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Justizskandal in den USA
Todesurteile nach fehlerhaften Analysen

Jahrzehntelang haben FBI-Experten vor Gericht fehlerhafte forensische Analysen geliefert, die auch vollstreckte Todesurteile zur Folge hatten. Im Zuge dieses Justizskandals müssen möglicherweise zahlreiche Prozesse neu aufgerollt werden.

20.04.2015
    Falsche Haaranalysen sollen zu Todesurteilen geführt haben
    Falsche Haar-Analysen sollen zu Todesurteilen geführt haben (imago stock&people)
    Experten der US-Bundespolizei FBI haben nach einem Bericht der "Washington Post" jahrzehntelang fehlerhafte Haar-Analysen geliefert. Diese hätten zur Verurteilung hunderter möglicherweise unschuldiger Angeklagter seit den 70er Jahren geführt. Meist habe es sich um Mord- oder Vergewaltigungsfälle gehandelt. Die Zeitung spricht von einem der "größten forensischen Skandale" in den USA.
    Fehler begünstigten mehrheitlich die Anklage
    Dem am Sonntag veröffentlichten Zeitungsbericht zufolge, der sich auf Untersuchungen unter anderem von Anwälten bezieht, hätten mehr als 95 Prozent der bisher untersuchten 268 Fälle ergeben, dass Haar-Analysen fehlerhaft gewesen seien. Die falschen Analysen hätten jeweils die Argumente der Anklage begünstigt, hieß es weiter.
    Bei den betroffenen Verfahren habe es auch 32 Todesurteile gegeben, 14 Verurteilte seien seitdem entweder hingerichtet worden oder im Gefängnis gestorben. Unklar blieb, ob und gegebenenfalls wie viele Prozesse nun neu aufgerollt werden müssen.
    Fehlerhafte Methoden bei Haar-Analyse
    Im Einzelnen hätten die kriminaltechnischen Experten des FBI an Tatorten gefundene Haare nach fehlerhaften Methoden den Angeklagten zugeordnet. Dabei hätten sie auf zweifelhafte Statistiken zurückgegriffen. Nach diesen Methoden könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass das Haar von verschiedenen Personen wie das Haar eines einzigen Menschen erscheine. Erst die Kombination mit genaueren DNA-Tests könne Gewissheit bringen.
    Vorwurf kam bereits 2012 auf
    Die Zeitung weist darauf hin, dass es bei den betroffenen Verfahren neben den fehlerhaften forensischen Analysen möglicherweise auch andere Beweise zur Verurteilung beigetragen hätten. Angeklagte und Staatsanwaltschaften in zahlreichen Bundesstaaten seien aufgerufen worden, mögliche Berufungsverfahren zu prüfen. Vier Angeklagte seien bereits zuvor aus der Haft entlassen worden.
    Der Verdacht fehlerhafter kriminaltechnischer Analysen geht bereits seit Jahren um. Im Jahr 2012 hatte die "Washington Post" bereits darüber berichtet. Aber erst nach Untersuchungen unter anderem des National Association of Criminal Defense Lawyers (NACDL) hätten das Justizministerium und das FBI nun Fehler eingeräumt, berichtete die Zeitung am Sonntag.
    (nch/cc)