Nein, meine Damen und Herren, Gerd Müller steht nicht unmittelbar vor seinem Comeback, und Muhammad Ali stiefelt nicht noch mal in den Ring. Doch dass Michael Schumacher fast drei Jahre nach seinem Rücktritt trotz aller Dementis, jemals wieder einen Formel 1-Wagen unter Wettbewerbsbedingungen zu bewegen, in drei Wochen in Valencia als Aktiver an die Rennstrecke zurückkehrt, um den beim Grand Prix von Ungarn schwer verunglückten Ferrari-Fahrer Felipe Massa zu vertreten, das stimmt und ist, wie Niki Lauda schwärmte, eine "Sensation".
"Obwohl das Thema Formel 1 für mich seit langem abgeschlossen war", schrieb Schumacher auf seiner Website, "kann ich aus Verbundenheit zum Team diese unglückliche Situation nicht ignorieren. Als Wettkämpfer freue ich mich aber auch auf diese Herausforderung."
BMW steigt aus der Königsklasse aus, Schumi steigt ein. "Eines der spektakulärsten Comebacks der Sportgeschichte" feiert die Bild-Zeitung, die, gemessen an der völlig aus dem Ruder laufenden Sonderberichterstattung, in Schumi-Zeitung umbenannt werden sollte. Und der Focus meint: "Das größte Comeback seit Jesus". Bei Gott.
Hatte es jemand geahnt? Es hatte. Mikka Häkkinen hatte vor Jahren prophezeit: "Er wird zurückkommen, hundertprozentig."
Na bitte.
"Als ich Schumacher ins Büro gerufen habe, habe ich das Feuer in seinen Augen gesehen", plauderte Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo nun aus. Schumachers Manager Willi Weber, der allbekannte Goldketten- und Goldbarrensammler, war zunächst keineswegs begeistert und murrte: "Michael konnte nicht nein sagen", um aber anschließend exklusiv der Bild zu stecken, der siebenfache Champion habe "eine Riesenlust" und sei saugut drauf.
Bild wiederum lässt derweil durch seine topintegeren Späher mitteilen: "Schumi lässt die kubanischen Zigarren im Humidor, die er sich angewöhnt hat zu rauchen. Er rührt den teuren Rotwein im Keller nicht mehr an, den er sich erst nach seinem Rücktritt kaufte."
Warum verkneift sich dieser unzweifelhaft enorme Sportler, der erfolgreichste und beste Rennfahrer aller Zeiten, die gemütlichen Genüsse? Warum tut so was ein Mann, der 250 Formel 1-Rennen gefahren ist, 91 Mal gewonnen hat und sämtliche Rekordlisten anführt? Welche Erklärungen sind im Angebot?
Die einen sagen so, die anderen sagen so. Es sei ein echter Freundschaftsdienst für Ferrari, wird kolportiert, Schumacher habe die Verlängerung seines mit fünf Millionen Euro dotierten Beratervertrages zur Bedingung gemacht, behauptet man andernorts. "Ihm ist langweilig", grummelt der Formel 1-Experte Marc Surer, und die FAZ zeichnet ein Psychogramm von Schumacher, in dem zu erfahren ist, nach seinem - übrigens unfreiwilligen - Rücktritt im Jahr 2006 "hatte [er] auch ein Stück seiner Identität verloren", das Gerede vom erfüllten Familienleben sei irrelevant.
Im kakofonischen Chor der sich überschlagenden Stimmen fehlt bis dato eigentlich nur der Fernsehphilosoph Peter Sloterdijk. Der nämlich hatte vor etlichen Jahren die Welt mit der Erkenntnis beglückt: "Autofahren ist eine Weltreligion. Die ganze Moderne ist wie eine Arena, eine in sich geschlossene Strecke. Deshalb sind auch die Formel 1-Rennen so wichtig. Sie sind der moderne Beleg für das, was der Apostel Paulus schrieb: Im Kreise laufen die Gottlosen."
Nein, Sloterdijk schweigt - hoffentlich weiterhin - zu Recht, denn Michael Schumacher ist bekanntlich ein sattelfester Papist, so dass Sloterdijks Exegese weder retro- noch prospektiv hinhaut - vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass der Name Michael "Wer ist wie Gott?" bedeutet (von hebräisch "Mika'il") und der gleichnamige Erzengel als Bezwinger Satans verehrt wird, also praktisch als Heiland und Erlöser von allem Bösen, von Max Mosley und BMW und fürderhin womöglich gar von Bernie Ecclestone. Nun gut.
Was ist es, was den "Professor", wie Felipe Massa den Messias einmal taufte, zu diesem, es sei offenherzig gestanden, begrüßenswerten Schritt veranlasste? "Offenbar ist sein innerer Motor in den vergangenen drei Jahren nie ausgegangen", spekuliert die FAZ. Der stern wittert einen "fetten PR-Coup" und sieht sich umgehend durch Manfred Loppe, den Sportchef des unübertroffenen Formel 1-Senders RTL, bestätigt: "Valencia 2009 wird ein historisches Rennen: Schumacher, der Champion, ist zurück, Vettel, sein Thronfolger, fordert ihn heraus! Das hat es noch nie gegeben. Deutschland hat immer davon geträumt, und jetzt wird Deutschland diesen großen Moment entsprechend feiern."
Mit kubanischen Zigarren und teurem Rotwein, den es seit Schumis Demission nicht mehr angerührt hat.
Es könnte zudem sportliche Gründe geben. Michael Schumacher hat noch ein paar Rechnungen offen, insbesondere mit Kimi Räikkönen, der von Luca die Montezemolo in sein Cockpit gehievt worden war. Dreizehn Jahre, nachdem ihn Bild wegen der wahrlich überirdischen Darbietung beim Großen Preis von Spanien 1996 zum "Regengott" promoviert hatte, dürfte Schumacher sich selbst beweisen wollen, dass seine viel gepriesenen Gaben und seine, wie Spiegel Online betont, "unfassbare Fahrzeugbeherrschung" es ihm auch als Vierzigjährigen ermöglichen, den Stallgefährten in den Senkel zu stellen.
Die Süddeutsche Zeitung schürt darüber hinaus gewisse Hoffnungen: "Bis zum 1. November, wenn die Saison in Abu Dhabi endet, finden noch sieben Grand Prix statt. Wenn er alle gewinnt und der WM-Führende Jenson Button immer ausfällt, kann Schumacher sogar noch Weltmeister werden." Niki Lauda verkündet: "Er wird nach all dem sportpolitischen Chaos der Retter der Formel 1 sein." Und einer, der es gewiss ganz genau weiß, Lukas Podolski aus dem papsttreuen Kölle, fanfart ins röhrende Rund: "Mischael ist die Formel 1!"
Da möchten wir uns nur zu emphatisch mit den Worten des Poeten Horst Tomayer anschließen, dessen Gedicht "Lob des Kerpeners" mit den Strophen endet:
"Gebenedeit sei 50171 Kerpen die von A 4 /
und A 61 durchkreuzte sympathische kleine rheinische Stadt /
Die einen so meisterlichen deutschen Raser /
hervorgebracht hat".
"Obwohl das Thema Formel 1 für mich seit langem abgeschlossen war", schrieb Schumacher auf seiner Website, "kann ich aus Verbundenheit zum Team diese unglückliche Situation nicht ignorieren. Als Wettkämpfer freue ich mich aber auch auf diese Herausforderung."
BMW steigt aus der Königsklasse aus, Schumi steigt ein. "Eines der spektakulärsten Comebacks der Sportgeschichte" feiert die Bild-Zeitung, die, gemessen an der völlig aus dem Ruder laufenden Sonderberichterstattung, in Schumi-Zeitung umbenannt werden sollte. Und der Focus meint: "Das größte Comeback seit Jesus". Bei Gott.
Hatte es jemand geahnt? Es hatte. Mikka Häkkinen hatte vor Jahren prophezeit: "Er wird zurückkommen, hundertprozentig."
Na bitte.
"Als ich Schumacher ins Büro gerufen habe, habe ich das Feuer in seinen Augen gesehen", plauderte Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo nun aus. Schumachers Manager Willi Weber, der allbekannte Goldketten- und Goldbarrensammler, war zunächst keineswegs begeistert und murrte: "Michael konnte nicht nein sagen", um aber anschließend exklusiv der Bild zu stecken, der siebenfache Champion habe "eine Riesenlust" und sei saugut drauf.
Bild wiederum lässt derweil durch seine topintegeren Späher mitteilen: "Schumi lässt die kubanischen Zigarren im Humidor, die er sich angewöhnt hat zu rauchen. Er rührt den teuren Rotwein im Keller nicht mehr an, den er sich erst nach seinem Rücktritt kaufte."
Warum verkneift sich dieser unzweifelhaft enorme Sportler, der erfolgreichste und beste Rennfahrer aller Zeiten, die gemütlichen Genüsse? Warum tut so was ein Mann, der 250 Formel 1-Rennen gefahren ist, 91 Mal gewonnen hat und sämtliche Rekordlisten anführt? Welche Erklärungen sind im Angebot?
Die einen sagen so, die anderen sagen so. Es sei ein echter Freundschaftsdienst für Ferrari, wird kolportiert, Schumacher habe die Verlängerung seines mit fünf Millionen Euro dotierten Beratervertrages zur Bedingung gemacht, behauptet man andernorts. "Ihm ist langweilig", grummelt der Formel 1-Experte Marc Surer, und die FAZ zeichnet ein Psychogramm von Schumacher, in dem zu erfahren ist, nach seinem - übrigens unfreiwilligen - Rücktritt im Jahr 2006 "hatte [er] auch ein Stück seiner Identität verloren", das Gerede vom erfüllten Familienleben sei irrelevant.
Im kakofonischen Chor der sich überschlagenden Stimmen fehlt bis dato eigentlich nur der Fernsehphilosoph Peter Sloterdijk. Der nämlich hatte vor etlichen Jahren die Welt mit der Erkenntnis beglückt: "Autofahren ist eine Weltreligion. Die ganze Moderne ist wie eine Arena, eine in sich geschlossene Strecke. Deshalb sind auch die Formel 1-Rennen so wichtig. Sie sind der moderne Beleg für das, was der Apostel Paulus schrieb: Im Kreise laufen die Gottlosen."
Nein, Sloterdijk schweigt - hoffentlich weiterhin - zu Recht, denn Michael Schumacher ist bekanntlich ein sattelfester Papist, so dass Sloterdijks Exegese weder retro- noch prospektiv hinhaut - vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass der Name Michael "Wer ist wie Gott?" bedeutet (von hebräisch "Mika'il") und der gleichnamige Erzengel als Bezwinger Satans verehrt wird, also praktisch als Heiland und Erlöser von allem Bösen, von Max Mosley und BMW und fürderhin womöglich gar von Bernie Ecclestone. Nun gut.
Was ist es, was den "Professor", wie Felipe Massa den Messias einmal taufte, zu diesem, es sei offenherzig gestanden, begrüßenswerten Schritt veranlasste? "Offenbar ist sein innerer Motor in den vergangenen drei Jahren nie ausgegangen", spekuliert die FAZ. Der stern wittert einen "fetten PR-Coup" und sieht sich umgehend durch Manfred Loppe, den Sportchef des unübertroffenen Formel 1-Senders RTL, bestätigt: "Valencia 2009 wird ein historisches Rennen: Schumacher, der Champion, ist zurück, Vettel, sein Thronfolger, fordert ihn heraus! Das hat es noch nie gegeben. Deutschland hat immer davon geträumt, und jetzt wird Deutschland diesen großen Moment entsprechend feiern."
Mit kubanischen Zigarren und teurem Rotwein, den es seit Schumis Demission nicht mehr angerührt hat.
Es könnte zudem sportliche Gründe geben. Michael Schumacher hat noch ein paar Rechnungen offen, insbesondere mit Kimi Räikkönen, der von Luca die Montezemolo in sein Cockpit gehievt worden war. Dreizehn Jahre, nachdem ihn Bild wegen der wahrlich überirdischen Darbietung beim Großen Preis von Spanien 1996 zum "Regengott" promoviert hatte, dürfte Schumacher sich selbst beweisen wollen, dass seine viel gepriesenen Gaben und seine, wie Spiegel Online betont, "unfassbare Fahrzeugbeherrschung" es ihm auch als Vierzigjährigen ermöglichen, den Stallgefährten in den Senkel zu stellen.
Die Süddeutsche Zeitung schürt darüber hinaus gewisse Hoffnungen: "Bis zum 1. November, wenn die Saison in Abu Dhabi endet, finden noch sieben Grand Prix statt. Wenn er alle gewinnt und der WM-Führende Jenson Button immer ausfällt, kann Schumacher sogar noch Weltmeister werden." Niki Lauda verkündet: "Er wird nach all dem sportpolitischen Chaos der Retter der Formel 1 sein." Und einer, der es gewiss ganz genau weiß, Lukas Podolski aus dem papsttreuen Kölle, fanfart ins röhrende Rund: "Mischael ist die Formel 1!"
Da möchten wir uns nur zu emphatisch mit den Worten des Poeten Horst Tomayer anschließen, dessen Gedicht "Lob des Kerpeners" mit den Strophen endet:
"Gebenedeit sei 50171 Kerpen die von A 4 /
und A 61 durchkreuzte sympathische kleine rheinische Stadt /
Die einen so meisterlichen deutschen Raser /
hervorgebracht hat".