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Julian Nida-Rümelin tritt gegen Bernd Huber an

Im Gegensatz zu früheren Wahlen tritt der amtierende LMU-Präsident Bernd Huber bei seiner dritten Nominierung gegen einen gewichtigen Konkurrenten an: Der frühere Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, bekannt als scharfer Bologna-Kritiker, will die LMU wieder zu einer Bildungsstätte Humboldtschen Anspruchs machen.

Von Susanne Lettenbauer | 01.06.2010
    Präsidentschaftswahlen in München: Eine Gruppe Studierender sitzt im Lichthof der LMU, neben Ständen der parallel laufenden Firmenkontaktmesse. Vor ihnen steht die inoffizielle Wahlurne. Jeder Student kann hier seinen Präsidenten bestimmen, natürlich nur symbolisch, denn wählen zwischen Amtsinhaber Bernd Huber und Herausforderer Julian Nida-Rümelin darf nur der Hochschulrat.

    "Also ich mache mit, weil ich glaube, dass Mitbestimmung ein sehr wichtiges Thema ist und das wird immer weniger beachtet."

    "Wir erhoffen uns, dass Studierende darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie kein Wahlrecht haben, noch nicht mal bei der wichtigsten Entscheidung wer ihr Präsident wird."

    Zwei Abiturienten füllen ebenfalls die Wahlzettel aus:

    "Die Hoffnungen liegen ja bei Nida-Rümelin."

    "Ja, für uns wäre es das Beste, wenn es Nida-Rümelin wird."

    "Also ich hoffe, dass es Huber bleibt, der amtierende Präsident."

    Sagt ein BWL-Student, der über das Wahlfrühstück der Studierendenvertretung lästert. Dabei sei ein Wechsel an der Führungsspitze von Deutschlands größter Eliteuni ein längst überfälliger Schritt, betont Sebastian Urchs. Der Geschäftsführer der Studienvertretung der LMU ärgert sich, dass sich das Lehrpersonal und die Dekane vorab vorsichtig, bis gar nicht äußern wollten:

    "Meiner Ansicht nach sieht das nach vorauseilendem Gehorsam aus. Ich denke, das bildet eigentlich gar nicht das Bild an der Uni ab, wenn die Dekane sagen, jaja, der soll das mal weiter machen der Huber. Da gibt es schon ein differenziertes Bild an der Uni und ich finde, das es auch den Dekanen gut, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen und sich eine Meinung zu bilden."

    Bedenklich fand Urchs bereits die Absage einer öffentlichen Podiumsdiskussion vonseiten des Amtsinhabers. Während Nida-Rümelin öffentlich über sein Wahlprogramm sprach und diskutierte, lehnte Huber Gespräche mit den Studierenden oder Interviews mit der Presse kategorisch ab:

    "Man muss ganz klar sagen, nach so einer langen Amtszeit täte auch Herrn Huber gut, sich mal mit einem Gegenkandidaten auseinanderzusetzen. Also wenn man jetzt den Eindruck hat, dass ihn die Rechtsabteilung und die Dekane schützen müssen vor einem Wahlkampf, dann gibt das kein gutes Bild ab."

    Dass es für ihn heute eng werden könnte, weiß der amtierende Präsident Huber. Allein die Ankündigung der Kandidatur des Philosophieprofessors und früheren Kulturstaatsministers Julian Nida-Rümelin im Dezember vor den demonstrierenden Studenten löste einen fast unheimlichen Reformschub im LMU-Präsidium aus. Plötzlich wurden Studienkombinationen möglich, die zuvor strikt ausgeschlossen wurden, sagt Franz-Xaver Geiger, der Studierendenvertreter im Hochschulrat:

    "Nachdem ein Gegenkandidat sich zur Wahl beworben hat, hat die Hochschulleitung stark nachgebessert, was wir sehr löblich anerkennen müssen, denn da wurde viel nachgebessert was wir schon lange gefordert haben. Da ist endlich mal was passiert, das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, allerdings muss jetzt festgestellt werden, ob der Kurs fortgeführt wird, was wir definitiv fordern wollen."

    Dass er diesen Kurs auf jeden Fall fortführen würde, hat als einziger der Kandidaten der Herausforderer Julian Nida-Rümelin in einem Gespräch mit den Studierendenvertretern bekräftigt.
    Seine Ideen für eine LMU 2020 beinhalten zum Beispiel eine Stärkung der kleinen Orchideenfächer, eine Fortführung der Exzellenzinitiative und die Einführung hochschulübergreifender Bildung:

    "Also ich könnte mir zum Beispiel hervorragend vorstellen, dass jemand Physik studiert an der LMU und warum soll er dann nicht an der FH ein anwendungsorientiertes Forschungsprojekt verfolgen. Also Gleichrangigkeit, aber Unterschiedlichkeit. Wir haben solche Debatten nicht geführt. Wir scheren vieles über einen Leisten und dabei geht vieles verloren."

    Beim Thema Studiengebühren liegen die Studierendenvertreter und Nida-Rümelin fast auf einer Ebene.

    "Ich glaube man sollte diese Studiengebühren, die es jetzt gibt, absenkt auf das Minimum, was geht, aber staatliche Mittel im Sinne der Matching Funds. Das heißt, jeder Euro, der aus Studiengebühren kommt wird durch einen Euro, der von staatlicher Seite kommt, ergänzt, sodass auf diese Weise keine Verluste eintreten."

    Um 16 Uhr wird heute gewählt. Ob Nida-Rümelin Präsident der LMU wird oder nicht – für das große Bildungscamp der LMU in einer Woche ist er als Redner wieder eingeplant. Die Einladung wurde bereits verschickt.