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Sachlich bleiben

In den USA machen sogenannte extreme quitters von sich reden: Sie kündigen ihren Job auf spektakuläre Weise, zum Beispiel über ein Internetvideo. In Deutschland wäre so etwas nicht möglich, sagt Guido Weiler, Anwalt für Arbeitsrecht. Er klärt über formelle Bedingungen einer Kündigung und richtigen Stil auf.

Guido Weiler im Gespräch mit Kate Maleike |
    Kate Maleike: Guido Weiler hat zugehört. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Hochschuldozent mit Sitz in Hennef bei Bonn. Guten Tag, Herr Weiler!

    Guido Weiler Ja, schönen guten Tag!

    Maleike: Wir haben das gerade gehört, wie es in den USA gerade abläuft, die Kündigung mit Knalleffekt liegt dort im Trend. Was sagen Sie dazu als deutscher Arbeitsrechtsexperte?

    Weiler: Das ist sicherlich sehr ungewöhnlich für unsere Mentalität und das Erste, was mir einfällt: Wenn ich solch jemanden sehen würde auf YouTube, ob ich den wohl einstellen würde, um nicht selber irgendwann abgebildet zu werden. Da fangen ja auch schon die rechtlichen Probleme an.

    Maleike: Genau, denn die Kündigungen sind natürlich rechtlich vermintes Gebiet und man kann auch vieles falsch machen, wenn man sich denn trennt, und auch einiges aufs Spiel setzen. Darüber wollen wir gerne jetzt mit Ihnen sprechen! Warum ist es denn so wichtig, auf eine stilvolle und auch rechtlich richtige Kündigung zu achten?

    Weiler: Zum einen sieht man sich im Leben sicherlich zweimal, dieser Grundsatz gilt wohl in Deutschland immer noch. Das Zweite ist, dass eine Kündigung Formvorschriften hat. Sie müssen schriftlich kündigen, mit eigenhändiger Unterschrift, und diese übergeben. Das stelle ich mir recht schwierig vor, wenn man es nur auf die Brust schreibt.

    Maleike: Also, oberste Regel: Emotion raus, Sachlichkeit rein?

    Weiler: Absolut. Denn insbesondere, wenn ich andere Bildnisse auf YouTube dann hinterher veröffentliche, dann habe ich da ja möglicherweise Persönlichkeitsrechtsstreitigkeiten schon vorprogrammiert. Abgesehen mal vom Arbeitsrechtlichen!

    Maleike: Wenn Sie wichtige Tipps geben müssten, sagen wir drei, für die richtige, rechtlich richtige Kündigung, welche wären das?

    Weiler: Also, in jedem Fall schriftlich, mit eigenhändiger Unterschrift, im Original übergeben, sodass auch die Übergabe dokumentiert wird. Der zweite Aspekt ist sicherlich das Gespräch mit dem Arbeitgeber, dass man dann die Zeit regelt bis zur rechtlichen Beendigung. Man übergibt heute die Kündigung und das Ende liegt ja in der Zukunft. Das ist der zweite wesentliche Tipp. Und der dritte wesentliche Tipp, dass man sich über seine finanzielle Absicherung Gedanken macht, beispielsweise ist es auch so, dass Sie einen Monat nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr krankenversichert sind gesetzlich. Und entweder, Sie haben dann eine Arbeitslosenabsicherung, oder eben einen neuen Job, ansonsten stehen Sie ohne Krankenversicherung da, was vielleicht auch einen gewissen Unterschied zu den USA ausmacht.

    Maleike: Und gibt es irgendwelche Fristen, die man beachten muss?

    Weiler: Grundsätzlich gibt es keine Fristen, in denen man das Kündigungsschreiben überreicht. In Deutschland ist es so, wenn nichts vereinbart ist, hat jeder Arbeitnehmer vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende eine Kündigungsfrist, er kann also seine Kündigung übergeben, sollte dann gegebenenfalls auch seinen Urlaub gleich mit beantragen, den er noch hat, damit er den nimmt. Und hat darüber hinaus auch ein Recht, freigestellt zu werden, um sich bei anderen Arbeitgebern vorzustellen, das wissen die meisten nicht.

    Maleike: Wann wird die Kündigung zum Streitfall?

    Weiler: Eigenkündigung oder die …

    Maleike: Die Eigenkündigung.

    Weiler: Die Eigenkündigung wird zum Streitfall, wenn der Arbeitgeber, in Anführungsstrichen, nicht loslassen möchte. Sei aus reiner Frackigkeit, dass er den Arbeitnehmer noch mal ärgern möchte, wenn vielleicht vorher das Verhältnis schon getrübt ist, oder eben, weil der Arbeitgeber in dem Moment wirklich überrascht ist und einen Bedarf hat und die Stelle nicht sofort wieder ausfüllen kann.

    Maleike: Ist das häufig der Fall?

    Weiler: In letzter Zeit nimmt das zu, stelle ich fest, dass viele Arbeitgeber doch insistieren, dass die Kündigungsfrist eingehalten wird.

    Maleike: Und wie wichtig ist der Abgang, in Anführungszeichen, dann auch noch für das Arbeitszeugnis, was ja auch erstellt werden muss?

    Weiler: Derjenige, dem man die Kündigung überreicht, ist in der Regel derjenige, der das Zeugnis ausstellt. Und wenn man dort menschliche Zerwürfnisse erzeugt, dann muss man sich gegebenenfalls nicht wundern, dass der Zeugnisersteller seine Spielräume, die er hat, nutzt. Und unter Juristen ist es eigentlich gängiges Verständnis, dass, wenn ein Zeugnisrechtsstreit per Urteil entschieden würde, in der Regel ein Befriedigend dort herauskommt, unter dem Gesichtspunkt, dass der Arbeitnehmer alles darlegen und beweisen muss, warum er besser als befriedigend ist. Und das kann im Einzelfall natürlich sehr schwierig werden, wenn man es also ausklagen wollte, dass man ein besseres Zeugnis haben wollte als Befriedigend.

    Maleike: Was kann man denn dann zum Abschluss noch mal machen, wenn man seinen Unmut wirklich mal loswerden will? Die Reaktionen, die wir vorhin gehört haben, sind ja zum Teil verständlich!

    Weiler: Die Reaktion ist verständlich, die Frage ist, ob es bei demjenigen, den man verlässt, ein Nachdenken erzeugt. Ich neige immer dazu, mit den Leuten persönlich zu sprechen, und sie nicht vor Publikum vorzuführen. Denn letzten Endes wird dann die Botschaft und das Überbringen der Botschaft oft verwechselt. Und vielleicht kommt die Message, die man rüberbringen will, gar nicht mehr an, wenn man das Ganze emotionalisiert.

    Maleike: Empfiehlt Guido Weiler, der Fachanwalt für Arbeitsrecht und Hochschuldozent aus Hennef. Vielen Dank für das Gespräch hier in "Campus und Karriere", Herr Weiler!

    Weiler: Gern geschehen, vielen Dank!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.