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Junge Union
"Linke und AfD kommen als Koalitionspartner nicht infrage"

In Sachsen-Anhalt verhandelt die CDU ab heute mit SPD und Grünen über eine mögliche Koalition, in Baden-Württemberg wohl mit den Grünen, in Rheinland-Pfalz geht sie wahrscheinlich in die Opposition. Der Junge-Union-Chef Paul Ziemiak sagte im DLF, ein Bündnis mit den Grünen könne er sich auch auf Bundesebene vorstellen - nicht aber eines mit AfD und Linken.

Paul Ziemiak im Gespräch mit Doris Simon | 04.04.2016
    Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak.
    Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak. (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    "Das haben wir in der Vergangenheit schon häufig gehabt, dass in unterschiedlichen Bundesländern die gleichen Parteien mit unterschiedlichen Parteien koalieren", sagte Ziemiak. Er wolle keine Koalitionen um jeden Preis, aber man müsse schon versuchen, einen Kompromiss zu finden, wenn man nicht stärkste Partei sei.
    Koalitionen mit der AfD und der Linken schloss Ziemiak jedoch weiter kategorisch aus. Beide Parteien würden Positionen vertreten, die mit den Grundwerten der Union nicht vereinbar seien. Darum kämen sie als Koalitionspartner "nicht infrage".
    Aufgeschlossen zeigte sich der Vorsitzende der Jungen Union dagegen gegenüber einem Bündnis mit den Grünen auch auf Bundesebene: "Mein Wunsch wäre eine Koalition mit der FDP, weil es inhaltlich am besten passt, aber auch die Unterschiede zwischen der CSU und den Grünen sind in Verhandlungen zu überwinden."

    Das Interview in voller Länge:
    Doris Simon: Was farblich zusammengeht, das bestimmt in der Politik der Wähler, und dementsprechend verändert sich gerade die politische Farbenlehre in Deutschland. Schwarz-Gelb, Rot-Grün, das war mal. Jetzt geht es um Kiwi, um Ampel und Kenia. In Baden-Württemberg verhandelt die CDU mit den Grünen und die Grünen mit der CDU, in Mainz die SPD, die Grünen und die FDP, und in Magdeburg beginnen heute Koalitionsgespräche zwischen CDU, Sozialdemokraten und Grünen.
    Am Telefon ist jetzt Paul Ziemiak, der Bundesvorsitzende der Jungen Union, guten Morgen!
    Paul Ziemiak: Guten Morgen, Frau Simon!
    Simon: Im einen Bundesland mit der einen Partei, im nächsten wieder mit anderen – politische Konstellationen nicht nach inhaltlichen Überschneidungen, sondern danach, was überhaupt geht. Tut Ihnen das eigentlich weh?
    Ziemiak: Das haben wir in der Vergangenheit schon häufig gehabt, dass in unterschiedlichen Bundesländern die gleichen Parteien mit unterschiedlichen anderen Parteien koalieren. Da geht mehr um Inhalte, kann man genug durchsetzen? Und klar ist aber auch: Wenn man nicht eine absolute Mehrheit in einem Parlament hat, dann muss man sich Partner suchen. Und das gehört eben dazu, wenn man demokratische Wahlen hat.
    "Am Ende muss immer noch deutlich sein, dass die CDU irgendeine entsprechende Handschrift hat"
    Simon: Natürlich gab es das in der Vergangenheit, aber so bunt wie heute war es noch nie.
    Ziemiak: Die Konstellationen haben sich etwas verändert, wenn Sie nach Sachsen-Anhalt schauen, dann ist die Situation besonders schwierig. Die Linke ist zweistellig, hat zwar verloren massiv, dann kommt eine neue Partei mit der AfD, die massiv Stimmen gewonnen hat, und es gibt eben wenig Koalitionsmöglichkeiten, wenn man sagt, man möchte nicht mit der Linken koalieren und man möchte auch nicht mit der AfD koalieren. Und deswegen finde ich es richtig, dass Reiner Haseloff versucht, eine Koalition auf den Weg zu bringen der demokratischen Parteien, also CDU, SPD und dann mit den Grünen zusammen. Das ist glaube ich der richtige Weg. Aber am Ende muss immer noch deutlich sein, dass die CDU irgendeine entsprechende Handschrift hat.
    "Neuwahlen können nicht immer die Lösung sein"
    Simon: Was schwierig genug wird, wenn drei zusammen sind. Schauen wir noch mal auf die einzelnen Konstellationen: In Berlin ist die CDU in der Großen Koalition, in Stuttgart gibt es Grün-Schwarz möglicherweise, in Magdeburg jetzt redet man, wie Sie sagten, mit SPD und Grünen und in Mainz heißt es, die Große Koalition sei nicht das Richtige, da müsse man sich als CDU in der Opposition finden. Für den Wähler trotzdem die Frage. Wo bleibt das Profil der CDU?
    Ziemiak: Ja, das ist ja schon da und das wird ja auch verwirklicht in den Koalitionsverhandlungen. Wenn Sie nach Baden-Württemberg beispielsweise schauen, die Situation ist sehr schwierig dort für die CDU, aber Thomas Strobl managt das ja ausgezeichnet und sagt, wie ich finde, zu Recht: Erst das Land, dann die Partei und dann erst die Personen.
    Simon: Ja, aber über die Inhalte ist ja noch nicht wirklich substanziell geredet worden.
    Ziemiak: Ja, man versucht jetzt, eine Koalition hinzubekommen aus einer Verpflichtung für das Land. Neuwahlen können ja nicht immer die Lösung sein. Aber Thomas Strobl sagt auch, ja nicht um jeden Preis. Insofern bin ich zuversichtlich, dass dort eben die CDU eine entsprechende Handschrift im Koalitionsvertrag prägen wird, das ist wichtig. Also Koalition nicht um jeden Preis, aber man muss schon versuchen, einen Kompromiss zu finden. Das gehört dazu eben, wenn man keine absolute Mehrheit hat oder wenn man nicht stärkste Partei ist.
    "Das ist eben Demokratie"
    Simon: Aber können Sie verstehen, Herr Ziemiak, dass manche Wähler da Probleme haben mit der Glaubwürdigkeit und sich fragen, welche von den vielen CDU in Koalition, wo ja unterschiedliche Geständnisse gemacht werden müssen, ist noch meine?
    Ziemiak: Na ja, auf Bundesebene muss man ja trennen zwischen der Bundesebene und eben Landesebene. Da gibt es ja auch unterschiedliche Themen, die eine Rolle gespielt haben. Aber wenn Sie den Wählerwillen betrachten, also noch mal, wenn die Parteien nicht alleine im Parlament vertreten sind, sondern mehrere und es unterschiedliche Konstellationen gibt wie beispielsweise in Baden-Württemberg ... Ein Beispiel: Die Menschen sind sehr unzufrieden gewesen mit der Verkehrspolitik, der Infrastrukturpolitik, der Koalition von SPD und Grünen, deswegen hat auch diese Koalition keine Mehrheit mehr.
    Aber unbestritten ist Winfried Kretschmann ein sehr geschätzter und beliebter Ministerpräsident. Und all diese Dinge spielen eine Rolle bei Wahlen und deswegen müssen sie auch in Koalitionen sich wiederfinden. Ich kann Ihnen da nur sagen, das ist eben Demokratie. Und ich glaube schon und bin auch zuversichtlich, dass die CDU da die CDU bleibt, weil für uns ja Grundwerte eine Rolle spielen, die wir auch in Koalitionsverhandlungen nicht aufgeben.
    "Mit den Grundpositionen der CDU nicht zu vereinbaren"
    Simon: Wo ist denn da, Herr Ziemiak, für Sie die Grenze der Kompromissfähigkeit erreicht bei aller Verantwortung für das Land oder für den Bund? Könnte das zum Beispiel auch am Ende eine Koalition der Union mit der Linken bedeuten, wenn ansonsten vielleicht nur in einer späteren Konstellation die AfD infrage käme?
    Ziemiak: Nein, auf gar keinen Fall, weil ich gerade von den Grundsätzen gesprochen habe. Die Linke genauso wie die AfD vertreten Positionen, die mit den Grundpositionen, unserer Grundausrichtung nicht zu vereinbaren sind. Wenn man Freiheit beispielsweise sagt, dass sie nur eingeschränkt gilt, wenn es um bestimmte Werte geht, wenn es darum geht, dass wir aus der NATO austreten, wenn es darum geht, dass wir uns außenpolitisch nicht mehr engagieren mit unseren Werten, dann sind das Koalitionspartner, die für uns nicht infrage kommen.
    Für mich geht es darum, dass man einen Kompromiss finden muss, der tragbar ist, der vereinbar ist mit den Grundsätzen. Nicht um jeden Preis, aber man sollte schon versuchen, es hinzubekommen. Denn das hat ja die CDU immer wieder deutlich gemacht und auch bewiesen, dass wir ein Stabilitätsfaktor sind in einem föderalen Deutschland, und das sollte auch so bleiben.
    Simon: Das heißt im Zweifel dann, wenn das nicht mehr, was Sie gerade beschreiben, mit Ihren Inhalten vereinbar ist: Neuwahlen?
    Ziemiak: Wenn es nicht vereinbar ist mit unseren Inhalten, mit unseren Grundausrichtungen, dann muss es hier im Zweifel zu Neuwahlen kommen, wenn keine andere Konstellation möglich ist.
    "Wir müssen für unsere Politik werben"
    Simon: Wenn wir noch mal auf Baden-Württemberg schauen, das, was da gerade passiert, das Grün-Schwarze ... Noch ist ja nicht entschieden, ob daraus eine Regierung wird, aber man macht sich auf den Weg. Ist ja auch ein Labor für die Bundestagswahl 2017! Was heißt das im nächsten Bundestagswahlkampf für den Umgang CDU/CSU? Sie vertreten ja als Vorsitzender der JU beide Parteien.
    Ziemiak: Ja, das heißt erst mal, dass wir für unsere Politik werben müssen. Und ich glaube, trotz mancher Differenzen in der Vergangenheit ist das eine Erfolgsgeschichte, die Union zwischen diesen beiden Parteien, CDU und CSU. Wir müssen dafür werben, dass wir als Erstes möglichst viele Stimmen bekommen. Denn wer CDU und CSU wählt, der wird am Ende im Parlament eben diese Politik mit vielen Abgeordneten sehen, das ist das Allerwichtigste. Und deshalb, glaube ich, sind wir da gut aufgestellt. Das eine ist, erst mal für uns zu werben, und am Ende im zweiten Schritt zu sehen, welche Koalitionen möglich sind. Ich glaube, das haben wir in der Vergangenheit so gehabt und das werden wir auch in Zukunft so haben, das hat uns auch ausgezeichnet, dass wir nicht einfach so lange wählen, bis das Ergebnis passt.
    Simon: Herr Ziemiak ...
    Ziemiak: Ich glaube auch, das würde die Menschen nicht verstehen.
    "Mein Wunsch persönlich wäre natürlich eine Koalition auch mit der FDP"
    Simon: Nein, das erwarten die bestimmt auch von Ihnen, dass Sie versuchen, möglichst viele Stimmen zu bekommen. Aber ganz im Ernst: Die CSU und die Grünen, da sind ja Welten dazwischen. Wie soll das gehen?
    Ziemiak: Indem man verhandelt und sich die Ergebnisse anschaut. Die CSU hat immer sehr, sehr gute Ergebnisse eingefahren ... Ich glaube, dass diese Unterschiede auch in einer Koalition überbrückbar sind, ich würde es auch so in der aktuellen Lage nicht ausschließen, dass wir natürlich auch mit den Grünen sprechen nach der nächsten Bundestagswahl. Mein Wunsch persönlich wäre natürlich eine Koalition auch mit der FDP, weil es inhaltlich einfach am besten passt. Aber ich glaube, es ist möglich, und auch diese Unterschiede zwischen der CSU und den Grünen, die sind in einer Koalition zu verhandeln, aber auch zu überwinden.
    Simon: Paul Ziemiak war das, der Bundesvorsitzende der Jungen Union. Herr Ziemiak, vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
    Ziemiak: Ich danke Ihnen, Frau Simon!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.