Dienstag, 16. April 2024

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Todesfall Luise aus Freudenberg
Jugendrichter Müller: Jugendgewalt ist rückläufig - Absenkung der Strafmündigkeit unter 14 Jahre würde nichts bringen

Nach der Gewalttat von Freudenberg hat sich der Bernauer Jugendrichter, Andreas Müller, gegen eine Absenkung der Strafmündigkeit auf unter 14 Jahre ausgesprochen. Damit verhindere man solche Taten nicht, sagte er im Deutschlandfunk. Eine 12- oder 13-Jährige werde nicht vorher darüber nachdenken, wie lange sie für ein Verbrechen ins Gefängnis gehe. Das Heruntersetzen auf 12 Jahre werde nichts bringen.

18.03.2023
    Nordrhein-Westfalen, Freudenberg: Polizisten stehen in der Nähe des Fundorts einer Leiche.
    Zwei Kinder stehen im Verdacht, die gleichaltrige Luise aus Freudenberg getötet zu haben. (Andreas Trojak/wirSiegen.de/dpa)
    Ein Fall wie in Freudenberg ist Müller in seiner Berufstätigkeit noch nie untergekommen. Der Jurist kann auch keinen Anstieg an Jugendgewalt erkennen. Er stelle geradezu das Gegenteil fest, betonte er. Vor 15 oder 20 Jahren habe er viel schlimmere Gewalt gehabt als heute. Heute seien viele junge Leute nicht mehr so frustriert wie früher, hätten Lehrstellen, Perspektiven und könnten was aus ihrem Leben machen. Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ist seinen Beobachtungen zufolge verzerrt. Eine Ursache dafür seien die Medien, führte Müller aus. Früher sei eben nicht jede Gewalttat so in den Medien gewesen wie heute.
    Auch Psychologen warnen vor einer vorschnellen Senkung des Strafbarkeitsalters. Eine gesetzliche Entscheidung etwa auf politischen Druck durch Petitionen oder aus der Allgemeinbevölkerung heraus könnte "fatale Folgen" für Kinder und Jugendliche und somit auch für die Gesellschaft als Gemeinschaft haben, teilte der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen mit. Er rief zur Besonnenheit auf. Auch der Präsident der Psychotherapeutenkammer NRW, Höhner, ist absolut dagegen. Das sei ein Appell, der mehr mit den Fordernden zu tun habe, als mit der Forderung selbst. Man wolle damit die eigene Hilflosigkeit überwinden, sagte er der "Rheinischen Post".
    Unter anderem aus der Union kommen Appelle, über eine Absenkung des Strafmündigkeitsalters nachzudenken. Es sei erschütternd, dass zwei Mädchen ein anderes Mädchen getötet hätten, sagte ihr rechtspolitischer Sprecher Krings (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir müssen die Debatte führen, ob das Alter der Strafmündigkeit für schwere Straftaten gesenkt werden muss."

    Polizei warnt vor Gerüchten in Sozialen Medien über Hintergründe der Gewalttat in Freudenberg

    Zwei Mädchen im Alter von 12 und 13 Jahren hatten gestanden, Luise am 11. März in einem Waldstück an der Grenze von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen erstochen zu haben. Mit Verweis auf den Persönlichkeitsschutz des Opfers und der minderjährigen mutmaßlichen Täterinnen halten sich die Ermittler mit Informationen zu der Tat sehr zurück.
    Polizei und Staatsanwaltschaft in Freudenberg warnte, durch das breite Interesse der Öffentlichkeit und die damit verbundene Anteilnahme kämen immer wieder Gerüchte über die mutmaßlichen Hintergründe des Vorfalls auf. Die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein führte aus, offenkundig gebe es besonders in den Sozialen Medien Spekulationen, die sich nicht mit dem aktuellen Stand der Ermittlungen deckten. Die Ermittlungsbehörden baten die Bevölkerung ausdrücklich darum, sich an solchen Diskussionen nicht zu beteiligen, auch zum Schutz der Angehörigen.
    Diese Nachricht wurde am 18.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.