Lächerlich, sagten Jimmy-Hendrix-Fans wie Steffan Chandler, Sohn des Hendrix Entdeckers Chass Chandler, der von der Sunday Times als Fachmann befragt wurde. Hendrix, gab er vorsichtig zu bedenken, hätte es vielleicht ein bisschen sonderlich gefunden, wenn - ich zitiere wörtlich - tuntenhafte Leute in Strumpfhosen und Tanztrikots zu einer klassischen Version seiner Musik auf der Bühne herumhopsen".
Entsetzen auch bei den klassischen Balletfans. "Es geht doch nur um den Überraschungseffekt, den Kitzel des Unerwarteten", schrieb der Chefmusikkritiker des Guardian, Andrew Clements in einer eilends anberaumten Zeitungsdebatte. Und diese Sucht nach dem Kitzel mache es dann hinterher umso schwieriger, die Brücke zu dem zu schlagen, worum es dem Tanz eigentlich gehe.
Das ist nun die eine Frage. Hat die English National Opera, die in diesem Sommer beim großen Popfestival von Glastonbury mit großem Chor einen Walküre-Querschnitt zum Besten gab, die Popfans zu Wagner oder wenigstens der Oper bekehrt?
Hat Nigel Kennedy, der Arrangeur des Hendrix Balletts, neue Freunde für Vivaldi gewonnen, nur weil er die Jahreszeiten elektrisch, schneller und lauter spielte als die anderen?
Outreach heißt die Devise für britische Kulturinstitutionen. Der Steuerzahler hat Geld gegeben, nun will er - oder die Regierung, die für ihn spricht - auch etwas dafür sehen. Quote. Neue Publikumsschichten müssen erschlossen werden. Kulturinstitutionen suchen deshalb ihr Heil nicht nur in den alten Kunsttempeln, sondern bei Popfestivals, auf den Straßen und Plätzen der Städte. Auch das Hendrix-Ballett soll im nächsten Mai auf der großen Videoleinwand auf der Coventgarden Piazza gezeigt werden. Die Royal Opera kann sicher sein, dass sie dann weitere Outreach-Punkte macht.
Die English National Opera gab jüngst bei der Asian Dub Foundation eine neue Oper in Auftrag, der indisch-britischen Ragga-Bangra-Elektronik Gruppe, die Beats mit politischer Botschaft verkauft. Auch so ein Outreach-Projekt. Dann wurde der Verdacht geäußert, dass sich da eine Oper, die mit dem traditionellen Repertoire zur Zeit nicht besonders erfolgreich ist, aus der Klemme zieht und nach leichten Erfolgen sucht.
Hier nun allerdings gibt es auch eine andere Lesart. Die Oper der Asian Dub Foundation handelt von dem libyschen Oberst Gaddafi. Doch die Plattenindustrie, der das Projekt angeboten wurde, winkte ab. Da sprang die English National Opera hilfreich und mäzenatisch in die Bresche. "Oper war einmal die Musik des Establishments", sagt Musiker Steve Chandra Savale voll Dankbarkeit. "Heute sind die Plattenfirmen die Konservativen".
Es geht also nicht nur um neue Publikumsschichten, darum trendy zu sein, sondern darum der künstlerischen Innovation Raum zu geben in einem Kulturbetrieb, in dem beide Seiten, die elitären Musentempel und der kommerzielle Sektor, ängstlich darauf bedacht sind, ihr altes Territorium zu sichern.
Manche machen es sich recht bequem in der Kluft zwischen hoher und niedriger Kultur, high and low culture, wie die Angelsachsen ohne mit der Wimper zu zucken sagen. Doch dieser Unterschied wird von der Praxis der Kultur immer mehr widerlegt. Wer kann sich noch an den Skandal in der Shakespeare Gemeinde erinnern, als das National Theater sein erstes Musical produzierte.
Die Aufgabe für alle und auch die subventionierten Musentempel ist nicht nur, ein bisschen Outreach und dann das alte Repertoire verwalten. Es geht um die ständige Erneuerung der Formen und Stoffe, des Repertoires und des Kanons. Das geht eben nicht ohne Kontakt mit dem Neuen und Aktuellen. Es spielen ja auch Kammerensembles und Orchester in aller Welt plötzlich die Musik von Frank Zappa.
Christopher Bruce, Initiator und Choreograph des Hendrix Balletts, hat schon 1991 ein Ballett zu Rolling-Stones-Musik gemacht - Roosters. Es ist heute eines der beliebtesten und witzigsten Stücke im Repertoire des Ballet Rambert in Sadlers’ Wells. Thema war, die soziale Revolution der sechziger Jahre, gezeigt daran, wie die Musik das Tanzen veränderte.
Das Hendrix Ballett soll biographische und emotionale Elemente von Hendrix Leben verarbeiten, handelt aber vor allem von der Struktur und Form seiner Musik. Auch so wird Hendrix unserem historischen Bewusstein, dem Repertoire der Kultur einverlebt. Höchste Zeit eigentlich, dass einer das macht. Die Frage ist nun nur noch, ob es auch gut wird.
Entsetzen auch bei den klassischen Balletfans. "Es geht doch nur um den Überraschungseffekt, den Kitzel des Unerwarteten", schrieb der Chefmusikkritiker des Guardian, Andrew Clements in einer eilends anberaumten Zeitungsdebatte. Und diese Sucht nach dem Kitzel mache es dann hinterher umso schwieriger, die Brücke zu dem zu schlagen, worum es dem Tanz eigentlich gehe.
Das ist nun die eine Frage. Hat die English National Opera, die in diesem Sommer beim großen Popfestival von Glastonbury mit großem Chor einen Walküre-Querschnitt zum Besten gab, die Popfans zu Wagner oder wenigstens der Oper bekehrt?
Hat Nigel Kennedy, der Arrangeur des Hendrix Balletts, neue Freunde für Vivaldi gewonnen, nur weil er die Jahreszeiten elektrisch, schneller und lauter spielte als die anderen?
Outreach heißt die Devise für britische Kulturinstitutionen. Der Steuerzahler hat Geld gegeben, nun will er - oder die Regierung, die für ihn spricht - auch etwas dafür sehen. Quote. Neue Publikumsschichten müssen erschlossen werden. Kulturinstitutionen suchen deshalb ihr Heil nicht nur in den alten Kunsttempeln, sondern bei Popfestivals, auf den Straßen und Plätzen der Städte. Auch das Hendrix-Ballett soll im nächsten Mai auf der großen Videoleinwand auf der Coventgarden Piazza gezeigt werden. Die Royal Opera kann sicher sein, dass sie dann weitere Outreach-Punkte macht.
Die English National Opera gab jüngst bei der Asian Dub Foundation eine neue Oper in Auftrag, der indisch-britischen Ragga-Bangra-Elektronik Gruppe, die Beats mit politischer Botschaft verkauft. Auch so ein Outreach-Projekt. Dann wurde der Verdacht geäußert, dass sich da eine Oper, die mit dem traditionellen Repertoire zur Zeit nicht besonders erfolgreich ist, aus der Klemme zieht und nach leichten Erfolgen sucht.
Hier nun allerdings gibt es auch eine andere Lesart. Die Oper der Asian Dub Foundation handelt von dem libyschen Oberst Gaddafi. Doch die Plattenindustrie, der das Projekt angeboten wurde, winkte ab. Da sprang die English National Opera hilfreich und mäzenatisch in die Bresche. "Oper war einmal die Musik des Establishments", sagt Musiker Steve Chandra Savale voll Dankbarkeit. "Heute sind die Plattenfirmen die Konservativen".
Es geht also nicht nur um neue Publikumsschichten, darum trendy zu sein, sondern darum der künstlerischen Innovation Raum zu geben in einem Kulturbetrieb, in dem beide Seiten, die elitären Musentempel und der kommerzielle Sektor, ängstlich darauf bedacht sind, ihr altes Territorium zu sichern.
Manche machen es sich recht bequem in der Kluft zwischen hoher und niedriger Kultur, high and low culture, wie die Angelsachsen ohne mit der Wimper zu zucken sagen. Doch dieser Unterschied wird von der Praxis der Kultur immer mehr widerlegt. Wer kann sich noch an den Skandal in der Shakespeare Gemeinde erinnern, als das National Theater sein erstes Musical produzierte.
Die Aufgabe für alle und auch die subventionierten Musentempel ist nicht nur, ein bisschen Outreach und dann das alte Repertoire verwalten. Es geht um die ständige Erneuerung der Formen und Stoffe, des Repertoires und des Kanons. Das geht eben nicht ohne Kontakt mit dem Neuen und Aktuellen. Es spielen ja auch Kammerensembles und Orchester in aller Welt plötzlich die Musik von Frank Zappa.
Christopher Bruce, Initiator und Choreograph des Hendrix Balletts, hat schon 1991 ein Ballett zu Rolling-Stones-Musik gemacht - Roosters. Es ist heute eines der beliebtesten und witzigsten Stücke im Repertoire des Ballet Rambert in Sadlers’ Wells. Thema war, die soziale Revolution der sechziger Jahre, gezeigt daran, wie die Musik das Tanzen veränderte.
Das Hendrix Ballett soll biographische und emotionale Elemente von Hendrix Leben verarbeiten, handelt aber vor allem von der Struktur und Form seiner Musik. Auch so wird Hendrix unserem historischen Bewusstein, dem Repertoire der Kultur einverlebt. Höchste Zeit eigentlich, dass einer das macht. Die Frage ist nun nur noch, ob es auch gut wird.