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Journalismus lernen bei der ältesten Zeitung Amerikas

Seit 1988 bekommen jedes Jahr zehn junge Journalisten die Chance, den Sommer über in den USA zu leben und zu arbeiten. Mit einem Stipendium der Internationalen Journalistenprogramme (IJP) lernen sie zwei Monate lang den Arbeitsalltag in einer Gastredaktion ihrer Wahl kennen. In Alaska, Hawaii oder irgendwo dazwischen, beim Fernsehen, Radio, einer Zeitung oder Zeitschrift. Gleichzeitig arbeiten zehn amerikanische Stipendiaten in Deutschland.

    Katrin Scheib ist 25, freie Journalistin und schreibt an ihrer Diplomarbeit am Dortmunder Journalistik-Studiengang. Sie hat sich für den Hartford Courant in Connecticut entschieden. Die IJP-Stipendien werden jedes Jahr im Frühjahr ausgeschrieben. Bei den Internationalen Journalistenprogrammen handelt es sich um einen gemeinnützigen Verein, der verschiedene Auslandsstipendien ausschreibt. Katrin Scheib nimmt am USA-Programm teil, am so genannten Arthur F. Burns Fellowship, benannt nach einem ehemaligen US-Botschafter in Deutschland. "Dafür muss man Journalist zwischen 21 und 37 sein", erzählt Scheib. "30 der Bewerber werden zu einem Auswahlseminar nach Berlin eingeladen, wo wir zwei Tage lang Vorträge gehört und auf Englisch und Deutsch diskutiert haben." Zehn Kandidaten erhalten schließlich die Chance, von Ende Juli bis Ende September in die USA zu gehen.

    Unter den Auserwählten sind natürlich Leute, die gut Englisch können und die auch ihr journalistisches Handwerkszeug beherrschen. Ein karriere-orientierter oder stringenter Lebenslauf wird allerdings nicht erwartet, im Gegenteil, meint Karin Scheib: "Die meisten Teilnehmer haben sich irgendwann in ihrem Leben einmal entschieden, etwas radikal Neues, ganz anderes auszuprobieren. Keine zwei Stipendiaten aus diesem Jahrgang haben dasselbe studiert, das reicht von Spanischer Literatur bis Biologie." Die meisten hätten aber schon Auslandserfahrung gesammelt.

    Hartford Courant in Connecticut ist die älteste Zeitung der USA. "Das ist natürlich interessant, viel Tradition", sagt Katrin Scheib. "Neu-England ist auch eine Ecke der USA, die ich noch nicht kannte." Die Internet-Seite der Zeitung offenbarte ihr außerdem, dass man dort viele selbstrecherchierte Artikel, und wenig Agentur-Berichte findet. Die Hoffnung, dass auch sie als Praktikantin viel selber schreiben darf, hat sich mehr als erfüllt: "Ich bin in der Lokalredaktion in Avon, etwas außerhalb von Hartford, und dort schreibe ich über alles. Das sind natürlich sehr kleinstädtische Themen: der neue Chef der freiwilligen Feuerwehr oder das Ehemaligentreffen an der High School. Aber sprachlich lerne ich hier sehr viel."

    Am heutigen 11. September steht natürlich die Erinnerung an die Terroranschläge vor einem Jahr im Mittelpunkt der Berichterstattung. Während die New York Times mit einer 48-seitigen Sonderbeilage an die Geschehnisse erinnert, hat der Hartford Courant seine Titelseite im Querformat aufgelegt, sagt Katrin Scheid: "Darauf ist ein riesiges Bild über den Wolken aufgenommen, als das World Trade Center noch stand, mit der Schlagzeile: 'What We've Lost', also 'Was wir verloren haben'." In ihrer Redaktion sehe man die politische Entwicklung nach dem 11. September durchaus kritisch: "Viele haben das Gefühl, dass George Bush die Angst und die Patriotismus-Welle nutzt, um seine politischen Ziele, vor allem eben einen Angriff auf den Irak, zu rechtfertigen. Das liest man auch und hört es in den Kommentaren."

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    Die Homepage der Internationalen Journalistenprogramme lautet www.ijp.org, allerdings funktioniert diese Seite am heutigen Mittwoch nicht. Vielleicht geht's ja in den nächsten Tagen wieder...

    Hartford Courant