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Journalismus unter Druck

Journalisten in Georgien müssen sich gegen Vorwürfe aller Art verteidigen - vor allem der Staat schüchtert kritische Autoren ein. Jetzt ist der DPA-Mitarbeiter Irakli Absandze an der Reihe. Seine Chancen auf ein faires Gerichtsverfahren sind gering - die Freispruchquote im Land liegt bei einem Prozent.

Von Thomas Franke | 15.06.2013
    Es ist nicht der erste Versuch, Absandze mundtot zu machen. Im letzten Sommer arbeitete er für den damals unabhängigen Fernsehsender tv9, als ein Kollege ihn ansprach.

    Er sei beauftragt mit ihm zu schlafen, das zu filmen, damit er anschließend mit dem Video erpresst werden könne. Absandze bedankte sich, ging zu seinen Vorgesetzten. TV9 erstattete daraufhin Anzeige, genauso, wie der Kollege, der das Erpressungsvideo drehen sollte. Die Verfahren laufen. Alles deutete darauf hin, dass jemand aus dem damaligen Regierungslager dahinter steckt.

    Shorena Shaverdashvili, Chefredakteurin der unabhängigen Zeitung Liberali, für die Irakli Absandze arbeitet:

    "Wenn jemand wirklich das Handwerk des freien Journalismus praktiziert, besonders in so einem Klima, wo es immer Versuche gibt, unabhängige Journalisten entweder zum Schweigen zu bringen oder zu beeinflussen oder zu kontrollieren oder zu sanktionieren, dann gibt es immer auch Gefahr. Und Irakli wird definitiv von den Mächtigen nicht gemocht."

    Derweil recherchieren Absandze und seine Kollegen von Liberali den nächsten Skandal. Der Generalstaatsanwalt versucht offensichtlich, Einfluss auf die Lebensmittelkontrolle auszuüben, um Bestechungsgelder zu bekommen. Chefredakteurin Shorena Shaverdashvili hofft zwar, dass die Freiheit der Medien in Georgien unter der neuen Regierung besser wird, aber:

    "Es wird für unabhängige Medien nie einfacher. Wir sollten uns da keiner Illusion hingeben. Es ändern sich nur die Personen. Alles andere bleibt. Du bist mit den gleichen politischen Interessen konfrontiert, den gleichen Einflüssen, der Zensur, die unser Leben schwer macht."


    In Georgien gibt es fast keinen unabhängigen Journalismus. Die Fernsehkanäle werden von den beiden politischen Lagern kontrolliert, es gibt keine Zeitungskultur. Einzig brauchbare Informationen findet man im Internet, das in der Provinz nicht sehr verbreitet ist, und bei der Zeitschrift Liberali. Und die hat Schwierigkeiten, Anzeigenkunden zu finden. Die nächste Ausgabe wird es deshalb nur im Internet geben, nicht gedruckt.

    Der Fall Absandze geht in zwei Wochen in die nächste Runde.

    Am Anfang war ihm ein Vergleich angeboten worden. Er zahlt eine Summe umgerechnet 500 und 1000 Euro und die Sache wäre vom Tisch. Der Haken ist, dass Absandze dann vorbestraft wäre. Da er auch im Ethikrat für Journalismus sitzt, ist dieser Vergleich für ihn unannehmbar.
    Noch einmal Chefredakteurin Shorena Shaverdashvili:

    "Leute wie Irakli werden definitiv hier draußen gebraucht, und nicht, Gott behüte, im Gefängnis."