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"Jeder Georgier sagt, dass er Europäer ist"

Die Partnerschaft der EU mit sechs Staaten Osteuropas soll am Donnerstag in Prag besiegelt werden. Mit Ausnahme Weißrusslands hat Moskau allerdings mit allen Kandidaten diplomatische Probleme. Sehr deutlich wird das in Georgien - nicht zuletzt wegen des

Von Gesine Dornblüth | 06.05.2009
    Mit Macht brandet das Schwarze Meer gegen die Küste Georgiens. Hier strandete einst Jason mit den Argonauten, um das Goldene Vlies zu rauben. So erzählt es die griechische Sage. Die Georgier benutzen den antiken Stoff, um zu beweisen, dass sie zu Europa gehören. Staatsoberhaupt Micheil Saakaschwili sagte kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten vor gut fünf Jahren:

    "Wir waren Teil der griechischen Zivilisation, wir waren Teil von Byzanz, wir sind christlich seit dem vierten Jahrhundert. Jeder Georgier sagt, dass er Europäer ist. Es gibt keine Alternative zur EU-Mitgliedschaft. Wenn ich eine zweite Amtszeit bekomme, kann das noch während meiner Präsidentschaft geschehen. Bei meiner Amtseinführung sang ein Kinderchor die georgische und die europäische Hymne. Die europäische konnte er besser. Also, wir werden sehen."

    Mittlerweile ist Saakaschwili zum zweiten Mal gewählt, doch ein Beitritt Georgiens zur Europäischen Union liegt noch immer in weiter Ferne. Auch die östliche Partnerschaft ist nicht dazu gedacht, Georgien und den anderen fünf Staaten die Tür für einen Beitritt zu öffnen. Doch die Georgier bleiben trotzdem bei ihrem Kurs. Petre Tsiskarishvili führt die Fraktion der regierenden "Nationalen Bewegung für ein siegreiches Georgien" im georgischen Parlament an.

    "Für uns ist die "Östliche Partnerschaft" sehr wichtig. Sie markiert den Beginn eines neuen Prozesses der weiteren Integration Georgiens in die gemeinsame Staatenfamilie. Wir haben keinen Zeitpunkt festgelegt, aber wir hoffen, dass wir schnell alle Erwartungen der EU an uns erfüllen, so dass wir bald beitreten können."

    Georgien ist nach dem Krieg mit Russland im vergangenen Jahr in einer schwierigen Situation. Im August war der Konflikt um die abtrünnige georgische Region Süd-Ossetien eskaliert. Russland war den Süd-Osseten zu Hilfe gekommen und in Georgien einmarschiert. Kurz darauf erkannte Russland Süd-Ossetien und das zweite abtrünnige georgische Gebiet, Abchasien, als unabhängige Staaten an. Seitdem baut Russland seine militärische Präsenz dort aus. Georgien protestiert dagegen, bisher jedoch ohne Erfolg. Jede Einbettung in internationale Strukturen ist Georgien deshalb wichtig, auch die "Östliche Partnerschaft" mit der EU. Tsiskarishvili:

    "Wir fühlen uns sicherer, wenn wir Teil einer größeren Gemeinschaft von uns freundlich gesonnenen Ländern sind, denn leider sehen wir uns einer konstanten Bedrohung durch unseren nördlichen Nachbarn ausgesetzt."

    Und die Regierung Georgiens will die Ostpartnerschaft als Forum nutzen, um Lobby gegen Russland zu machen. Denn die EU übe bisher nicht genug Druck auf Russland aus, kritisiert Fraktionsführer Tsiskarishvili:

    " Die EU hat einen großen Nachbarn im Osten, und mit dem riskiert sie keinen politischen Konflikt, der die wirtschaftlichen Beziehungen und die Energieversorgung gefährden könnte. Diese pragmatische Herangehensweise der EU hat uns in eine, gelinde gesagt, sehr ungünstige Lage gebracht, denn Russland ist in unser Land einmarschiert. Jetzt ermutigen wir alle unsere Partner und Freunde in Europa, sicherzustellen, dass sich ein Konflikt wie im August nicht wiederholt. Das werden wir auch im Rahmen der östlichen Partnerschaft thematisieren und jedem in Europa bewusst machen, dass immer noch eine Bedrohung von der russischen Seite ausgeht."

    Die Opposition in Georgien hingegen gibt sich kompromissbereiter. Seit fast einem Monat fordern Demonstranten auf den Straßen von Tiflis den Rücktritt von Präsident Saakaschwili. Unter anderem werfen sie ihm vor, die Beziehungen zu Russland leichtfertig ruiniert zu haben. Der Oppositionspolitiker Davit Usupaschwili möchte das Verhältnis zu Russland wieder normalisieren, auch mithilfe der EU.

    "Mit dem neuen Präsidenten in Moskau, dem neuen Präsidenten in Washington und einer EU, die, ob sie will oder nicht, mehr und mehr in den Kaukasus involviert wird, glaube ich, dass der Prozess in Richtung einer Normalisierung der Beziehungen mit Russland gehen sollte."

    Russische Politiker jedoch haben bereits geäußert, dass sie die neue "Östliche Partnerschaft" der EU als Bedrohung wahrnehmen. Vorerst gilt: Je enger die Anbindung Georgiens an den Westen, desto schwieriger das Verhältnis zu Russland.

    Teil vier: Moldawien