Himpele: Es geht bei der Klage, die wir jetzt eingereicht haben, um die 25 Euro, die mit den Studienkonten und dem Finanzierungsgesetz dann fällig werden, wenn man den Semesterbeitrag zu spät überweist beziehungsweise eine Zweitschrift des Studierendenausweises benötigt. Wir sind der Meinung, dass diese Gebühr in keinerlei Verhältnis zu den tatsächlich anfallenden Kosten steht. Wir haben in Baden-Württemberg ja eine Klage von verschiedenen Asten gehabt, die vom Bundesverfassungsgericht angenommen worden ist. Dort hieß es, dass die Rückmeldung eben zwischen 4 und 6 Euro kostet und eben keine 25 oder 50 Euro, wie es in Baden-Württemberg der Fall war. Daher gehen wir davon aus, dass wir die Klage auch gewinnen werden.
Maleike: Sie würden, wenn nötig, wegen der 25 Euro auch bis zum Bundesverfassungsgericht gehen?
Himpele: Wir würden dies aus dem ganz einfachen Grund machen. Diese Fragestellung, ob man Gebühren in beliebiger Höhe erheben kann, ist natürlich ein Einfallstor, um sozusagen auch das Studiengebührenverbot des Hochschulrahmengesetzes zu umgehen. Wenn man also Gebühren erheben kann wie man will, ohne dies anständig begründen und ohne die Höhe angeben zu müssen, kann man natürlich auch Studiengebühren, indem man sie anders nennt, einführen. Deshalb werden wir versuchen, da einen Riegel vor zu schieben.
Maleike: Es wird vermutlich nicht bei dieser Klage allein bleiben. Sie organisieren zur Zeit eine landesweite Sammelklage in Nordrhein-Westfalen. Wie ist da bisher der Zuspruch?
Himpele: Wir können das im Moment nur anhand der Downloads von unseren Widerspruchsformularen festmachen, die im Internet abgerufen werden. Da kann man aber schon sagen, dass es sich um eine vierstellige Zahl handelt, die dort das Formular heruntergeladen hat.
Maleike: Wann werden die Klagen eingereicht?
Himpele: Jetzt werden für jedes Verwaltungsgericht Kläger von den Asten vor Ort und von dem Landesastentreffen unterstützt. An diese Klagen können sich alle anderen Studierenden anschließen und so eben Kosten sparen.
Maleike: Im Kern geht es ja auch darum, die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen vielleicht noch mal von ihrem Beschluss abzubringen. Der Beschluss, die Studienkonten einzuführen, ist mittlerweile Gesetz. Glauben Sie wirklich, dass diese Klagewelle dazu führen würde, dass ein Umdenken noch stattfindet?
Himpele: Wenn wir die Klage gewinnen sollten, dann braucht das Land Nordrhein-Westfalen nicht umdenken, sondern dann muss es das Gesetz zurücknehmen. Insofern ist der juristische Weg natürlich der uns unliebere. Wir hätten diese Angelegenheit lieber politisch gewonnen. Wir gehen aber davon aus, dass die Klage durchaus Chancen auf Erfolg hat, sonst würden wir es nicht machen. Wir sehen in diesem Gesetz einen klaren Verstoß gegen den Grundsatz des Rückwirkungsverbotes und glauben deshalb, dass wir eine gute Chance haben, die Klage zu gewinnen. Wenn wir sie gewinnen, wird das Land Nordrhein-Westfalen gezwungen werden, sich entweder etwas Neues einfallen zu lassen oder es bleiben zu lassen. Dann bietet sich natürlich auch der Raum für politische Auseinandersetzungen.
Maleike: Warum sind für Sie eigentlich Studienkontenmodelle nicht akzeptabel? 14 Semester, könnte man ja auch sagen, müssten doch eigentlich reichen, um heute einen Abschluss zu machen.
Himpele: Es gibt verschiedene Punkte, warum die Studienkonten abzulehnen sind. Ich will nur einmal ein paar nennen. Der eine Punkt betrifft diese 14 Semester, die Sie gerade ansprachen. Im Fach Germanistik beispielsweise ist die Durchschnittstudienzeit in Duisburg 17 Semester, in Bonn liegt sie bei 10 Semestern. Jetzt kann man davon ausgehen, dass die Duisburger alle doof sind. Das glaube ich allerdings weniger. Offensichtlich sind die Strukturen der Hochschule dort so schlecht, dass ein Studium in der Regelstudienzeit plus ein gewisses Polster nicht möglich ist. Das ist selbst dann nicht möglich, wenn man es will. Das heißt, die Schuld liegt nicht beim Studierenden. Er wird aber dafür bestraft. Zum zweiten wird ein Studienkontenfinanzierungsgesetz an eine nachfrageorientierte Hochschulfinanzierung geknüpft. Das heißt, die einzelnen Fachbereiche sollen nach eingelöstem Semesterwochenstunden teilfinanziert werden. Dadurch schaffe ich natürlich einen Marktmechanismus an der Hochschule, der die Hochschulen dazu zwingen wird, vor allem große und günstige Studiengänge anzubieten, weil dort viele Semesterwochenstunden nachgefragt werden. Diese Semesterwochenstunden sind dann bares Geld für die Hochschulen. Was mit Orchideenfächern, mit kleinen Hochschulen und so weiter passieren wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig ungeklärt.