"Wir haben alle Entscheidungen getroffen, die für die Ermittlungen notwendig waren."
"Solange die Ermittlungen laufen, gibt es keine weiteren Informationen."
Sätze, die am Anfang eines Huldigungsliedes für Drasius Kedys stehen, eines 37 Jahren alten Geschäftsmannes aus Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens. Gesprochen vom Generalstaatsanwalt des Landes, Algimantas Valantinas. Sie sollen zeigen, wie verlogen und verfault die Justiz des baltischen Landes ist. Keiner weiß, ob Drasius Kedys noch lebt. Seit Anfang letzter Woche ist er verschwunden, als in Kaunas auf offener Straße ein Richter mit vier Schüssen hingerichtet wurde. Einiges spricht für Selbstjustiz, denn Kedys hatte den Richter wegen sexuellen Missbrauchs seiner sechs Jahre alten Tochter angezeigt. Er hatte der Staatsanwaltschaft angeblich belastendes Material ausgehändigt, das zudem noch an so ziemlich jeden Politiker des Landes ging, auch an den Parlamentsabgeordneten Saulius Stoma:
"Was Drasius Kedys mir und anderen geschickt hat, war schon erschütternd. Ich habe es vor fast einem Jahr erhalten und gleich daraufhin Briefe an die Generalstaatsanwaltschaft, mehrere Behörden für Kinderschutz und an das Departement für Staatsschutz geschickt mit der Bitte um Information über ein mögliches Pädophilennetz in Litauen. Die Antworten waren rein formeller Natur, ohne irgendwelche Details. Der Staatsschutz schrieb mir nur, nichts mit dem Fall Kedys zu tun zu haben, obwohl das gar nicht meine Frage war."
Nicht nur der Staatsschutz, auch die Generalstaatsanwaltschaft Litauens blieb in diesem Fall untätig. Was immerhin schon ein parlamentarisches Nachspiel zur Folge hatte, erläutert Stasys Sedbaras, Vorsitzender des Justizausschusses:
"Wir haben dem Generalstaatsanwalt einen Fragebogen vorgelegt, er muss nun erklären, warum dem Verdacht auf Pädophilie, dem Missbrauch eines kleinen Mädchens kaum nachgegangen wurde. Da war besondere Aufmerksamkeit erforderlich. Entweder hätten sofort operative Ermittlungen gegen Pädophile durchgeführt werden müssen oder, wenn die Anzeige sich als Verleumdung erwiesen hätte, hätte man die Ehre der unschuldigen Menschen wiederherstellen und den Verleumder bestrafen müssen. Die Staatsanwaltschaft reagierte aber nur gleichgültig."
Warum, liegt für viele Medien Litauens auf der Hand: Weil sich nicht nur der ermordete Richter, sondern auch andere, möglicherweise hochrangige Personen an dem Kind vergangen haben. Dass die Staatsanwaltschaft nun Ermittlungen gegen den Politiker Andrius Usas aufgenommen hat, kann ihren Ruf aber kaum aufpolieren: "Die von den Beamten verzögerten Ermittlungen schwimmen in Blut" oder "Die Schmutzflecken gehen von den Beamtenanzügen nicht weg", lauteten einige Schlagzeilen der letzten Tage. Und auch in der Bevölkerung herrscht kaum die Meinung, es mit einer unabhängigen Justiz zu tun zu haben:
"Unsere Justiz ist sehr korrupt. Das rechtfertigt nicht, den Richter umzubringen, aber trotzdem meine ich, dass mit unserer Rechtsprechung etwas passieren muss", "
sagt der 62-jährige Aldutis und der zwei Jahre jüngere Antanas, ein Deutschlehrer, meint:
""Das sind schlimme Zustände. Nicht bei der Bevölkerung, sondern bei diesen Richtern und dem ganzen Justizsystem. Die stecken alle unter einer Decke, die kennen sich vom Studium und der schlimmen Sowjetzeit, sind ehemalige Parteibonzen. Daran liegt es."
Kein ganz weit hergeholter Vorwurf, so sollen der ermordete Richter und der Generalstaatsanwalt gut befreundet gewesen sein. Dass in diesem Fall noch manche Ungeheuerlichkeit ans Tageslicht kommt, glaubt auch der Parlamentsabgeordnete Saulis Stoma:
"Die Situation ist tatsächlich unerträglich. Es ist ein offenes Geheimnis, dass unsere Justizbehörden auf ganz niedrigem Niveau arbeiten und das möglicherweise von Faktoren begünstigt wird, die absolut nicht zu tolerieren sind. Wenn nun ein Pädophilennetz in Litauen funktioniert und eigene Leute unter den Richtern und anderen Justizbeamten hat, so ist das einfach nur schrecklich."
Ebenfalls kein Vertrauensbeweis für eine unabhängige Ermittlung ist die Tatsache, dass der Staatsanwalt in der Hauptstadt Vilnius, der erst vor einer Woche mit dem Fall betraut wurde, gestern seinen Rücktritt bekannt gab: Aus persönlichen Gründen, mehr war aus ihm nicht herauszubekommen. Über den Verbleib von Drasius Kedys, der in Litauen für viele ein Held ist, wird weiter spekuliert. Die Polizei hält es nicht für ausgeschlossen, dass er ein Opfer der Mafia von Kaunas geworden ist. Die, so die Vermutung, hatte ebenfalls noch eine Rechnung mit dem Richter offen. Kedys kam ihr wie gerufen, weil er ein Motiv gehabt hat.
"Solange die Ermittlungen laufen, gibt es keine weiteren Informationen."
Sätze, die am Anfang eines Huldigungsliedes für Drasius Kedys stehen, eines 37 Jahren alten Geschäftsmannes aus Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens. Gesprochen vom Generalstaatsanwalt des Landes, Algimantas Valantinas. Sie sollen zeigen, wie verlogen und verfault die Justiz des baltischen Landes ist. Keiner weiß, ob Drasius Kedys noch lebt. Seit Anfang letzter Woche ist er verschwunden, als in Kaunas auf offener Straße ein Richter mit vier Schüssen hingerichtet wurde. Einiges spricht für Selbstjustiz, denn Kedys hatte den Richter wegen sexuellen Missbrauchs seiner sechs Jahre alten Tochter angezeigt. Er hatte der Staatsanwaltschaft angeblich belastendes Material ausgehändigt, das zudem noch an so ziemlich jeden Politiker des Landes ging, auch an den Parlamentsabgeordneten Saulius Stoma:
"Was Drasius Kedys mir und anderen geschickt hat, war schon erschütternd. Ich habe es vor fast einem Jahr erhalten und gleich daraufhin Briefe an die Generalstaatsanwaltschaft, mehrere Behörden für Kinderschutz und an das Departement für Staatsschutz geschickt mit der Bitte um Information über ein mögliches Pädophilennetz in Litauen. Die Antworten waren rein formeller Natur, ohne irgendwelche Details. Der Staatsschutz schrieb mir nur, nichts mit dem Fall Kedys zu tun zu haben, obwohl das gar nicht meine Frage war."
Nicht nur der Staatsschutz, auch die Generalstaatsanwaltschaft Litauens blieb in diesem Fall untätig. Was immerhin schon ein parlamentarisches Nachspiel zur Folge hatte, erläutert Stasys Sedbaras, Vorsitzender des Justizausschusses:
"Wir haben dem Generalstaatsanwalt einen Fragebogen vorgelegt, er muss nun erklären, warum dem Verdacht auf Pädophilie, dem Missbrauch eines kleinen Mädchens kaum nachgegangen wurde. Da war besondere Aufmerksamkeit erforderlich. Entweder hätten sofort operative Ermittlungen gegen Pädophile durchgeführt werden müssen oder, wenn die Anzeige sich als Verleumdung erwiesen hätte, hätte man die Ehre der unschuldigen Menschen wiederherstellen und den Verleumder bestrafen müssen. Die Staatsanwaltschaft reagierte aber nur gleichgültig."
Warum, liegt für viele Medien Litauens auf der Hand: Weil sich nicht nur der ermordete Richter, sondern auch andere, möglicherweise hochrangige Personen an dem Kind vergangen haben. Dass die Staatsanwaltschaft nun Ermittlungen gegen den Politiker Andrius Usas aufgenommen hat, kann ihren Ruf aber kaum aufpolieren: "Die von den Beamten verzögerten Ermittlungen schwimmen in Blut" oder "Die Schmutzflecken gehen von den Beamtenanzügen nicht weg", lauteten einige Schlagzeilen der letzten Tage. Und auch in der Bevölkerung herrscht kaum die Meinung, es mit einer unabhängigen Justiz zu tun zu haben:
"Unsere Justiz ist sehr korrupt. Das rechtfertigt nicht, den Richter umzubringen, aber trotzdem meine ich, dass mit unserer Rechtsprechung etwas passieren muss", "
sagt der 62-jährige Aldutis und der zwei Jahre jüngere Antanas, ein Deutschlehrer, meint:
""Das sind schlimme Zustände. Nicht bei der Bevölkerung, sondern bei diesen Richtern und dem ganzen Justizsystem. Die stecken alle unter einer Decke, die kennen sich vom Studium und der schlimmen Sowjetzeit, sind ehemalige Parteibonzen. Daran liegt es."
Kein ganz weit hergeholter Vorwurf, so sollen der ermordete Richter und der Generalstaatsanwalt gut befreundet gewesen sein. Dass in diesem Fall noch manche Ungeheuerlichkeit ans Tageslicht kommt, glaubt auch der Parlamentsabgeordnete Saulis Stoma:
"Die Situation ist tatsächlich unerträglich. Es ist ein offenes Geheimnis, dass unsere Justizbehörden auf ganz niedrigem Niveau arbeiten und das möglicherweise von Faktoren begünstigt wird, die absolut nicht zu tolerieren sind. Wenn nun ein Pädophilennetz in Litauen funktioniert und eigene Leute unter den Richtern und anderen Justizbeamten hat, so ist das einfach nur schrecklich."
Ebenfalls kein Vertrauensbeweis für eine unabhängige Ermittlung ist die Tatsache, dass der Staatsanwalt in der Hauptstadt Vilnius, der erst vor einer Woche mit dem Fall betraut wurde, gestern seinen Rücktritt bekannt gab: Aus persönlichen Gründen, mehr war aus ihm nicht herauszubekommen. Über den Verbleib von Drasius Kedys, der in Litauen für viele ein Held ist, wird weiter spekuliert. Die Polizei hält es nicht für ausgeschlossen, dass er ein Opfer der Mafia von Kaunas geworden ist. Die, so die Vermutung, hatte ebenfalls noch eine Rechnung mit dem Richter offen. Kedys kam ihr wie gerufen, weil er ein Motiv gehabt hat.