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"Joachim Raff - Piano Trios 1 & 4"

Der gebürtige Schweizer Joachim Raff war rund zehn Jahre älter als Brahms und zählte zunächst zum Kreis um Franz Liszt. Später emanzipierte er sich und schrieb eine Musik zwischen allen Stilen. Schließlich wurde er zum ersten Direktor von Dr. Hochs Konservatorium in Frankfurt berufen. Raff galt als ein geradezu beängstigend umfassend gebildeter Mann. Allzu schwer scheint ihm das Tonsetzen nicht geworden zu sein, denn als er 1861 im Alter von 39 Jahren in Wiesbaden sein erstes Klaviertrio in c-moll komponierte, war das immerhin schon sein Opus 102, was den Schluss nahe legt, Raff habe über seinen vielen Aktivitäten die Anschaffung eines Papierkorbs vergessen. Nun ist es nicht so, dass er keine Ideen gehabt hätte. Das Trio Opus 8 hat nun bei cpo das erste und das vierte Klaviertrio von Raff herausgebracht, und man fühlt sich von dieser Musik angeregt unterhalten. * Musikbeispiel: Joachim Raff - 2. Satz (Ausschnitt) aus: Klaviertrio Nr.1 op. 102 c-moll Hier spielt das Trio op. 8 den zweiten Satz, ein Scherzo, aus dem Klaviertrio Nr.1 c-moll op. 102 von Joachim Raff. Eckhard Fischer, Violine, Mario de Secondi, Violoncello, und Michael Hauber entwickeln einen kernigen, erfrischenden Klang. Da wird kompetent zur Sache gegangen, und gerade weil die drei sich wenig mit raffiniert verschleierten Klängen abgeben, hört man die Stärken und Schwächen des Komponisten ganz unvermittelt. Zu den Stärken zählt: es ist immer was los bei Raff. Zu den Schwächen wäre zu rechnen: es geht eigentlich um nichts. Raff schreibt aus dem Handgelenk den kompliziertesten Kontrapunkt mit rückwärts eingesprungenem doppeltem Axel mortale, nur weiß man nicht recht, warum? Da hat sich offenkundig jemand vom Talent zum Fachmann entwickelt. Manchmal möchte man an Saint-Saëns denken, aber der ist bei aller Eleganz letzten Endes eben doch sperriger, aufregender. Saint-Saëns ist einfach nie so saturiert wie Raff. Auch beim vierten Klaviertrio d-moll aus dem Jahr 1870 - da ist Joachim Raff schon bei opus 158 - wird es nicht anders. Im Andante quasi Larghetto flehen anfangs leise die Lieder, und man bestellt endgültig beim Ober die Tasse Schokolade, die man doch schon lange schlürfen wollte. * Musikbeispiel: Joachim Raff - 3. Satz (Ausschnitt) aus: Klaviertrio Nr.4 op. 158 D-dur Joachim Raff: Klaviertrios, erschienen beim Versandlabel cpo, gespielt vom Trio Opus 8.

Norbert Ely |