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Jugendstudien
Junge Generation ist stark stressbelastet

Mehrere Jugendstudien aus unterschiedlichen Ländern besagen, dass die junge Generation aufgrund der vielen Krisen erheblich stärkeren Stress empfindet als die ältere.

    Eine Gruppe von Jugendlichen hält selbst gemalte Plakate hoch und protestieren für besseren Klimaschutz.
    Junge Menschen sind durch Zukunftssorgen stark belastet. (IMAGO / aal.photo / IMAGO / mufkinnphotos)
    Laut dem Jugendforscher Simon Schnetzer, der eine Studie zur Jugend in Deutschland veröffentlicht hat, befände sich Jugend angesichts von Krieg und Klimawandel wie in einem Tunnel, wo eine Krise nach der anderen komme. Das werde zur Sorgenfalle. Im Interview mit der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“, sagte Schnetzer, dass junge Menschen besonders anfällig für Stressgefühle im Dauerkrisenmodus sein, weil sie sich zusätzlich in einer Lebensphase voller Umbrüche befänden. Da sei es schwierig, Sicherheit aus der Routine zu ziehen. Ein weiterer Aspekt sei, dass durch Internet und Social Media Krisen heute live erlebbar seien.

    Bedrohungsszenario Inflation

    Die größte Sorge junger Menschen gelte aktuell der Inflation, so Schnetzer. Solange sie bei ihren Eltern wohnten, hätten sie ein unbeschwerteres Verhältnis zu Geld. Doch spätestens beim Auszug werde diese Frage akut. Viele kämen dann in den Job und forderten sehr bald mehr Gehalt oder eine Beförderung, weil sie merken würden, dass ihr Gehalt für ihre Wünsche bei Weitem nicht ausreiche.

    Idealbild: Familie, Kinder, Haus und Job

    Die Geldnot sorge bei Jugendlichen einerseits für Verunsicherung, aber auch dafür, dass vermeintlich konservative Werte wie ein gutes Gehalt oder eine solide Altersvorsorge wieder einen hohen Stellenwert bekämen. Das Idealbild der Zukunft sei seit zehn Jahren konstant: Familie, Kinder, Haus, ein Job, der Spaß mache und sicher sei. Es gehe den Jungen um eine lebenswerte Zukunft mit dem Maß an Wohlstand, mit dem sie aufgewachsen seien und den sie in der idealisierten Welt auf Social Media täglich sehen würden.

    Nachholbedarf der Jungen

    Das viel und kritisch diskutierte Bedürfnis der Jungen nach einer guten Work-Life-Balance nannte Jugendforscher Schnetzer nicht Faulheit. Die jungen Menschen kämen aus einer Zeit, in der sie während der Corona-Pandemie auf viele Dinge verzichtet hätten. Sie hätten einen enormen Nachholbedarf und wollten nicht bis zum Ruhestand warten, um das, was sie sich erarbeitet haben, genießen zu können. Die junge Generation sehe außerdem, wie die Arbeitswelt die Älteren belaste und finden das, was ältere Führungspersonen vorlebten, nicht mehr erstrebenswert. Sie zögen die Grenze, weil es für sie auch eine Frage der psychischen Gesundheit sei.
    Laut Schnetzer kann man trotz der Debatten zwischen den Generationen sagen, dass Werte oder Wünsche der jüngeren und der älteren Menschen in unserer Gesellschaft sehr ähnlich seien. Familie, Gesundheit und Freiheit stünden ganz oben auf der Rangliste. Die Basis für das gesellschaftliche Miteinander sei also eigentlich gut. Allerdings müsste es mehr Verständnis dafür geben, warum die Jungen in der Arbeitswelt Work-Life-Balance so stark einfordern.
    Diese Nachricht wurde am 19.05.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.