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Jetzt herrscht Gewissheit

Die belgische Fahne hängt vor dem Antwerpener Opel-Werk auf Halbmast. Was die 2600 Mitarbeiter seit langem ahnten, ist gestern Gewissheit geworden. Der angeschlagene Autobauer Opel macht die Fabrik dicht. Wut und Resignation sind zu spüren.

Von Doris Simon |
    Auf dem Brüsseler Autosalon ist das Interesse an den neuen Opel Modellen ungebrochen, trotz der schlechten Nachrichten aus Antwerpen.

    "Wir bekommen zwar viele Fragen, wie es jetzt weiter geht und viele Kunden zeigen uns ihre Sympathie. Aber am Ende steht doch das Interesse an den Autos im Mittelpunkt."

    Sagt die Verkäuferin auf dem Brüsseler Messegelände und die Kunden haben Mitleid und sind ratlos:

    "Das ist zwar traurig, aber das ist so aber man kann doch nichts tun. Der Konkurrenzkampf ist so hart. In Antwerpen stehen sie auf der Straße und hier stehen sie Schlange, um neue Autos zu sehen. Des einen Tod ist des anderen Brot, sagt man doch, oder?"

    Enttäuschung, Wut und Resignation haben auch in Antwerpen den Tag der bitteren Nachricht geprägt. Nach über einem Jahr voller Unsicherheiten endlich zu wissen, wo man jetzt dran ist, das nehmen viele Beschäftigte in Antwerpen erst einmal ganz nüchtern zur Kenntnis.

    "Jetzt wissen wir endlich, wohin die Reise geht. Ich hab ohnehin schon lange damit gerechnet, daß das Werk zu gemacht wird. Ich bin begeistert, das ist doch ein schönes Geschenk. Lieber Herr Reilly herzlichen Dank für das Geschenk."

    Es ist mehr Resignation als Wut, die sich unter den Beschäftigten breit macht. Vielleicht war das vergangene Jahr schon zu lange, um noch einmal wirklich aus der Haut zu fahren. Zwar wird die Auslieferung der Neuwagen verhindert und soll es am kommenden Dienstag auch eine Demonstration geben. Doch Was Platz greift an diesem ersten Tag der neuen Wahrheiten, ist weniger der Ruf nach spontanen Aktionen, als die Suche nach Alternativen.

    Die Gewerkschafter wollen den GM Konzern nicht so schnell aus seiner Verpflichtung entlassen. Sie hatten darauf gehofft, daß der Konzern ein kleines neues Funauto, einen dieser primär städtetauglichen Geländewagen in Antwerpen bauen will. Dafür haben die Arbeitnehmer bereits auf Lohnbestandteile verzichtet. Doch das Auto soll künftig in Südkorea gebaut werden.

    "Alle Betriebsräte stehen hinter uns und wir haben auch einen gemeinsamen Brief an Nick Reilly geschrieben, daß die Arbeitnehmer für diesen Affront keinen Cent beitragen werden."

    Die Gewerkschafter setzten auf harte Abfindungsverhandlungen und wollen den Preis in die Höhe treiben, so dass es a Ende für den Konzern doch noch rentabler sein könnte, wenigstens Teile der Produktion aufrechtzuerhalten. Dafür kämpft auch der Regierungschef von Flandern, Kris Peters.

    "Wir geben uns nicht zufrieden mit einer Schließung. Wir wollen absolut für Alternativen kämpfen. Wir die aussehen können, müssen wir noch besprechen. In jedem Fall wollen wir hart bleiben und nach konkreten Alternativen suchen."

    Der belgische Arbeitgeberverband Agoria wirbt bereits dafür, dass man gegebenenfalls auch Investoren aus China oder Indien gewinnen müsse, die bereit seien, sich in Antwerpen zu engagieren. Schließlich hängen an den 2600 Jobs bei Opel mindestens noch mal genauso viele bei den Zulieferern dran, die gleichermaßen erhalten bleiben sollen.

    "Wir finden es auch ärgerlich, dass immer nur über Opel gesprochen wird und nicht über die Zulieferer, dabei hängen da noch so viele dran."

    Sagt die Mitarbeiterin eines Zulieferbetriebes. Nicht wenige Firmen rund um den Opelstandort in Antwerpen fürchten, mit der Schließung des Werkes auch unterzugehen.