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Johannes Brahms - Klavierquartette

Heute mit Kammermusik von Johannes Brahms. Am Mikrophon begrüßt Sie Norbert Hornig. * Musikbeispiel: Brahms, Klavierquartett Nr. 1, 3.Satz Die Entstehungsgeschichte der drei Klavierquartette von Johannes Brahms ist ungewöhnlich lang und verwickelt. Bereits im Jahre 1855 beschäftigte sich der Komponist mit dieser Werkgattung und zeitweise arbeitete er an allen drei Kompositionen gleichzeitig. Den Weg zur Kammermusik fand Brahms über das Klavier. Das Klavier befördert auch die große, quasi sinfonische Ausstrahlung der Klavierquartette. Überhaupt sprengen die drei Werke allein von ihren äußeren Dimensionen her die Grenzen der damals noch wenig beachteten Gattung das Klavierquartetts. Alle drei Quartette haben vier Sätze. Hier orientierte sich Brahms nicht an Mozart, sondern am Vorbild Schumanns, namentlich an dessen einzigem Klavierquartett op.47. Mit den Klavierquartetten op.25, 26 und 60 schrieb Brahms drei einzigartige und vom Charakter her sehr unterschiedliche Meisterwerke. Das Menuhin Festival Piano Quartett hat jetzt eine Neuaufnahme des Werkzyklus auf dem Schweizer Label Claves vorgelegt.

Norbert Hornig |
    Zu Beginn unserer Sendung spielte das Ensemble die ersten Takte des 3.Satzes aus dem Klavierquartett g-Moll op.25. Mit Clara Schumann am Klavier, kam das Werk im November 1861 erstmals zur Aufführung. Mit dem ersten Klavierquartett gab Brahms ein Jahr später sein Debüt als Komponist und Pianist in Wien. Dort fand kurz darauf auch die Uraufführung des zweiten Klavierquartetts statt, wobei Brahms wiederum den Klavierpart übernahm. Das A-Dur Quartett op.26 wirkt klassischer, leichtgewichtiger und im Ausdruck freundlicher als das Schwesterwerk in g-Moll. Neue Maßstäbe setzen die äußeren Dimensionen des Werkes. Mit einer fast 50-minütigen Aufführungsdauer gehört es zu den längsten Kompositionen der gesamten Kammermusikliteratur. * Musikbeispiel: Brahms, Klavierquartett Nr. 2, 2.Satz Ein Ausschnitt aus dem 2.Satz des Klavierquartetts Nr.2 A-Dur op.26 von Johannes Brahms, musiziert vom Menuhin Festival Piano Quartett.

    Das Menuhin Festival Piano Quartett wurde im Jahre 1989 als internationales Ensemble hochbegabter Nachwuchsmusiker aus vier Ländern gegründet: Dem aus Deutschland stammenden Pianisten Friedemann Rieger, der amerikanischen Geigerin Nora Chastain, dem schottischen Bratschisten Paul Coletti und dem aus Frankreich stammenden Cellisten Francis Gouton. Zum ersten Mal probten und konzertierten die vier Musiker im Rahmen der Akademien und Konzerte des Menuhin-Musikfestivals in Gstaad. In Yehudi Menuhin fanden die Musiker von Anfang an auch ihren wichtigste Förderer und Mentor. Auf die enge künstlerischen Verbindung zu Menuhin will auch der Name des Ensembles hinweisen. Das Menuhin Festival Piano Quartett ist eines der wenigen Klavierquartette, das als feste Formation existiert, denn zumeist rekrutieren sich Klavierquartette aus Solisten oder Kammermusikern, die nur gelegentlich zusammen musizieren. Hören sie das Ensemble nun mit dem Scherzo aus dem Klavierquartett c-Moll op.60. 1855 hatte Brahms mit den ersten Entwürfen begonnen und dann, mit Unterbrechungen, fast 20 Jahre mit diesem Werk gerungen. Auf die erste Fassung, die noch in cis-Moll stand, folgten mehrere Umarbeitungen. Legenden ranken sich um den autobiographischen Hintergrund des Werkes, in dem sich Brahms seine unerfüllte Leidenschaft für Clara Schumann von der Seele geschrieben haben soll. Die Uraufführung der definitiven Fassung mit Brahms und Mitgliedern des Hellmesberger-Quartetts als Interpreten, fand schließlich im November 1875 in Wien statt. * Musikbeispiel: Brahms, Klavierquartett Nr. 3, 2.Satz, Scherzo Das Scherzo aus dem Klavierquartett Nr.3 cis-Moll op. 60 von Johannes Brahms, musiziert vom Menuhin Festival Piano Quartett. Das Menuhin Festival Piano Quartett profiliert sich als ein sehr spontanes und beherzt aufspielendes Ensemble. Die vier Musiker begreifen Brahms ganz als romantischen Komponisten, ohne dabei in Sentimentalität abzugleiten. Der große, rauschende Klang prägt ihre Interpretation maßgeblich. Die quasi orchestrale Dimension der Musik wird so besonders hervorgehoben. Auch die tendenziell raschen Tempi sind typisch für diese jugendlich frische und temperamentvolle, zuweilen geradezu stürmische Brahmsdarstellung. So sind die Interpreten auch im ersten Klavierquartett op.25 ganz in ihrem Element. Es ist das populärste und am weitaus häufigsten aufgeführte Klavierquartett von Brahms, nicht zuletzt wegen des zündenden "Rondo alla zingarese", das mit seinem zigeunerhaften Einschlag nie seine Wirkung verfehlt. * Musikbeispiel: Brahms, Klavierquartett Nr. 1, 4.Satz Die Neue Platte. Wir brachten Ausschnitte aus einer neuen Gesamtaufnahme der Klavierquartette von Johannes Brahms, musiziert vom Menuhin Festival Piano Quartett. Die beiden CDs sind auf dem Schweizer Label Claves erschienen. Zum Schluß erklang der vierte Satz, das "Rondo alla zingarese" aus dem Klavierquartett Nr.1 g-Moll op.25.

    Noch einen schönen Sonntag wünscht Ihnen Norbert Hornig.