Donnerstag, 28. März 2024

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Jimi Tenor "Order of Nothingness"
Afrobeat für Waldspaziergänge

Jimi Tenor ist ein extrem produktiver Künstler: In 20 Jahren brachte er über 18 Alben auf renommierten Labels wie Warp, Kitty-Yo und Strut heraus. Nun hat der Finne bei den Berlinern von Philophon angedockt und spielt auf seinem neuen Album eine enorm rhythmische afro-kosmische Groovemusik.

Von Olaf Maikopf | 16.06.2018
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    Jimi Tenor in einer finnischen Winterlandschaft (Toimi Tytti)
    "Order Of Nothingness" nennt Jimi Tenor sein neues Album. Dieser Titel hat allerdings überhaupt nichts mit Leere, Einsamkeit oder gar Irrelevanz zu tun. Denn die Musik sprüht vor Kraft und Lebensfreude, ist eine pure Energiespritze. Um seine Ideen davon zu konkretisieren, hielt sich Jimi Tenor oft in den Wäldern seiner finnischen Heimat auf. Aber eben nicht nur um die Landschaft und reine Luft zu geniessen, sondern vielmehr, um, im Stil früherer Komponisten wie Mahler oder Sibelius, sich bei diesen einsamen Aufenthalten in der Natur zu neuer Musik inspirieren zu lassen.
    "Diese Idee klingt zwar recht stereotyp, aber hey, es funktioniert! Ich sage nicht, dass ich von diesen Wanderungen buchstäblich mit fertiger Musik zurückkomme. Obwohl das auch passiert. Meistens ist es eher so, dass dieses Konzept für meine Kunst vorteilhafter ist, denn ich brauche eine zwingende Idee, bevor ich am Computer mit einem Notationsprogramm arbeite."
    Finnen haben die Natur in den Genen
    Diese Begeisterung für die Natur nimmt man Jimi Tenor fraglos ab, so überzeugend spricht er über seine Aufenthalte dort. Sie spiegeln sein Bedürfnis nach Ausgeglichenheit und haben überhaupt nichts mit dem hippen Lifestyle-Trend "Zurück zur Natur" der Hipster-Generation zu tun. Bei Tenor hat das, dank seiner finnischen Gene, eine elementare Funktion.
    "Für einen Finnen ist es so etwas wie eine angeborene Beziehung zur Natur und überhaupt kein großes Thema. Fast jeder bei uns geht in den Wald, um Beeren und Pilze zu sammeln. Es ist kein Hobby. Es ist gewissermaßen deine Pflicht dir selbst gegenüber, für deine eigene Seele. Wenn es im Wald Blaubeeren gibt, gehst du und pflückst sie - Punkt. Vielleicht klingt das nicht gerade nach einer spirituellen Sache, aber zumindest ist es eine natürliche."
    Der 52-Jährige Finne liebt nicht nur die Natur, sondern mag es auch in den Metropolen abzuhängen, dort in die Clubs zu gehen und mit Menschen zu kommunizieren. Früher lebte Jimi Tenor in New York und London, stürzte sich in den Großstadtdschungel, ließ sich von dessen unendlicher Vielfalt erst zu Techno, später zu Jazz und Afrobeat inspirieren.
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    Jimi Tenor (Max Weissenfeldt)
    Aufgenommen und produziert hat Jimi Tenor sein neues Album im Berliner Blütenring Studio des Schlagzeugers und Fans afrikanischer Musik Max Weissenfeldt, der das hymnische "Order Of Nothingness" nun auch auf seinem Label Philophon herausbringt.
    Multidimensionaler Psychedelic-Afrobeat
    "Wenn du ein Underground-Musiker bist, musst du ein Label davon überzeugen, deine Musik zu veröffentlichen. Es ist wunderbar, dass die Arbeit mit Philophon so gut funktionierte und es ist toll, einen Produzenten wie Max und eine guten Ingenieur und Mischtechniker zur Verfügung zu haben. Ich liebe es, Musik aufzunehmen, im Studio rumzuhängen und zu spielen, aber Mixing und Postproduktion machen mich verrückt. Ich bevorzuge es wirklich, wenn das andere Leute tun. Das Gute an Philophon ist, dass Max mein exzentrisches Material mag, die Afro-Einflüsse, die etwas verrückten Fusion- und Exotik-Dinge, und mich darum künstlerisch komplett in Ruhe lässt."
    Eingespielt mit u.a. dem ghanaischen Perkussionisten Ekow Alabi Savage von der Afrobeat-Band Kabu Kabu und auf Vintage-Instrumenten wie der ultrararen und teuren Extravoice Orgel aus den späten 50er Jahren, kreiert Jimi Tenor auf "Order Of Nothingness" eine vermeintlich unvereinbare Fülle exotischer wie hochwertiger moderner Sounds, und damit ein weiteres Beispiel seines multidimensionalen Psychedelic-Afrobeat.
    "Das finde ich schön, wenn es zusammen im Gleichklang ist, auch wenn das Lichtjahre voneinander entfernt scheint. Aaah. Ich liebe Romantik!"