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Joe Bonamassa
"Blues ist nicht rückwärtsgewandt"

Seitdem er zwölf Jahre alt ist, steht Joe Bonamassa auf Bühnen. Nachdem er im Frühjahr eine CD "Muddy Wolf live at Red Rock" herausgebracht hat, geht er in den USA mit einem Bluesprogramm auf Tour, das den drei Blueskönigen Albert, BB und Freddie King gewidmet ist. Im Corsogespräch erzählt er, was ihn daran reizt.

Joe Bonamassa im Gespräch mit Tim Schauen |
    Der US-amerikanische Bluesrock-Gitarrist Joe Bonamassa.
    Der US-amerikanische Bluesrock-Gitarrist Joe Bonamassa. (picture alliance / dpa / Henning Kaiser)
    Tim Schauen: Mister Bonamassa, Sie haben einen unglaublich hohen Output: Nach ihrem Soloalbum "Different Shades Of Blue" steht nun eine Veröffentlichung mit ihrer anderen Band Rock Candy Funk Party an. Dabei ist doch soeben noch eine CD/DVD mit einem besonderen, mit einem Oldschool-Bluesprogramm erschienen. Wohin geht Ihre musikalische Reise?
    Joe Bonamassa: "Muddy Wolf at Red Rocks" ist ein Tribut an Muddy Waters und Howlin' Wolf, zwei enorm einflussreichen Bluesmusikern. Waters gilt ja als Begründer des modernen elektrischen Blues. Wir haben im legendären Red Rocks Amphitheater in Denver, Colorado, ein Konzert vor allem mit Stücken dieser beiden gespielt – und das hat nicht nur uns großen Spaß gemacht, sondern es kam auch gut an. Ich war überwältigt, dass da knapp 9.000 Menschen erschienen sind, um diese Bluesgrößen zu feiern. Aber ich hatte auch eine starke Band dabei – ich meine: Hallo? Alleine Reese Wynans an der Orgel, ein Mitglied von Stevie Ray Vaughan's Double Trouble. Und so haben wir uns also entschieden, mal wieder ein bisschen mehr in die traditionelle Bluesschiene einzubiegen.
    Schauen: Oh, ich dachte, auf diesem Gleis führen sie schon längst ...
    Bonamassa: Ab August mache ich eine Tour durch die Staaten, die den Three Kings of The Blues gewidmet ist. Freddie, BB und Albert. Und das ist auch neu für mich: dieses alte Programm. Eine neue Herausforderung, bevor ich dann wieder zu meinem eigenen Platten zurückkehre.
    Schauen: Wie unterscheidet sich dieses Oldschool-Programm von Ihrer eigenen Musik?
    Bonamassa: Naja, wegen der Songauswahl, das ganze Material musste ich erst einmal lernen. Und da hatte ich wirklich großen Respekt vor, denn Stücke von Howlin' Wolf zu singen war für mich echt eine Herausforderung. Und – mein Gott - Muddy! Aber ich bin, wie gesagt, auf den Geschmack gekommen. Bei der Tour jetzt im Sommer habe ich gleich drei sehr starke, gewichtige Legenden, an deren Material ich mich heranwage. Und dann auch noch BB ... Wow! Ich bin schon ganz aufgeregt, aber es wird den Zuschauern sicher gefallen, denn: Es ist schon eine große Freude, diese Musik zu spielen.
    Schauen: Sie spielen Blues, sind für die Keeping-the-Blues-alive-Bewegung aktiv, erzählen in Schulen über die Herkunft dieser Musik: Sie tun eine Menge für das oft in der Defensive befindliche Blues-Genre!
    Bonamassa: Ich brauche Abwechslung
    Bonamassa: Ich tue bisschen was. Irgendwie bin ich dabei aber auch ein polarisierender Typ im Blues: Entweder, die Leute mögen mich und meine Musik oder sie hassen sie. Ich scheue zumindest keine Risiken, probiere Neues, habe keine Lust, etwas, mit dem ich mal erfolgreich war, die nächsten zehn Jahre immer wieder aufzuführen. Ich brauche Abwechslung, auch deshalb spiele ich so viele Konzerte. Denn das ist jedes Mal unterschiedlich.
    Schauen: Wie kamen Sie auf die Idee, Muddy Waters oder jetzt Albert oder Freddie King zu spielen?
    Bonamassa: Das geht schon irgendwie auf meine Anfänge zurück: Als ich damals zum ersten Mal Blues aus England hörte, war ich wie elektrifiziert! Und dann habe ich mich gefragt: Was hat diese Jungs wie etwa die Jeff Beck Group, Eric Clapton & Cream, John Mayall & The Bluesbreakers damals inspiriert, wer waren ihre Vorbilder? Und stieß ich dann auf Muddy Waters, Howlin' Wolf, die drei Blues-Kings und unter anderem auch Robert Johnson. Also habe ich die traditionellen Bluesschuhe angezogen und bin zurückgelaufen. Ich war ja eigentlich immer mehr ein Blues-Rocker, mehr Rock als Blues. Aber jetzt habe ich mich wieder aufs Neue in den Blues verliebt.
    Schauen: Was ist der Unterschied zwischen den Black Keys, die sich ja auch als Blues-Band beschreiben und Ihrem Schaffen?
    Bonamassa: Die Black Keys waren in einer Sache sehr erfolgreich, die ich nicht geschafft habe: Ich erreiche die jüngeren Generationen nicht, meine Musik ist einfach nicht attraktiv für junge Menschen, da sie eben doch rückwärtsgewandt ist, nicht modern klingt und sehr eine spezifische Ära hochleben lässt. Und die Black Keys und Jack White haben einen kleinen Zaubertrick geschafft: Sie haben Teenager überzeugt, Blues zu hören, ohne dass sie wissen, dass es Blues ist. Das Genre hat einfach den Ruf, nur alt und rückwärtsgewandt zu sein – aber das stimmt nicht! Auch am Beispiel der Black Keys oder von Jack White kann man es sehen. Oft wird geraten: Sagt nicht, dass ihr Blues macht! Aber warum den bloß nicht? Oder: Sage nicht das Wort Jazzfusion, weil dann viele Leute gleich dicht machen. Klar gibt es schlechte, langweilige Jazzfusion, aber es gibt eben auch viel gute. Nur ist auch dieses Gerne nicht besonders populär.
    Bonamassa: Natürlicher Hall eines Badezimmers
    Schauen: Was ist denn an Ihrem Programm attraktiv?
    Bonamassa: Blues ist Musik, die Spaß machen soll, zum Tanzen animiert. Blues ist ja niemals nur mit schlechten, negativen Gefühlen belegt – dieses Gerücht hält sich hartnäckig, vor allem bei jenen, die keinen Blues hören. Also: Das Programm soll Spaß machen. Keiner spielt ja Musik, die mit Absicht negativ intendiert ist, oder? Doch, ich wüsste schon ein paar Namen, nämlich ... Sag' ich jetzt natürlich nicht, mein Anwalt hat gerade Urlaub ... Für die anstehende Tour jetzt habe ich meine Gitarrenanlage drastisch reduziert, weil die dicken Verstärkertürme, die ich sonst benutze, in dieser Musik nichts verloren haben. So eine dicke Anlage ist nicht im Sinne solch eines reduzierten, ursprünglichen Programms. Keine Batterie an Effektgeräten, nur einen Booster und ein WahWah, keine hintereinander geschalteten Verstärker. Dieses Mal stecke ich eine gute Gitarre direkt in einen Verstärker, Mikrofon davor, fertig! Ist einfach ehrlicher. Nur am Anfang, wenn wir das Hendrix-Intro spielen ... Ich habe ja gerade die 1960er Les Paul auf den Knien, ist der Sound, der da hinten aus dem Badezimmer kommt, nicht gut? Dahinten steht ein 20-Watt-Verstärker, den ich schon aufgerissen habe, dann habe ich diese Eisentür zugemacht. Und bekomme den natürlichen Hall dieses kleinen Badezimmers. Das ist der reduzierte Sound, den ich meine! Ist alles ein bisschen anders als sonst immer, das macht es für mich aus.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.