John Singer Sargent war der beliebteste Porträtmaler seiner Zeit - und die feine Gesellschaft unersättlich:
"”After 1900 Sargent became increasingly bored and frustrated by the demands of his portrait business which were huge.”"
Das ist die Kuratorin Teresa Carbone. Nach 1900 hätten Sargent die Ansprüche seiner Porträtkunden mehr und mehr frustriert.
"Er konnte die Nachfrage kaum decken und suchte immer öfter Zuflucht im Aquarellieren, das es ihm erlaubte zu experimentieren. Die meisten dieser Arbeiten entstanden während seiner Reisen. Nie im Studio, sondern immer unter freiem Himmel. Seine Aquarelle wurden zu einer Art Labor der Moderne für ihn."
John Singer Sargent, 1856 in Florenz als Sohn von Amerikanern geboren, in Paris ausgebildet, in London ansässig und mit einer betuchten Klientel dies- und jenseits des Ozeans, malte bis zu seinem Tod 1925 über zweitausend Aquarelle. Um nicht unter denselben Produktionsdruck zu geraten wie bei seinen Ölbildern, sträubte er sich anfangs gegen deren Verkauf. Dabei waren Kritik und Publikum von einer ersten Ausstellung 1905 in London begeistert. Man habe diese Werke als etwas völlig Neues und Gewagtes begrüßt, so Teresa Carbone:
"Die britischen Aquarellmaler verwendeten viel konservativere Mittel und Motive. Zur selben Zeit gab es natürlich die europäische Avantgarde, die deutschen Expressionisten wie Emil Nolde. Sargent bewegte sich zwischen den abstrakten Experimenten der Modernisten und der traditionellen Aquarellmalerei des neunzehnten Jahrhunderts."
Die Farben sind mal verschwommen, mal detailliert - immer virtuos
Als ihn 1909 ein Freund zu einer Verkaufsausstellung in New York drängte, stimmte John Singer Sargent schließlich zu. Allerdings unter der Bedingung, dass die Werke nur en gros von einer Institution erworben werden dürften. Das Brooklyn Museum tat genau das und kam so in den Besitz seiner dreiundachtzig Sargent-Aquarelle. Die fünfundvierzig Werke der zweiten Ausstellung in Amerika, die 1912 ebenfalls in der New Yorker Knoedler Galerie stattfand, sicherte sich das Boston Museum of Fine Arts.
Dass nun eine Auswahl aus diesen beiden Sammlungen erstmals zusammen zu sehen ist, entspricht einer kleinen Sensation. Das Brooklyn Museum zeigt Sargents Ansichten von Venedig. Die Gärten italienischer Villen. Die Schweizer Alpen. Beduinen, denen Sargent auf seinen Reisen durch den Vorderen Orient begegnete. Und immer wieder Freunde und Bekannte beim Müßiggang im Grünen. Da ist nichts mit postkartenfreundlicher Lieblichkeit und pastelliger Durchsichtigkeit, stattdessen satte Farben, kraftvolle Striche und Konturen, mal verschwommen, mal detailliert, immer ungeheuer virtuos. Und es gibt das Licht:
"”He worked very much guided by his perception of light, the effects of light. And these works tended to be very optical and about the experience of seeing. ""
Trotz allem: Man fühlt sich wie beim örtlichen Aquarellierverein
John Singer Sargent habe sich von seiner Wahrnehmung des Lichts leiten lassen, sagt Teresa Carbone, und diese Werke handelten von Erfahrung des Sehens.
Tatsächlich scheint Sargent in seinen Bildern der Marmorsteinbrüche in Carrara die Sonnenstrahlen aufs Papier gebannt zu haben. Und fast blenden einen die weißen Mauern von Häusern auf Korfu.
Sargents Brillanz zum Trotz fühlt man sich im Brooklyn Museum wie an der Jahresausstellung des örtlichen Aquarelliervereins. Die enge Hängung, orange Wände und strategisch verteilte Videos, auf denen ein Malermeister lernfreudigen Hobby-Pinslern Sargents Techniken demonstriert, all dies signalisiert Aquarellieren für Anfänger. Das ist schade. Denn die Gelegenheit, John Singer Sargent in seiner ganzen wasserfarbigen Vielfalt kennenzulernen, wir sich so bald nicht wieder bieten.
Brooklyn Museum, New York: John Singer Sargent Watercolors. Bis 28. Juli.
"”After 1900 Sargent became increasingly bored and frustrated by the demands of his portrait business which were huge.”"
Das ist die Kuratorin Teresa Carbone. Nach 1900 hätten Sargent die Ansprüche seiner Porträtkunden mehr und mehr frustriert.
"Er konnte die Nachfrage kaum decken und suchte immer öfter Zuflucht im Aquarellieren, das es ihm erlaubte zu experimentieren. Die meisten dieser Arbeiten entstanden während seiner Reisen. Nie im Studio, sondern immer unter freiem Himmel. Seine Aquarelle wurden zu einer Art Labor der Moderne für ihn."
John Singer Sargent, 1856 in Florenz als Sohn von Amerikanern geboren, in Paris ausgebildet, in London ansässig und mit einer betuchten Klientel dies- und jenseits des Ozeans, malte bis zu seinem Tod 1925 über zweitausend Aquarelle. Um nicht unter denselben Produktionsdruck zu geraten wie bei seinen Ölbildern, sträubte er sich anfangs gegen deren Verkauf. Dabei waren Kritik und Publikum von einer ersten Ausstellung 1905 in London begeistert. Man habe diese Werke als etwas völlig Neues und Gewagtes begrüßt, so Teresa Carbone:
"Die britischen Aquarellmaler verwendeten viel konservativere Mittel und Motive. Zur selben Zeit gab es natürlich die europäische Avantgarde, die deutschen Expressionisten wie Emil Nolde. Sargent bewegte sich zwischen den abstrakten Experimenten der Modernisten und der traditionellen Aquarellmalerei des neunzehnten Jahrhunderts."
Die Farben sind mal verschwommen, mal detailliert - immer virtuos
Als ihn 1909 ein Freund zu einer Verkaufsausstellung in New York drängte, stimmte John Singer Sargent schließlich zu. Allerdings unter der Bedingung, dass die Werke nur en gros von einer Institution erworben werden dürften. Das Brooklyn Museum tat genau das und kam so in den Besitz seiner dreiundachtzig Sargent-Aquarelle. Die fünfundvierzig Werke der zweiten Ausstellung in Amerika, die 1912 ebenfalls in der New Yorker Knoedler Galerie stattfand, sicherte sich das Boston Museum of Fine Arts.
Dass nun eine Auswahl aus diesen beiden Sammlungen erstmals zusammen zu sehen ist, entspricht einer kleinen Sensation. Das Brooklyn Museum zeigt Sargents Ansichten von Venedig. Die Gärten italienischer Villen. Die Schweizer Alpen. Beduinen, denen Sargent auf seinen Reisen durch den Vorderen Orient begegnete. Und immer wieder Freunde und Bekannte beim Müßiggang im Grünen. Da ist nichts mit postkartenfreundlicher Lieblichkeit und pastelliger Durchsichtigkeit, stattdessen satte Farben, kraftvolle Striche und Konturen, mal verschwommen, mal detailliert, immer ungeheuer virtuos. Und es gibt das Licht:
"”He worked very much guided by his perception of light, the effects of light. And these works tended to be very optical and about the experience of seeing. ""
Trotz allem: Man fühlt sich wie beim örtlichen Aquarellierverein
John Singer Sargent habe sich von seiner Wahrnehmung des Lichts leiten lassen, sagt Teresa Carbone, und diese Werke handelten von Erfahrung des Sehens.
Tatsächlich scheint Sargent in seinen Bildern der Marmorsteinbrüche in Carrara die Sonnenstrahlen aufs Papier gebannt zu haben. Und fast blenden einen die weißen Mauern von Häusern auf Korfu.
Sargents Brillanz zum Trotz fühlt man sich im Brooklyn Museum wie an der Jahresausstellung des örtlichen Aquarelliervereins. Die enge Hängung, orange Wände und strategisch verteilte Videos, auf denen ein Malermeister lernfreudigen Hobby-Pinslern Sargents Techniken demonstriert, all dies signalisiert Aquarellieren für Anfänger. Das ist schade. Denn die Gelegenheit, John Singer Sargent in seiner ganzen wasserfarbigen Vielfalt kennenzulernen, wir sich so bald nicht wieder bieten.
Brooklyn Museum, New York: John Singer Sargent Watercolors. Bis 28. Juli.