James Kasting von der Penn State University. Erde und Titan - sie sind sehr, sehr unterschiedlich. Und anscheinend gilt das auch für die Frühzeit der Erde. Der Blick zurück ist allerdings nicht ganz einfach. Denn seit mindestens 2,6 Milliarden Jahren wälzt die Plattentektonik die Erde um, verschiebt Kontinente, öffnet Meere und löscht die Spuren der Vergangenheit aus. Allerdings - nichts vergeht so ganz. Aus der Zeit vor mehr als vier Milliarden Jahren, bevor es Leben gab auf der Erde, blieben winzige Kristallsplitter: Zirkone. Sie erzählen eine ungewöhnliche Geschichte: Nämlich dass die Erde schon vor 4,45 Milliarden Jahren, kurz nach ihrer Entstehung, eine Gesteinskruste hatte und dass es Wasser auf ihr gab, vielleicht ein Meer.
Solche Zirkone können nur entstehen, wenn ihr Muttergestein mit Wasser reagiert hat. Wir spekulieren deshalb, dass es damals Ozeane gegeben hat. Denn wenn wir uns die Erde ansehen, erscheint es unwahrscheinlich, dass sie an einer Stelle dampfend heiß und an anderer kühl genug für flüssiges Wasser war. Wenn wir auf der jungen Erde an einem Ort flüssiges Wasser haben, warum nicht auch anderswo?
Simon Wilde von der Curtis University in Perth. Während man vor zehn Jahren noch für jene Zeit auf der Erde noch einen Magma-Ozean vermutet hatte, sieht man inzwischen Steine an ihrer Oberfläche und Temperaturen von unter 100, aber gut über Null Grad.
Anders Titan. Auf ihm misst man minus 180 Grad. Statt Wasser fließen Ethan und Methan. Die "Steine" auf seiner Oberfläche bestehen anscheinend aus gefrorenem Wasser, nicht aus Fels. Aber bei diesen Temperaturen ist Wassereis so hart und biologisch unbrauchbar wie ein solider Granit.
Für die spätere Zeit vor mehr als dreieinhalb Milliarden Jahren, blieben Felsen als Zeugen erhalten. Die Erde war von einer dicke Gesteinskruste umhüllt: Angeheizt durch den intensiven radioaktiven Zerfall brodelte sie unter diesem Deckel wie ein Brei auf großer Flamme. Ihr einziges Ventil war ein starker Vulkanismus: Aber da sich der Erdmantel, aus dem die Laven stammten, kaum verändert hat, quollen damals wie heute vor allem Kohlendioxid und Wasserdampf aus den Vulkanen: starke Treibhausgase, die die Erde wärmten, obwohl die Sonne viel schwächer war. Paul Sylvester, Professor an der Memorial Universität in Neufundland, Kanada:
Die Atmosphäre damals war anders als heute und in mancher Beziehung recht unwirtlich fürs Leben. Bemerkenswerterweise ist damals irgendwann das Leben entstanden, was für seine Robustheit spricht. Auf den ersten Blick wäre uns die Erde wohl nicht fremd erschienen: Es gab Steine, Meere, es gab Wolken im Himmel - auch wenn wir die Luft nicht hätten atmen können.
Die Erde - sie war anscheinend von Anfang ein blauer Planet, auf dem eine Vielfalt an chemischen Reaktionen ablief: Denn es war warm, es gab Wasser und Steine - die Zutaten für die Entstehung des Lebens, wie wir es kennen.
Die Titanatmosphäre ist eine Mixtur aus Stickstoff und Methan, dessen Quelle unbekannt ist. Ohne Sauerstoff in der Luft und so weit von der Sonne mit ihrer energiereichen Strahlung entfernt, ist das empfindliche Gas über Jahrmillionen stabil. Titan ist ein Labor für organische Chemie. Seit wenigen Jahren weiß man dass organische Chemie überall im Universum abläuft, selbst in eiskalten interstellaren Wolken. Titan ist eine eigene, spannende Welt.