmmaterials. (Siegfried Tesche: James Bond - Motorlegenden)
Auch wenn der neue James-Bond-Film "No time to die - keine Zeit zu sterben", der letzte mit Daniel Craig, coronabedingt noch nicht wie angekündigt in den Kinos angelaufen ist - wenigstens einige Bilder vom Set im süditalienischen Matera gibt es schon zu sehen. Genauer: die Bilder, die etwas mit dem Auto zu tun haben, das 007 fährt. Es ist wieder ein Aston Martin. Modell DB 5. Auf dem Kotflügel: Kratzspuren und rote Punkte.
Trotz der hohen Geheimhaltungsstatuten war es Filmkritiker und James-Bond-Experte Siegfried Tesche möglich, während der Dreharbeiten einige Bilder vom DB 5 zu schießen. "Es gab niemanden, der mir die Kamera weggerissen hat", sagte er im Dlf. "Es war also ein wenig Unachtsamkeit und ein wenig Neugier mit dabei."
Der Fake-Aston-Martin
Tesches Bilder vom Set gewähren tiefe Einblicke in die Dreharbeiten:
"Man konnte sehen, dass da ein Stuntfahrer im Auto saß, und dass der kurze Hosen trug", so Tesche weiter, auch sei der Aston Martin gar kein Aston Martin gewesen, sondern nur "eine Karosse, darunter war ein BMW-Automatik-Motor. Die Kratzspuren waren zum Teil aufgemalt."
Die Bilder aus Matera nehmen nur einen kleinen Teil ein in seiner Foto-Monographie "James Bond - Motorlegenden" über die Geschichte der Automobile in der Filmreihe um den britischen Geheimagenten.
Aston Martin als Familienmitglied
Der Bond-Autor Ian Fleming war ein bekennender Autonarr. So wurde das Auto auch zur zweiten Hauptfigur:
"Im ersten Roman fährt James Bond einen Bentley. Dann kriegt der in einer Verfolgungsjagd etwas ab, und Bond bekommt die Möglichkeit, sich aus einem Dienstwagen-Pool einen neuen auszusuchen. Den Aston Martin."
Da Bond-Filme auch von Werbeverträgen nicht zuletzt mit wechselnden Autoherstellern finanziert werden, darf 007 immer wieder neue Wagen zu Schrott fahren - sehr zum Verdruss seines Technikers Q. Der Aston Martin allerdings erhält eine Sonderrolle für den Agenten, so Tesche:
"An dem Privatstück, dem Aston Martin DB 5, da hängt er. Das ist sozusagen seine Trutzburg."
James Bond, beide Eltern verloren, habe ja bis auf seine Chefin M, die dann ja auch noch in "Skyfall" in seinen Armen stirbt, und den Techniker Q keine Familie. Und so werde laut Tesche der Aston Martin "sein einziger Privatbesitz", zu so etwas wie seiner Familie.
Vorbild für die CIA
Die Technologie sei, wie Tesche sagte, in den James-Bond-Filmen immer ihrer Zeit voraus. Im Roman "Goldfinger" tauche etwa "eine Art Ortungs- und Verfolgungssystem" auf. Für Tesche ein Vorgriff: "Das haben wir heute in Form von GPS auch immer schon in unseren PKWs drin."
Auch weitere Erfindungen Flemings hätten durchaus Einfluss auf die Wirklichkeit genommen. Zum Beispiel sei das Verdunkelungssystem aus "Stirb an einem anderen Tag" eine Inspirations gewesen für die militärische Forschung:
"Die CIA hat sich für diese Dinge interessiert. Weil der damalige Chef des amerikanischen Geheimdienstes, Allen Dulles, ein großer Fan von Ian Flemming war. Der hat sich anregen lassen und einige dieser Techniken versucht, in den Alltag seiner Agenten einzubauen."
In Sachen Umwelttechnologien lassen die James-Bond-Filme hingegen weiter zu wünschen übrig: "Leider ist Aston Martin ein chronisch unterfinanziertes Unternehmen, und deswegen haben sie das E-Auto, das sie mal geplant haben und eigentlich auch in diesem Jahr vorstellen wollten, erstmal begraben."
Frauen am Steuer sind rar
Apropos ausgebliebene Innovation: Männer und Autos bieten natürlich auch viel Anlass für die Reproduktion überholter Geschlechterbilder. Von diesen hat sich die James-Bond-Reihe wohl ebensowenig trennen können wie von den Spritschleudern.
Eine kleine Ausnahme sieht Siegfried Tesche in dem 1967 erschienen Film "Man lebt nur zweimal". Da werde der Toyota 2000 GT "gar nicht von James Bond gefahren, sondern von einer japanischen Agentin, die James Bond aus der Schussrichtung holt".
Aber eine richtig große Verfolgungsjagd, "in der die Frau den Männern ein Schnippchen schlägt und James Bond über ist, gibt es nicht, und das wird endlich mal Zeit", meinte Tesche. (Im Film "Goldeneye" liefert sich Bond eine Verfolgungsjagd mit Xenia Onatopp, bei der die Agentin am Ende der Szene 007 davonfährt - Anm. der Red.).
Äußerungen unserer Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen
Siegfried Tesche: "James Bond - Motorlegenden"
Motorbuch Verlag Stuttgart, 2020. 240 Seiten, 29,90 Euro.