Es war eine ausgelassene Feier in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland am 15. September 2003. Die israelischen Sicherheitsbehörden hatten ein halbes Dutzend Häftlinge freigelassen. Es waren jüdische Häftlinge, Anhänger des im Jahr 1990 ermordeten rechtsextremen Rabbiners Meir Kahane. Auch nach wochenlangen Ermittlungen und harten Verhören konnte ihnen keine Beteiligung am jüdischen Untergrund nachgewiesen werden.
Drei andere Männer aus der Siedlung Bat Ayin dagegen wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten zugegeben, dass sie versucht hatten, eine Bombe in einer muslimischen Mädchenschule in Ostjerusalem zu zünden. Mit dem Anschlag wollten sie Rache nehmen für palästinensische Attentate gegen Israelis.
Einer der Verschwörer ist Shlomi Dvir:
"Rache ist ein heiliger Begriff. Samson sagte, ich werde Rache üben. Für ein Auge werde ich zwei von den Philistern nehmen. Und er tötete einige Tausend Philister für sein Auge. So fühlte er, dass er Rache üben müsse. Rache ist wichtiger als so allgemeine Begriffe wie ‚das Volk Israel’ und der ‚Krieg gegen den Feind’ und sogar Abschreckung."
Es sind Extremisten wie diese, die dem israelischen Inlandsgeheimdienst Sorgen bereiten. Denn sie planen nicht nur Racheakte gegen einzelne Palästinenser. Sie wollen außerdem die Moscheen auf dem Tempelberg in Jerusalem und damit eines der wichtigsten Heiligtümer der muslimischen Welt in die Luft sprengen, um Platz zu schaffen für den dritten jüdischen Tempel, der an dieser Stelle entstehen soll. Der frühere Geheimdienstchef Ami Ayalon warnt immer wieder vor jenen, die im Untergrund bereits den Anschlag planen:
"Ich weiß, dass es Leute gibt, die darüber sprechen und ich weiß, dass es Leute gibt, die auch tätig werden. Und deswegen glaube ich, dass der Geheimdienst jeden Tag als Arbeitshypothese zugrunde legen muss, dass es Leute gibt, die sich bereits mit der Planung beschäftigen. Das ist ja auch schon passiert. Das ist die Realität, die aus den Siedlungen in Judäa und Samaria - also dem Westjordanland - und in Gaza kommt. Das ist die Wahrheit der Leute, die wir das Salz der Erde nennen. In den Siedlungen entstand ein Untergrund, der das nicht nur diese Vision hatte, sondern der sich operativ mit den Vorbereitungen beschäftigte, der den Sprengstoff gehortet und die Pläne entworfen hat, um damit den Prozess der Erlösung in Gang zu setzen."
Die jüdischen Extremisten kommen von den Rändern der Siedlerbewegung im Westjordanland. Sie leben meist in kleinen Siedlungen, sie haben große Familien, viele von ihnen sind in der Landwirtschaft tätig und pflegen ein bescheidenes Leben. Ihre Ideologie ist sektiererisch und rassistisch. Das ganze biblische Land Israel gehört nur und ausschließlich dem jüdischen Volk, so ihre Überzeugung. Und in diesem Land wollen sie einen Gottesstaat errichten, an dessen Spitze ein König steht, der nur der göttlichen Autorität verpflichtet ist. Nicht alle religiösen Siedler im Westjordanland und im Gazastreifen teilen diese extreme fundamentalistische Anschauung.
Die Ablehnung der Demokratie und demokratischer Prozesse ist jedoch in ihren Kreisen weit verbreitet. Sie beschränkt sich nicht auf die extremistischen Ränder der Siedlungsbewegung. Hani Tsadok ist eine 57-jährige Mutter und Großmutter und lebt in Neve Dekalim, der größten Siedlung im Gush Katif, dem Siedlungsblock im Gazastreifen. Sie spricht das aus, was viele Siedler denken:
"Die Demokratie stellt in meinen Augen keinen Wert dar. Es gibt Werten – wie die Nächstenliebe oder die Vaterlandsliebe, die gegenseitige Hilfe und die Gnade. Die Demokratie ist ein Instrument. Sie ist kein Wert an sich. Wenn man sie zu einem Wert macht, dann kann sie sehr zerstörerisch werden und das ist das, was hier im Moment geschieht."
Idit Zertal ist Historikerin an der Hebräischen Universität Jerusalem. Sie hat - gemeinsam mit dem Journalisten Akiva Eldar – ein Buch über die israelische Siedlerbewegung geschrieben. Es ist das erste wissenschaftliche Buch, das überhaupt zu diesem Thema erschienen ist. Zertal macht sich keine Illusionen über die Absichten und die Mittel der Siedler.
"Sie waren immer gewalttätig. Sie waren übrigens auch immer undemokratisch. Sie waren solange für die Demokratie, wie die Demokratie auf ihrer Seite war. Aber ihre Werte sind fundamental undemokratisch. Sie glauben nicht an die Demokratie. Sie glauben an undemokratische, ja supra-demokratische Anweisungen. Die Entscheidungen, die in der Knesset oder in der Regierung getroffen werden, haben für sie keinerlei Bedeutung. Das ist nichts wie Staub. Nur die Anweisungen von oben haben eine Bedeutung. Und diese Anweisung verpflichtet sie dazu, zu siedeln und sich in den Gebieten niederzulassen und mit aller Kraft gegen die zu kämpfen, die sie von dort evakuieren wollen."
Der ideologische Vater der religiösen Siedlerbewegung war Rabbiner Avraham Jitzhak Kook, der ihm Jahr 1936 starb. Er sah in der Rückkehr der Juden in das Land Israel den Beginn des messianischen Zeitalters. Sein Sohn Zvi Jehuda Kook entwickelte diese Theologie als Nachfolger seines Vaters weiter, erklärt Idit Zertal:
"Dieser Mann hat die Ideologie der Sieder entwickelt, die Dreifaltigkeit von Tora also Bibel, Volk Israel und Land Israel. Das ist der Kern ihres Glaubens. Diese Dreifaltigkeit existiert nicht, wenn eine der Komponenten fehlt. Darum sind die Eroberung des Landes, die Siedlungstätigkeit und die Ausbreitung der Siedler so engagiert und so gewalttätig. Denn die Siedler glauben wirklich, dass nur mit der Herrschaft über das ganze Land und mit der Vertreibung der Araber die Existenz möglich ist. Warum müssen die Araber vertrieben werden? Weil sie die Heiligkeit des Landes verunreinigen. Und das erklärt die schreckliche Entschlossenheit der Siedler."
Die Eroberung des Westjordanlandes und des Gazastreifens im Sechs-Tage-Kriegs von 1967 verstärkte die unmittelbare Heilserwartung. Sie war die Initialzündung der Siedlungsbewegung, an deren Rändern in den letzten Jahrzehnten die kleinen Zellen fundamentalistischer Extremisten entstanden sind, die vor nichts zurück schrecken und für die Gewalt ein legitimes Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele ist.
Drei andere Männer aus der Siedlung Bat Ayin dagegen wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt. Sie hatten zugegeben, dass sie versucht hatten, eine Bombe in einer muslimischen Mädchenschule in Ostjerusalem zu zünden. Mit dem Anschlag wollten sie Rache nehmen für palästinensische Attentate gegen Israelis.
Einer der Verschwörer ist Shlomi Dvir:
"Rache ist ein heiliger Begriff. Samson sagte, ich werde Rache üben. Für ein Auge werde ich zwei von den Philistern nehmen. Und er tötete einige Tausend Philister für sein Auge. So fühlte er, dass er Rache üben müsse. Rache ist wichtiger als so allgemeine Begriffe wie ‚das Volk Israel’ und der ‚Krieg gegen den Feind’ und sogar Abschreckung."
Es sind Extremisten wie diese, die dem israelischen Inlandsgeheimdienst Sorgen bereiten. Denn sie planen nicht nur Racheakte gegen einzelne Palästinenser. Sie wollen außerdem die Moscheen auf dem Tempelberg in Jerusalem und damit eines der wichtigsten Heiligtümer der muslimischen Welt in die Luft sprengen, um Platz zu schaffen für den dritten jüdischen Tempel, der an dieser Stelle entstehen soll. Der frühere Geheimdienstchef Ami Ayalon warnt immer wieder vor jenen, die im Untergrund bereits den Anschlag planen:
"Ich weiß, dass es Leute gibt, die darüber sprechen und ich weiß, dass es Leute gibt, die auch tätig werden. Und deswegen glaube ich, dass der Geheimdienst jeden Tag als Arbeitshypothese zugrunde legen muss, dass es Leute gibt, die sich bereits mit der Planung beschäftigen. Das ist ja auch schon passiert. Das ist die Realität, die aus den Siedlungen in Judäa und Samaria - also dem Westjordanland - und in Gaza kommt. Das ist die Wahrheit der Leute, die wir das Salz der Erde nennen. In den Siedlungen entstand ein Untergrund, der das nicht nur diese Vision hatte, sondern der sich operativ mit den Vorbereitungen beschäftigte, der den Sprengstoff gehortet und die Pläne entworfen hat, um damit den Prozess der Erlösung in Gang zu setzen."
Die jüdischen Extremisten kommen von den Rändern der Siedlerbewegung im Westjordanland. Sie leben meist in kleinen Siedlungen, sie haben große Familien, viele von ihnen sind in der Landwirtschaft tätig und pflegen ein bescheidenes Leben. Ihre Ideologie ist sektiererisch und rassistisch. Das ganze biblische Land Israel gehört nur und ausschließlich dem jüdischen Volk, so ihre Überzeugung. Und in diesem Land wollen sie einen Gottesstaat errichten, an dessen Spitze ein König steht, der nur der göttlichen Autorität verpflichtet ist. Nicht alle religiösen Siedler im Westjordanland und im Gazastreifen teilen diese extreme fundamentalistische Anschauung.
Die Ablehnung der Demokratie und demokratischer Prozesse ist jedoch in ihren Kreisen weit verbreitet. Sie beschränkt sich nicht auf die extremistischen Ränder der Siedlungsbewegung. Hani Tsadok ist eine 57-jährige Mutter und Großmutter und lebt in Neve Dekalim, der größten Siedlung im Gush Katif, dem Siedlungsblock im Gazastreifen. Sie spricht das aus, was viele Siedler denken:
"Die Demokratie stellt in meinen Augen keinen Wert dar. Es gibt Werten – wie die Nächstenliebe oder die Vaterlandsliebe, die gegenseitige Hilfe und die Gnade. Die Demokratie ist ein Instrument. Sie ist kein Wert an sich. Wenn man sie zu einem Wert macht, dann kann sie sehr zerstörerisch werden und das ist das, was hier im Moment geschieht."
Idit Zertal ist Historikerin an der Hebräischen Universität Jerusalem. Sie hat - gemeinsam mit dem Journalisten Akiva Eldar – ein Buch über die israelische Siedlerbewegung geschrieben. Es ist das erste wissenschaftliche Buch, das überhaupt zu diesem Thema erschienen ist. Zertal macht sich keine Illusionen über die Absichten und die Mittel der Siedler.
"Sie waren immer gewalttätig. Sie waren übrigens auch immer undemokratisch. Sie waren solange für die Demokratie, wie die Demokratie auf ihrer Seite war. Aber ihre Werte sind fundamental undemokratisch. Sie glauben nicht an die Demokratie. Sie glauben an undemokratische, ja supra-demokratische Anweisungen. Die Entscheidungen, die in der Knesset oder in der Regierung getroffen werden, haben für sie keinerlei Bedeutung. Das ist nichts wie Staub. Nur die Anweisungen von oben haben eine Bedeutung. Und diese Anweisung verpflichtet sie dazu, zu siedeln und sich in den Gebieten niederzulassen und mit aller Kraft gegen die zu kämpfen, die sie von dort evakuieren wollen."
Der ideologische Vater der religiösen Siedlerbewegung war Rabbiner Avraham Jitzhak Kook, der ihm Jahr 1936 starb. Er sah in der Rückkehr der Juden in das Land Israel den Beginn des messianischen Zeitalters. Sein Sohn Zvi Jehuda Kook entwickelte diese Theologie als Nachfolger seines Vaters weiter, erklärt Idit Zertal:
"Dieser Mann hat die Ideologie der Sieder entwickelt, die Dreifaltigkeit von Tora also Bibel, Volk Israel und Land Israel. Das ist der Kern ihres Glaubens. Diese Dreifaltigkeit existiert nicht, wenn eine der Komponenten fehlt. Darum sind die Eroberung des Landes, die Siedlungstätigkeit und die Ausbreitung der Siedler so engagiert und so gewalttätig. Denn die Siedler glauben wirklich, dass nur mit der Herrschaft über das ganze Land und mit der Vertreibung der Araber die Existenz möglich ist. Warum müssen die Araber vertrieben werden? Weil sie die Heiligkeit des Landes verunreinigen. Und das erklärt die schreckliche Entschlossenheit der Siedler."
Die Eroberung des Westjordanlandes und des Gazastreifens im Sechs-Tage-Kriegs von 1967 verstärkte die unmittelbare Heilserwartung. Sie war die Initialzündung der Siedlungsbewegung, an deren Rändern in den letzten Jahrzehnten die kleinen Zellen fundamentalistischer Extremisten entstanden sind, die vor nichts zurück schrecken und für die Gewalt ein legitimes Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele ist.