Friedbert Meurer: Opel sucht einen Käufer, zwei sind im Gespräch und einer von den beiden ist der italienische Fiat-Konzern. Fiat-Chef Marchionne sprach gestern in Berlin bei der Bundesregierung vor und da wurde er zitiert, dass es, wenn Fiat Opel übernimmt, zu einem Aus für Kaiserslautern kommen könnte, einem der vier Standorte von Opel in Deutschland. Heute Morgen sieht das wieder etwas anders aus.
Die Opelaner wollen natürlich wissen, wie es jetzt weitergeht. Einer von ihnen ist Rainer Einenkel; er ist Opel-Betriebsratsvorsitzender in Bochum in Nordrhein-Westfalen. Guten Morgen, Herr Einenkel.
Rainer Einenkel: Ja, seien Sie gegrüßt.
Meurer: Wie interpretieren Sie die Aussage, Herr Einenkel, die wir jetzt heute Morgen von Marchionne hören, wir wollen keines der vier Opel-Werke in Deutschland schließen, also auch Kaiserslautern nicht?
Einenkel: Das überrascht uns eigentlich gar nicht. Wir kriegen fast jeden Tag oder jede Stunde eine neue Wasserstandsmeldung, was mit Opel geschehen könnte und was abgeht, und da melden sich viele zu Wort. Dass natürlich der Fiat-Chef dazu beiträgt, auch diese Konfusion zu verstärken, auch das sind wir in der letzten Zeit gewohnt gewesen.
Meurer: Ist Marchionne vielleicht vom Bundeswirtschaftsminister gestern falsch verstanden worden?
Einenkel: Ich glaube, er war vielleicht ein bisschen zu ehrlich gewesen, der Herr Marchionne, und war vielleicht auch zu deutlich in der Frage, was er vorhat. Er hatte ja unsere Befürchtungen bestätigt, dass er eigentlich kein vernünftiges schlüssiges Finanzierungs- beziehungsweise Produktionskonzept hat, und war vielleicht auch etwas überrascht von der Reaktion der Beschäftigten, der Betriebsräte, der IG Metall, vielleicht auch der Politik, die gesagt haben, so geht es nicht.
Meurer: Aber trotzdem: Ehrlichkeit wäre ja nicht das schlechteste für Opel und die Beschäftigten?
Einenkel: Das ist absolut richtig. Wir brauchen ein ehrliches Konzept und genau das liegt bisher nicht vor. Es nützt ja nichts, wenn ich Überschriften in die Welt setze, und eine Überschrift ist es auch zu sagen, die Standorte, die Autos zusammenbauen, bleiben erhalten. Auch da gibt es ganz viele Frage und da hätte der Fiat-Chef auch die Aufgabe, ein vernünftiges schlüssiges Konzept vorzulegen in der Richtung: Wie wird die Sache finanziert? Wir wissen ja, dass Fiat auch Riesen große finanzielle Probleme hat. Es geht um die Frage, was geschieht mit den Komponentenwerken, also Getriebewerken in Bochum und in Rüsselsheim, was geschieht mit den anderen europäischen Werken, mit dem Entwicklungszentrum. Da brauchen wir offene ehrliche klare Aussagen und das ist genau das, was wir von einem seriösen Partner oder Investor verlangen.
Meurer: Hat insgesamt bei wem auch immer Kaiserslautern die schlechtesten Karten von allen Standorten?
Einenkel: Nein. Kaiserslautern baut hervorragende Motore und deswegen gehören sie in ein zukünftiges Konzept, wo es um den Erhalt der Opel-Werke geht, mit hinein. Das gilt gleichermaßen natürlich auch für andere Bereiche, über die man noch gar nicht gesprochen hat. Auch da braucht man endlich eine vernünftige klare Aussage, und zwar auch in dieser Richtung, dass hier nicht möglicherweise eine Marktbereinigung stattfinden muss, und das ist die Vermutung, die wir bei Kaiserslautern haben. Da soll ein möglicher Konkurrent aus dem Weg geräumt werden. Das muss Herr Marchionne auch ausräumen. Der muss auch deutlich machen, mit diesen Motoren, den Getrieben, die hier gebaut werden, will er zukünftig planen.
Meurer: Warum, Herr Einenkel, sind Sie so partout gegen Fiat eingestellt?
Einenkel: Nein, wir sind nicht gegen Fiat eingestellt. Wir haben zwar eine gemeinsame Ehe gehabt, die ging von 2000 bis 2005. Es war keine glückliche Ehe und es ist oft so: dann muss man auseinandergehen. Das hat man damals auch gemacht. Aber Fiat hat natürlich umso mehr jetzt auch mit unseren skeptischen Fragen zu leben, weil wir eben diese gemeinsame Erfahrung haben, und umso mehr muss Fiat beweisen, dass es diesmal besser geht. Wir kennen die Geschichte von Fiat, wir wissen, welche Probleme Fiat selber hat, wir sehen, dass es viele gemeinsame Produktions-Portfolios gibt, also Überschneidungen auch der Produktionslinien, und da sind wir umso mehr interessiert, dass auch beide, Fiat wie auch Opel, eine gemeinsame Zukunft haben. Deswegen sind wir skeptisch.
Meurer: Mit Überschneidungen der Produktionslinien meinen Sie, dass beide Konzerne die gleichen Autos oder Autotypen bauen?
Einenkel: Es gibt in vielen Bereichen genau diese Überschneidungen und da darf es nicht geschehen, dass das eine Werk auf Kosten des anderen Werkes auf der Strecke bleibt, dass eben Werke geschlossen werden, um andere Modellreihen nicht zu gefährden. Auch das kann ja möglich sein und das genau wollen wir ausgeschlossen haben.
Meurer: Nun hat Fiat, Herr Einenkel, aber bei den Klein- und Kleinstwagen die besten Verkaufszahlen, nicht bei den Mittelklassewagen. Wäre da nicht doch eine Ergänzung der beiden Konzerne herzustellen?
Einenkel: Es gibt sicherlich eine ganze Menge Ergänzungen und man kann sicherlich auch gemeinsam etwas aufbauen, aber das muss auch vorgelegt werden. Wie gesagt: Bis zum heutigen Zeitpunkt gibt es nur allgemeine Überschriften. Es wird gesagt, es könnte gemeinsam klappen, aber ein vernünftiges schlüssiges Konzept, wie die Sache finanziert wird, wie produziert wird, gibt es nicht. Es gibt aber gleichermaßen auch die deutlichen Überschneidungen, zum Beispiel bei dem Fiat Punto und bei dem Corsa, beides sehr erfolgreiche Automodelle, die genau im Kleinwagenbereich auch hervorragend dastehen. Auch hier kann es möglicherweise sein, dass der eine oder andere nicht mehr benötigt wird, und da wollen wir Klarheit haben, dass beide Modellreihen auch zukünftig hier ihren Platz haben.
Meurer: In den Zeitungskommentaren wird Ihnen ja schon ein bisschen unterstellt, da sei so was wie gekränkte Ehre im Spiel, Opel will nicht von einem italienischen Konzern, nicht von Fiat gekauft werden. Ist da was dran?
Einenkel: Da müssen Sie die fragen, die so etwas schreiben. Das ist absoluter Unsinn. Wir sind in der Lage, auch mit jedem zusammenzugehen. Wir wollen sogar mit jedem zusammengehen. Nur man muss gemeinsam eine Zukunft haben und da spielt dann überhaupt keine Rolle, ob das jetzt jemand ist, der aus dem italienischen Bereich kommt. General Motors hat sicherlich auch hier riesengroße Probleme bereitet und vieles mehr. Das ist Unsinn und das kann man in der Form nicht ansatzweise bestätigen.
Meurer: In Italien fühlt man sich ein bisschen auf den Schlips getreten, was man so hört, dass Sie Fiat nicht zutrauen, diese Aufgabe zu meistern.
Einenkel: Noch mal: Fiat muss beweisen, dass sie es kann. Wir bauen hervorragende Autos bei Opel. Auch Opel war nicht das Problem bei General Motors, das war General Motors selbst. So gesehen bringen wir etwas Gutes in diese Ehe mit ein, aber der andere, der Partner muss gleichermaßen deutlich machen, dass er gut dasteht und dass diese Sache auch eine langfristige Perspektive hat. Es nützt nichts wie beim letzten Mal, dass man nach fünf, sechs Jahren auseinandergeht und letztendlich bleiben welche auf der Strecke. Wir wollen eine gemeinsame Zukunft haben und das muss Fiat beweisen und auch belegen, dass man dazu in der Lage ist.
Meurer: Die Verhandlungen rund um Opel gestern nach dem Treffen des Fiat-Chefs in Berlin mit Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg. Darüber sprach ich mit dem Opel-Betriebsratsvorsitzenden von Bochum, Rainer Einenkel. Schönen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Einenkel: Auf Wiederhören!
Die Opelaner wollen natürlich wissen, wie es jetzt weitergeht. Einer von ihnen ist Rainer Einenkel; er ist Opel-Betriebsratsvorsitzender in Bochum in Nordrhein-Westfalen. Guten Morgen, Herr Einenkel.
Rainer Einenkel: Ja, seien Sie gegrüßt.
Meurer: Wie interpretieren Sie die Aussage, Herr Einenkel, die wir jetzt heute Morgen von Marchionne hören, wir wollen keines der vier Opel-Werke in Deutschland schließen, also auch Kaiserslautern nicht?
Einenkel: Das überrascht uns eigentlich gar nicht. Wir kriegen fast jeden Tag oder jede Stunde eine neue Wasserstandsmeldung, was mit Opel geschehen könnte und was abgeht, und da melden sich viele zu Wort. Dass natürlich der Fiat-Chef dazu beiträgt, auch diese Konfusion zu verstärken, auch das sind wir in der letzten Zeit gewohnt gewesen.
Meurer: Ist Marchionne vielleicht vom Bundeswirtschaftsminister gestern falsch verstanden worden?
Einenkel: Ich glaube, er war vielleicht ein bisschen zu ehrlich gewesen, der Herr Marchionne, und war vielleicht auch zu deutlich in der Frage, was er vorhat. Er hatte ja unsere Befürchtungen bestätigt, dass er eigentlich kein vernünftiges schlüssiges Finanzierungs- beziehungsweise Produktionskonzept hat, und war vielleicht auch etwas überrascht von der Reaktion der Beschäftigten, der Betriebsräte, der IG Metall, vielleicht auch der Politik, die gesagt haben, so geht es nicht.
Meurer: Aber trotzdem: Ehrlichkeit wäre ja nicht das schlechteste für Opel und die Beschäftigten?
Einenkel: Das ist absolut richtig. Wir brauchen ein ehrliches Konzept und genau das liegt bisher nicht vor. Es nützt ja nichts, wenn ich Überschriften in die Welt setze, und eine Überschrift ist es auch zu sagen, die Standorte, die Autos zusammenbauen, bleiben erhalten. Auch da gibt es ganz viele Frage und da hätte der Fiat-Chef auch die Aufgabe, ein vernünftiges schlüssiges Konzept vorzulegen in der Richtung: Wie wird die Sache finanziert? Wir wissen ja, dass Fiat auch Riesen große finanzielle Probleme hat. Es geht um die Frage, was geschieht mit den Komponentenwerken, also Getriebewerken in Bochum und in Rüsselsheim, was geschieht mit den anderen europäischen Werken, mit dem Entwicklungszentrum. Da brauchen wir offene ehrliche klare Aussagen und das ist genau das, was wir von einem seriösen Partner oder Investor verlangen.
Meurer: Hat insgesamt bei wem auch immer Kaiserslautern die schlechtesten Karten von allen Standorten?
Einenkel: Nein. Kaiserslautern baut hervorragende Motore und deswegen gehören sie in ein zukünftiges Konzept, wo es um den Erhalt der Opel-Werke geht, mit hinein. Das gilt gleichermaßen natürlich auch für andere Bereiche, über die man noch gar nicht gesprochen hat. Auch da braucht man endlich eine vernünftige klare Aussage, und zwar auch in dieser Richtung, dass hier nicht möglicherweise eine Marktbereinigung stattfinden muss, und das ist die Vermutung, die wir bei Kaiserslautern haben. Da soll ein möglicher Konkurrent aus dem Weg geräumt werden. Das muss Herr Marchionne auch ausräumen. Der muss auch deutlich machen, mit diesen Motoren, den Getrieben, die hier gebaut werden, will er zukünftig planen.
Meurer: Warum, Herr Einenkel, sind Sie so partout gegen Fiat eingestellt?
Einenkel: Nein, wir sind nicht gegen Fiat eingestellt. Wir haben zwar eine gemeinsame Ehe gehabt, die ging von 2000 bis 2005. Es war keine glückliche Ehe und es ist oft so: dann muss man auseinandergehen. Das hat man damals auch gemacht. Aber Fiat hat natürlich umso mehr jetzt auch mit unseren skeptischen Fragen zu leben, weil wir eben diese gemeinsame Erfahrung haben, und umso mehr muss Fiat beweisen, dass es diesmal besser geht. Wir kennen die Geschichte von Fiat, wir wissen, welche Probleme Fiat selber hat, wir sehen, dass es viele gemeinsame Produktions-Portfolios gibt, also Überschneidungen auch der Produktionslinien, und da sind wir umso mehr interessiert, dass auch beide, Fiat wie auch Opel, eine gemeinsame Zukunft haben. Deswegen sind wir skeptisch.
Meurer: Mit Überschneidungen der Produktionslinien meinen Sie, dass beide Konzerne die gleichen Autos oder Autotypen bauen?
Einenkel: Es gibt in vielen Bereichen genau diese Überschneidungen und da darf es nicht geschehen, dass das eine Werk auf Kosten des anderen Werkes auf der Strecke bleibt, dass eben Werke geschlossen werden, um andere Modellreihen nicht zu gefährden. Auch das kann ja möglich sein und das genau wollen wir ausgeschlossen haben.
Meurer: Nun hat Fiat, Herr Einenkel, aber bei den Klein- und Kleinstwagen die besten Verkaufszahlen, nicht bei den Mittelklassewagen. Wäre da nicht doch eine Ergänzung der beiden Konzerne herzustellen?
Einenkel: Es gibt sicherlich eine ganze Menge Ergänzungen und man kann sicherlich auch gemeinsam etwas aufbauen, aber das muss auch vorgelegt werden. Wie gesagt: Bis zum heutigen Zeitpunkt gibt es nur allgemeine Überschriften. Es wird gesagt, es könnte gemeinsam klappen, aber ein vernünftiges schlüssiges Konzept, wie die Sache finanziert wird, wie produziert wird, gibt es nicht. Es gibt aber gleichermaßen auch die deutlichen Überschneidungen, zum Beispiel bei dem Fiat Punto und bei dem Corsa, beides sehr erfolgreiche Automodelle, die genau im Kleinwagenbereich auch hervorragend dastehen. Auch hier kann es möglicherweise sein, dass der eine oder andere nicht mehr benötigt wird, und da wollen wir Klarheit haben, dass beide Modellreihen auch zukünftig hier ihren Platz haben.
Meurer: In den Zeitungskommentaren wird Ihnen ja schon ein bisschen unterstellt, da sei so was wie gekränkte Ehre im Spiel, Opel will nicht von einem italienischen Konzern, nicht von Fiat gekauft werden. Ist da was dran?
Einenkel: Da müssen Sie die fragen, die so etwas schreiben. Das ist absoluter Unsinn. Wir sind in der Lage, auch mit jedem zusammenzugehen. Wir wollen sogar mit jedem zusammengehen. Nur man muss gemeinsam eine Zukunft haben und da spielt dann überhaupt keine Rolle, ob das jetzt jemand ist, der aus dem italienischen Bereich kommt. General Motors hat sicherlich auch hier riesengroße Probleme bereitet und vieles mehr. Das ist Unsinn und das kann man in der Form nicht ansatzweise bestätigen.
Meurer: In Italien fühlt man sich ein bisschen auf den Schlips getreten, was man so hört, dass Sie Fiat nicht zutrauen, diese Aufgabe zu meistern.
Einenkel: Noch mal: Fiat muss beweisen, dass sie es kann. Wir bauen hervorragende Autos bei Opel. Auch Opel war nicht das Problem bei General Motors, das war General Motors selbst. So gesehen bringen wir etwas Gutes in diese Ehe mit ein, aber der andere, der Partner muss gleichermaßen deutlich machen, dass er gut dasteht und dass diese Sache auch eine langfristige Perspektive hat. Es nützt nichts wie beim letzten Mal, dass man nach fünf, sechs Jahren auseinandergeht und letztendlich bleiben welche auf der Strecke. Wir wollen eine gemeinsame Zukunft haben und das muss Fiat beweisen und auch belegen, dass man dazu in der Lage ist.
Meurer: Die Verhandlungen rund um Opel gestern nach dem Treffen des Fiat-Chefs in Berlin mit Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg. Darüber sprach ich mit dem Opel-Betriebsratsvorsitzenden von Bochum, Rainer Einenkel. Schönen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Einenkel: Auf Wiederhören!
