Mittwoch, 01. Mai 2024

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John Butler
"Musik war für mich immer ein Freund"

Für sein neues, siebtes Studioalbum mit dem Titel "Home" hat sich John Butler auf Sinnsuche begeben. Denn auch als gefeierter Gitarrist und Familienvater muss man sich manchmal mit Selbstzweifeln und Ängsten herumschlagen. Gut, wenn man diese Erfahrungen in Songs verarbeiten kann.

Von Anke Behlert | 07.10.2018
    Ein Mann mit Gitarre steht in der Tür eines alten Zugwaggons.
    John Butler schrieb auch schon Filmsoundtracks. (Because Musik )
    Musik: "Wade in the water"
    "Musik war für mich immer ein Freund, so wie auch Malen ein Freund war. Ich bin ein bisschen introvertiert und habe früher viel Zeit mit Gitarren und mit Pinseln verbracht. Musik hat mir geholfen, meine Gefühle und Gedanken zu verarbeiten. Und so ist das immer noch. Auf diesem Album sogar noch stärker als zuvor", sagt John Butler. In seinen Videos vollführt er halsbrecherische Skateboard-Tricks oder springt unerschrocken in einen Fluss. Mit seinen Wanderstiefeln und beigen Klamotten wirkt der 43-Jährige wie ein zielstrebiger Abenteurer. Aber die Arbeit an seinem neuem Album "Home" habe sich schwierig gestaltet. Ein paar erste Anläufe waren wenig zufriedenstellend und am Ende musste Butler ganz neue Wege beschreiten.
    Aufnahme ohne Band
    "Wir haben die Songs immer zu dritt aufgenommen, jeder hat sich eingebracht. Aber dieses Mal hatte ich sehr genaue Vorstellungen, was wie klingen sollte und hab ihnen gesagt: spiel es bitte genauso. Das war mir aber sehr unangenehm, ich wollte nicht dieser Diktator sein. Ich wollte es mir erst nicht eingestehen, aber so hat es einfach nicht funktioniert. Ich habe ein tolles Studio und eine tolle Band und bin trotzdem in ein anderes Studio gegangen und habe ohne meine Band aufgenommen. Das hat sich sehr seltsam angefühlt, aber es musste sein."
    Musik "Tahitian Blue"
    Hiphop, Pop, moderner R'n'B - auf "Home" bindet Butler die unterschiedlichsten Genres in seine folkbasierten Songs ein. Elektronische Beats begleiten eine klagende Slide-Gitarre, wabernde Synthieflächen untermalen sein gallopierendes Fingerpicking. Im Produzenten Jan Skubiszewski hat Butler den kongenialen Partner gefunden, mit dem er seine Ideen verwirklichen konnte.
    Er hat schon Streicherpassagen und Filmsoundtracks geschrieben, er hat Hiphop, Dance- und Rockalben produziert. Er kennt sich also mit den unterschiedlichsten Sachen aus. Er hat eine Sampledatenbank, wenn man z.B. einen Beat braucht. Aber er weiß auch, wie man ein Schlagzeug oder eine Gitarre aufnimmt. Und er hat jede Menge gute Ideen.
    Musik: "Just call"
    Mit 16 Jahren hat Butler angefangen Gitarre zu spielen, mit 21 hat er sich als Straßenmusiker versucht. Seine erste selbstaufgenommene Kassette verkaufte sich über 3500 mal. Von kleinen Auftritten in Bars arbeitete er sich Schritt für Schritt nach oben. Er gründete sein eigenes Label und eine Benefizorganisation, außerdem ist er immer wieder für Umweltorganisationen tätig. Sich entspannt zurücklehnen, dafür hatte Butler bislang keine Ruhe. Doch vor einiger Zeit ist er mit seiner Familie auf's Land gezogen und hatte zum ersten Mal seit langem ein paar Monate frei. Weit weg von Trubel und Tourstress sah er sich plötzlich mit ein paar existenziellen Fragen konfrontiert: Wie will ich leben? Wie schließe ich Frieden mit mir selbst? Diese Fragen bildeten den roten Faden für "Home".
    Der Albumtitel bezieht sich auf mehrere Dinge: zum einen gibt es den Song "Home", Home ist aber auch mein Haus, meine Familie und Home ist der Ort, an dem diese Person namens John lebt. Darum geht es und darum, mit all diesen Aspekten Frieden zu schließen."
    Ein Mann sitz auf einem Hocker. Neben ihm steht seine Gitarre.
    Hiphop, Pop, moderner R'n'B - auf "Home" verbindet Butler unterschiedliche Genres (Because Music)
    Musik "Home"
    Im Zentrum der Songs steht immer noch Butlers Stimme, die mal allein und sehnsüchtig, mal zu satten Harmonien übereinandergelegt erklingt. Die dichten Arrangements lassen den Melodien trotzdem genügend Raum, ihre Wirkung zu entfalten.
    Musik "Coffee, methadone..."
    Die Geschichten in den Songs erzählt Butler mal ganz direkt, mal abstrakt oder mit Hilfe von Charakteren. Es überrascht nicht, dass er sich bei seiner Sinnsuche auch mit Spiritualität auseinandergesetzt hat. Butler gehört keiner organisierten Religion an, betet aber trotzdem. Darum geht es in dem Song "Faith".
    Reflektion des Innenlebens
    "Die Welt ist voller Herrlichkeit, Geheimnisse und Magie, die sich mit einer rationalen, atheistische Sicht auf die Dinge nicht erklären lassen. So sehe ich das jedenfalls. Zu Hause habe ich einen Altar auf dem ein Bild von Maria steht, aber auch eine Buddha-Figur und Federn. Ich versuche damit meine Version von Glauben zu finden. Das ist das Thema in dem Song "Faith"."
    Musik "Faith"
    Auf dem Album "Home" reflektiert John Butler auf zutiefst persönliche Art sein Innenleben, und trotzdem kann sich jeder darin wiederfinden. Der 43-jährige Australier erkundet neue Ansätze, verbindet mühelos seine Liebe zu Pop und elektronischer Musik mit traditionellem Songwriting und seiner typischen Spieltechnik. Die Sinnsuche hat sich also gelohnt.