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Jenseits der Ochsentour

Um Karriere in einer Partei zu machen, musste früher die sogenannte Ochsentour absolviert werden. Sprich: Nach dem Parteieintritt erst als Handlanger im Wahlkampf arbeiten, sich dann zum Vorsitzenden des Ortsvereins hocharbeiten und dann Schritt für Schritt weiter. Das dauerte. Die Wege nach oben sind heute differenzierter, manche schaffen es auch ohne Ochsentour. Thüringens SPD verspricht jungen, talentierten Neueinsteigern sogar eine schnelle Karriere mit Hilfe einer Nachwuchsakademie. Claudia van Laak hat nachgefragt.

Claudia van Laak |
    Hört sich ziemlich interessant an, sind da Informationen in der Mappe...

    Judith Redleins Berufswunsch: Berufspolitikerin. Die 17jährige Gymnasiastin ist vor kurzem in die Thüringer SPD eingetreten, beim Neumitgliederseminar hat sie zum ersten Mal von der Nachwuchsakademie gehört. Natürlich bin ich dabei, sagt sie.

    Wie andere talentierte junge Leute aktiviert werden können, darüber hat sich Thüringens SPD eine Menge Gedanken gemacht. Sind die Sozialdemokraten im Freistaat doch ziemlich schwach auf der Brust, bei der letzten Landtagswahl erreichten sie nach CDU und PDS nur Platz 3. Wir brauchen unbedingt viele neue junge Mitglieder, sagt Torsten Hass, Geschäftsführer der Sozialdemokratischen Gemeinschaft Kommunalpolitik.

    Deshalb hat die Thüringer SPD nach dem Vorbild anderer Bundesländer vor knapp zwei Jahren eine Nachwuchsakademie gegründet, die Torsten Hass leitet. Der 30jährige ist überzeugt davon ...

    dass man denen was anbieten muss, damit die sich wohlfühlen, damit sie auch eingebunden sind, weil sie in den Ortsvereinen nicht aufgenommen werden, da sollen sie erst 5 Jahre Plakate hängen, damit die Herrn genossen sich da sonnen.

    Das Angebot steht allen Interessierten offen, eine Mitgliedschaft in der SPD ist keine Voraussetzung. Für nur 1 Euro 50 im Monat können die Nachwuchspolitiker Seminare zur Wirtschafts-, Sozial- und Kommunalpolitik besuchen, aber auch ein Persönlichkeitstraining absolvieren.
    Die treffen sich alle Monate hier und machen auch ein Einzelfallcoaching, also das heißt, der Lehrer geht hin, begleitet die einen Tag, sagt ihnen wo sie Probleme haben, das ist sehr hilfreich für die Leute.

    Torsten Hass ist stolz darauf, dass eine ganze Reihe Absolventen der Nachwuchsakademie gute Chancen auf vordere Listenplätze bei der Landtagswahl hat. Einer von ihnen ist der 30jährige Pädagoge Andreas Bausewein. Er lobt das Konzept des Karrieretrainings.

    Also die Leute ranzuholen, ein bisschen an den Ortsvereinen vorbei, und sie aufzubauen und ihnen mut zu geben.

    Karriere in der SPD nur durch die Ochsentour, damit sollte es bald vorbei sein, hofft Torsten Hass als Leiter der Nachwuchsakademie. Wir können es uns in Thüringen nicht leisten, talentierte junge Leute abzuschrecken, sagt er.

    Aber es ist trotzdem noch so in der Partei drinne, dass es sehr schwer ist, diese denke aus den köpfen der Altmitglieder rauszukriegen, es gibt immer noch die klugen Ansprüche, erst drei Jahre zuhören, dann drei Jahre mitreden, erst dann entscheiden.

    Darauf hat die 17jährige Judith Redlein natürlich überhaupt keine Lust. Sie hat ein klares Ziel: studieren und dann so schnell wie möglich für die SPD in den Bundestag einziehen. Und dann meinen Kinderwunsch erfüllen, lacht sie: erster weiblicher Bundeskanzler zu werden.