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Joseph Mbakulu Pambu (Demokratische Republik Kongo)

Der gerade erst veröffentlichte Bericht von "Reporter ohne Grenzen" zeichnet ein schlimmes Bild von Pressefreiheit im Kongo des Laurent Désiré Kabila. Die Organisation kommt zu dem Schluss, dass die Medien in kaum einem afrikanischen Land so unter Druck stehen wie in der demokratischen Republik Kongo. Journalisten werden immer wieder willkürlich verhaftet und verschwinden für einige Zeit in Gefängnissen, sie werden verprügelt, ihre Büros zerstört. Die Situation sei schlimmer als in den letzten Jahren unter Mobutu. Damals hatte die Opposition immerhin relative Freiheiten erkämpft. Zur Zeit weiß "Reporter ohne Grenzen" von drei inhaftierten Journalisten. Einer von ihnen ist der Fernseh-Moderator Joseph Mbakulu Pambu aus der Hafenstadt Matadi, südwestlich der Hauptstadt Kinshasa. Ihm erging es wie vielen seiner Kollegen: Am 24. Oktober vergangenen Jahres wurde er von Geheimdienstlern abgeholt.

Thomas Mösch |
    Auch Kalala Ilunga-Matthiesen hat ähnliches erlebt. Der Jurist war als Menschenrechtler in der Südprovinz Katanga aktiv und lebt heute in Hamburg. Seine Verhaftung Ende 1997 schildert er so:

    Kalala Ilunga-Matthiesen: Es war wie eine Entführung. Die Leute sind gekommen ohne Mandat. Sie waren bewaffnet, sie haben gesagt: Keine Bewegung, du musst jetzt mit uns gehen. Zum Glück gab es meinen Cousin, der folgen konnte, um zu wissen, wohin die Leute mich bringen könnten.

    Ilunga-Matthiesen hatte es gewagt, mit seiner evangelischen Menschenrechtsorganisation einen Brief an den Innenminister zu schreiben, in dem er die Zustände im Kivu, der Grenzprovinz im Osten, kritisierte. Weil die Kirche hinter ihm stand, musste er nur einige Tage im Gefängnis bleiben.

    Kalala Ilunga-Matthiesen: Ich habe erlebt, dass die Mitgefangenen geschlagen wurden, zum Beispiel 50 Schläge auf den Po. Ich habe das erlebt, aber persönlich habe ich keine körperliche Misshandlung...

    Menschenrechtler und Journalisten haben nicht nur ähnliche Erlebnisse, ihnen werden auch ähnliche Vergehen vorgeworfen. Der Journalist Mbakulu Pambu aus Matadi soll mit den von Uganda und Ruanda unterstützten Rebellen kooperiert haben. Die hatten nach Beginn ihres Kampfes gegen Kabila in einem Handstreich auch Orte ganz im Westen des Landes besetzt, darunter die einzige Hafenstadt, Matadi. Mbakulu Pambu wird vorgeworfen, dass er während dieser Besatzungszeit einfach weitergearbeitet, also mit den Rebellen kollaboriert habe. Sechs Wochen blieb er in der Gewalt des Geheimdienstes, dann wurde der Journalist ins Gefängnis nach Kinshasa verlegt. Nun ist er vor einem Militärgericht angeklagt, die Sicherheit des Staates gefährdet zu haben.

    Von einem solchen Gericht verurteilt sind bereits zwei andere Journalisten, die in der Hauptstadt der Provinz Katanga, Lubumbashi, für eine Wochenzeitung arbeiten. Im Juni schickten die Militärrichter sie für acht Monate ins Gefängnis, weil sie einen kritischen Artikel über einen Berater des Gouverneurs veröffentlicht hatten.

    Rechtsstaatlich sei das alles überhaupt nicht, kritisiert der Jurist und Menschenrechtler Kalala Ilunga-Matthiesen. Das Problem sei, dass jeder, der Kritik an der Regierung äußert, für einen Sympathisanten der Rebellen gehalten wird. Die Reaktionen des Staates auf Kritik seien meist zufällig und willkürlich.

    Kalala Ilunga-Matthiesen: Es hängt von der Situation ab, ob Journalisten ihre Meinung äußern können oder nicht. Wenn zum Beispiel Kabila in Lubumbashi ist und ein Interview gibt und jemand schlecht über ihn redet, kann er ins Gefängnis gebracht werden.

    Die nicht-staatlichen Medien des Landes konzentrieren sich in der Hauptstadt Kinshasa und einigen anderen Großstädten. Dort herrscht anscheinend Vielfalt, berichtet der Afrika-Redakteur der französischen Tageszeitung Libération, Stephen Smith.

    Stephen Smith: In der Hauptstadt gibt es regelmäßig erscheinend etwa zehn große, etwas wichtigere Zeitungen, die mehrere hundert oder manchmal bis zu 1000 Auflage haben. Es gibt ein oder zwei Wochenzeitungen, die etwas besserer Qualität sind, technisch und inhaltlich.

    Die große Mehrheit dieser Medien sind reine Meinungsblätter. Journalistisch sauber recherchierte Informationen sind selten. Das liegt zum einen an der schlechten technischen Ausstattung und der schlechten Ausbildung und Bezahlung der Journalisten, aber auch an der politischen Situation.

    Stephen Smith: Die einzige Sicherheit, die die Zeitungen in der heutigen kongolesischen Republik haben, besteht darin, dass sie selbst an Lobbies gebunden sind und nur sehr selten unabhängigen Journalismus betreiben. Ihr Verteidingungsschild ist die Einflussgruppe, deren Interessen sie verteidigen.

    Den größten Einfluss auf die Kongolesen hat das Radio, denn Zeitungen kommen nur selten in die Provinz. In kleinen Städten und Dörfern ist die Bevölkerung von Informationen weitgehend abgeschnitten. Der Mitarbeiter einer Gesundheitsstation, die in einer kleinen Stadt an der Front zum Rebellengebiet liegt, bestätigt dies. Die Provinzhauptstadt ist über 700 Kilometer entfernt.

    Es gibt in unserer Region zwar Zeitungen, aber man kommt nur sehr schwer an sie heran. Nur die Menschen in der Provinzhauptstadt haben Zugang zu täglichen Informationen. Wenn jemand zu uns kommt, braucht er eine Woche für die Reise. Wenn er also Zeitungen mitbringt, dann sind die Informationen schon längst veraltet.

    Auch in die andere Richtung stockt der Informationsfluss. Nach Europa dringen kaum Berichte aus dem Frontgebiet oder der von den Rebellen beherrschten Osthälfte des Landes. Der Mitarbeiter der Gesundheitsstation beklagt, dass niemand wahrnehme, dass sie vor allem damit beschäftigt seien, von den Rebellen misshandelte Landsleute zu versorgen während die bei ihnen stationierten Soldaten Kabilas immerhin eine relative Sicherheit garantierten.