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Juist möchte nicht abnehmen

Auf den Nordseeinseln beginnt im Herbst die Zeit der Sturmfluten. Die Stürme und hohen Wellen häufen sich in den vergangenen Jahren. Ob dies auf den Klimawandel zurückzuführen ist, können die Forscher noch nicht beantworten. Doch eins steht fest: Die ostfriesischen Inseln müssen ihre Küsten schützen. Auf Juist wird gerade eine künstliche Düne aufgeschüttet.

Von Christina Selzer |
    Drei schwere Sturmfluten haben den ostfriesischen Inseln im Herbst und Winter vor zwei Jahren schwer zu schaffen gemacht. Von fast allen Inseln wurden Dünenabbrüche gemeldet. Juist war besonders stark betroffen. Die Insel verlor gut 20 Meter ihrer Stranddünen. Dünen sind aber ein wichtiger Küstenschutz. Weil sie breiter und höher sind als Deiche, sind sie wirksamer, aber auch empfindlicher. Jedes Jahr pustet der Westwind und schwemmen Westwellen tausende Tonnen Sand in die Nordsee: Die Dünen und damit ganze Inseln wandern Richtung Osten. Schon seit 20 Jahren werden regelmäßig alle paar Jahre die Dünen künstlich verstärkt. Im vergangenen Jahr begann man mit dem derzeitigen Bauprojekt. Johann Eilts vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Küstenschutz:

    "Der erste Abschnitt stammt von 2007. Sand eingefahren und naturnah gestaltet. Wir haben ihn mit Strandhafer bepflanzt und zehn Meter über NN aufgeschüttet. In ein paar Jahren, wenn es bewachsen ist, ist er nicht mehr als künstlicher Damm zu erkennen."

    100.000 Kubikmeter Sand wurden bereits eingebaut, um die Dünenkette zu verstärken und den Sturmflutschutz wiederherzustellen. Und auch in diesem Jahr wurde viel Sand von der einen Seite der Insel auf die andere geschafft. Denn der Sand ist ungleich verteilt auf der Insel: Während sich auf der einen Seite Sandbänke anlanden, gibt es im Westen der Insel zu wenig Sand. Der wird aber in der zweiten Reihe aufgeschüttet. So entsteht eine Dünenlandschaft entsteht, die kaum noch als künstlich angelegt zu erkennen ist, erklärt Johann Eilts:

    "Wenn wir den Sand an der Abbruchkante einbauen würden, würden die bei den nächsten Sturmfluten voll im Abbruch liegen, so dass wir im nächsten Jahr schon wieder bauen müssten. So haben wir 5,6 Jahre Ruhe, je nachdem wie Petrus sich benimmt."

    Die Insel ist buchstäblich auf Sand gebaut. Für Dietmar Patron von der Kurverwaltung ist das keine Bedrohung, sondern völlig normal. Damit zu leben, gehört für ihn wie für die anderen Inselbewohner dazu.

    "So eine Insel bewegt sich ja ständig. Es findet eine Wanderung statt, vom westlichen in den östlichen Bereich. Wir sind sensibel, wir leben mit der Natur, und von der Natur. Der Inselschutz ist dabei eine ganz wichtige Sache."

    Aus diesem Grund wird er auch nicht müde, das Thema Küstenschutz immer wieder laut anzusprechen. Vor allem, wenn die niedersächsischen Politiker auf ihren Sommertouren oder im Wahlkampf den Inseln einen Besuch abstatten und sich ein Bild vom Zustand von Dünen und Deichen machen. Küstenschutz ist Ländersache, betont Dietmar Patron. Das Land Niedersachsen habe ja schließlich einen großen Nutzen von seinen Ferieninseln.

    "Die ostfriesischen Inseln sind auch für das Land Niedersachsen ein wichtiger Touristenfaktor. Da wird man in Hannover hellhörig. Und wenn Touristen hierher kommen, kriegen die auch mit, dass sich hier was tut, und dass aktiv Küstenschutz betrieben wird."

    Außerdem seien die Inseln auch Bollwerke vor dem Festland: Wenn die Insel vor Sturmfluten geschützt sei, dann sei das auch ein Schutz für die Küste. Auch wenn die Insel nicht wirklich bedroht ist, so hofft er, dass sich wieder Sand anlandet, dass dadurch der Strand wieder breiter wird und die Dünen sich irgendwann auf natürlichem Weg wieder aufbauen. Das kann aber noch dauern. Bis dahin muss künstlich aufgeschüttet werden. 1,3 Millionen Euro investiert das Land Niedersachsen in das Bauprojekt. Im Oktober muss alles fertig sein. Dann beginnt die Sturmflutsaison. Wie schlimm es in diesem Winter wird, das kann niemand vorhersagen.