Freitag, 29. März 2024

Archiv

Journalisten-Verhaftungen in Ferguson
"Vorfälle schwächen unsere Argumentation"

Im Zuge der Rassenunruhen im amerikanischen Ferguson wurde mehr als ein Dutzend Reporter von der Polizei verhaftet. Dieses Vorgehen kritisiert Sara Rafsky vom amerikanischen Komitee zum Schutz von Journalisten im Interview mit dem DLF scharf. Vor allem schwäche es die Position der USA, wenn sie Länder wie China und Russland für deren Umgang mit der Pressefreiheit kritisierten.

Sara Rafsky im Gespräch mit Bettina Schmieding | 23.08.2014
    Unruhen in Ferguson am 19. August 2014
    Unruhen in Ferguson am 19. August 2014 (afp / Michael B. Thomas)
    Sara Rafsky: Journalisten wurden mit Tränengas und Gummigeschossen attackiert. Es gab auch Fälle, in denen Anwohner und Demonstranten versucht haben, Pressevertreter einzuschüchtern, um ihre Berichterstattung zu behindern. Die Situation in Ferguson ist explosiv, und es ist daher unabdingbar, dass die Presse darüber berichten kann. Die Journalisten müssen die Arbeit der Polizei und die Auseinandersetzungen auf der Straße beobachten und dokumentieren können.
    Bettina Schmieding: Hat man den Journalisten erklärt, warum sie verhaftet wurden?

    Rafsky: Die ersten beiden Verhaftungen waren besonders empörend. Die Reporter der Washington Post und der Huffington Post saßen in einem McDonalds und luden ihre Handys auf, als die Polizei kam, sie zwang nach draußen zu gehen und sie festnahm, weil sie sich nicht schnell genug bewegten. Es gab auch Fälle, in denen die Polizei versucht hat, die Demonstranten zu zerstreuen. Die Journalisten, die dabei waren, wurden gleich mit verhaftet.
    Schmieding:Sind diese Verhaftungen mit dem ersten Verfassungszusatz, der die Freiheit der Presse festlegt, vereinbar?
    Rafsky: Das Recht, über Polizeiaktivitäten zu berichten, ist eine anerkannte Form der Meinungsfreiheit. Journalisten haben das Recht, dort zu sein und ihrer Arbeit nachzugehen. Natürlich müssen sie sich dabei an das Gesetz halten, aber sie haben absolut das Recht, dort zu sein.
    Schmieding: Stellen Sie in den letzten Jahren fest, dass die Polizei mehr Druck auf Journalisten ausübt in der Öffentlichkeit?

    Rafsky: Das letzte Mal, dass wir in den USA derartige Massenverhaftungen von Journalisten erlebt haben, war bei der Occupy Bewegung Ende 2011 und 2012. Damals haben wir ebenfalls viele Verhaftungen in ähnlichen Situationen in New York und in Kalifornien dokumentiert.
    Schmieding: Unter den verhafteten Journalisten waren drei Deutsche. Einer arbeitet für die Bild-Zeitung, das ist die größte deutsche Boulevard Zeitung. Und die nutzte die Geschichte dann auch gleich für Public Relations und einen Twitter Appell zur Befreiung des Kollegen, als wäre er in Nordkorea oder im Irak inhaftiert worden. Glauben Sie, dass die Inhaftierung von Journalisten der Reputation der USA schadet?

    Rafsky: Absolut. Wir sind berühmt für unseren ersten Verfassungszusatz. Die Polizei sollte dafür sorgen, dass Journalisten ihr Recht wahrnehmen können, von Unruhen auf der Straße zu berichten. Diese Verhaftungen schwächen unsere Argumentation, wenn wir gegen die Behandlung von Journalisten in anderen Ländern protestieren.
    Schmieding: Die westliche Welt kritisiert häufig China und Russland dafür, dass sie Journalisten schlecht behandeln. Jetzt drehen beide Länder den Spieß um und beschuldigen die USA. Was denken Sie darüber?
    Rafsky: Jedes Mal, wenn Journalisten in den USA attackiert werden, stellt das einen schlimmen Präzedenzfall dar. Damit rechtfertigen autoritäre Regierungen auf der ganzen Welt die Unterdrückung von Journalisten in ihren Ländern. Darauf hat unser Komitee schon oft hingewiesen und das auch in vielen Fällen, in denen Journalisten wegen Nichtigkeiten verfolgt und verhaftet wurden, dokumentiert. Diese Vorfälle in den USA werden überall in der Welt für üble Zwecke missbraucht.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.