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Job mit Knalleffekt hinschmeißen

Obwohl sich die US-Wirtschaft noch nicht richtig erholt hat, haben im Mai mehr als zwei Millionen Amerikaner ihren Job von sich aus aufgegeben. Einige filmen ihre Kündigung: mit Marschkapelle, nacktem Oberkörper oder zur Filmmusik von "2001: Odyssee im Weltraum".

Von Gunnar Schultz-Burkel |
    Das Video zeigt Joey DeFrancesco, der auf seinen Chef wartet. Als der um die Ecke biegt und fragt, warum so viele Männer mit Blasinstrumenten herumstehen, drückt Joey ihm einen Zettel in die Hand und ruft ihm zu:

    "Ich kündige!"

    Und verlässt mit den Freunden das Hotel, in dem er drei Jahre gearbeitet hat. Das Video wurde mehr als vier Millionen Mal aufgerufen und gehört zu den Dauerbrennern auf der Online Plattform YouTube.

    "Ich habe meinen Job wirklich gehasst"," meint Joey.

    Er arbeitete Doppelschichten als Zimmerkellner, um Geld für sein Studium zu verdienen. Sein Boss schikanierte ihn und die anderen Angestellten des Hotels Tag für Tag und irgendwann hatte Joey einfach die Nase voll.

    ""Und deshalb wollte ich ihm zum Schluss noch richtig eine verpassen."

    Mit voller Unterstützung seiner Marschmusikband, für die er die Tuba bläst. Diese Art den Job hinzuschmeißen hat inzwischen viele Nachahmer gefunden und sie alle wurden zu Stars in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und natürlich auf YouTube. Sie werden Extreme Quitter genannt - frei übersetzt, Menschen, die mit Knalleffekt kündigen.

    Doug Walker unterlegte seine Kündigung mit der Filmmusik von "2001: Odyssee im Weltraum". Doug arbeitete als Hausmeister in einer Fabrik. Er brachte seinen CD-Spieler mit in die Kantine, stieg auf einen Stuhl und riss sein Hemd auf. Seine Kolleginnen und Kollegen konnten auf seiner nackten Brust lesen: Ich kündige. Mit dickem Filzschrift aufgetragen. Ob bei McDonald‘s, oder als Moderator einer Radiostation - einige wollen es ihrem Arbeitgeber auf diese Weise noch einmal heimzahlen.

    "Nicht gerade die professionellste Art, sich zu verabschieden", gibt Joey zu, "aber es befreit."

    Obwohl sich die US-Wirtschaft immer noch nicht richtig erholt hat und die Arbeitslosenrate bei 7,5 Prozent liegt, haben allein im letzten Monat mehr als zwei Millionen Amerikaner ihren Job von sich aus gekündigt. Die beiden wichtigsten Gründe: Sie haben den Eindruck, sie müssten zu viel arbeiten und würden dafür nicht gerecht entlohnt. Und sie hassen ihren Chef.

    Selten zuvor, so meinen Personalberater, Psychologen und Soziologen, hat es einen größeren Frustlevel gegeben. Das Erstaunliche: Die meisten sind optimistisch, relativ schnell einen neuen Job zu finden, in dem sie besser und vor allem mit mehr Respekt behandelt werden. Filme wie "Der Teufel trägt Prada" mit Merryl Streep sind nach Meinung der Extrem-Kündiger keine Fantasie. Arroganz und verbale Brutalität wie in dem Streifen "Bosses from Hell" erleben einige jeden Tag in der Firma. Dennoch, meint Kevin O‘Leary, Investmentbanker und Produzent einer Fernsehshow, in der Kandidaten sich um einen Job bewerben, seinem Chef zum Abschied eine Sahnetorte ins Gesicht zu klatschen, um für eine paar Tage der Held auf YouTube oder Facebook zu sein, sei einfach dumm.

    "Kündige mit Stil. Geh hin und verabschiede dich höflich. Herumschreien und seinen Emotionen einfach freien Lauf zu lassen, um seinen aufgestauten Frust abzubauen, bringt überhaupt nichts."