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Kaffee ohne Kinderarbeit

Fair gehandelte Produkte sind für den Verbraucher etwas teurer als herkömmliche Ware. Denn die Produzenten in den Entwicklungsländern bekommen für ihre Rohstoffe Preise über dem Weltmarktniveau. Im Gegenzug müssen sie ökologische und soziale Auflagen erfüllen. Wie sich dieser faire Handel ausbauen und verbessern lässt, darum geht es auf der Tagung "Handel fairwandeln" des Wuppertal-Instituts für Klima, Energie und Umwelt und der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin.

Von André Hatting |
    Handel fairwandelt bedeutet fairhandeln: Produktionsstandards aus Europa sollten nicht einfach zur weltweiten Norm erhoben, sondern müssen mit allen Beteiligten ausgehandelt werden. Was für den Landwirt in Deutschland richtig ist, ist es noch lange nicht für den Kaffeebauern in Kenia. Das klingt zunächst vielleicht ein wenig suspekt: Warum sollten Arbeitsschutzmaßnahmen, Mindestlöhne und Umweltauflagen aus Deutschland nicht langfristig Vorbild für die Produktion in den Dritten Welt sein? Auch für Theo Rauch, Professor am Institut für Geografie an der Freien Universität Berlin und einer der Kommentatoren dieser Tagung, war das zunächst ein Widerspruch. Aber die Arbeiten der sieben Doktoranden des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie hätten ihn letztlich überzeugt:

    "Wenn wir sehr ambitiöse ökologische oder soziale Standards setzen, geraten wir in Gefahr, ärmere Menschen, insbesondere ärmere Kleinbauern auszuschließen, die diese Standards nicht erfüllen können. Insofern macht es keinen Sinn, weltweit einheitliche Standards zu setzen. Sondern die Zukunft kann nur darin liegen, dass wir die Produzenten in den verschiedenen Ländern daran beteiligen, die Standards auszuhandeln."

    Die heute vorgestellten Doktorarbeiten des von der Heinrich-Böll-Stiftung finanzierten Promotionskollegs analysieren ganz verschiedene Aspekte eines fairen Welthandels. Eine Studie zeigt, wie die verschwenderische Wassernutzung in Dritte-Welt-Ländern für Exportfrüchte gerechte und ökologische Wasserpreise für den Haushalt der dortigen Bevölkerung verhindert. Eine andere Arbeit erklärt am Beispiel des Palmöls, wie schwierig es ist, ökologische Standards gerade in rasant wachsenden Wirtschaftszweigen wie der Biomasse zu behaupten. Die Geografin Reinhild Bode promoviert über den zweitwichtigsten Markt der Welt: Dem Handel mit Kaffee. Ihr Schwerpunkt sind die so genannten Spezialkaffees:

    "Unter Spezialkaffee versteht man ganz allgemein zum einen die verschiedenen zertifizierten Kaffees, worunter unter anderem Fair Trade fällt, aber auch organisch zertifizierte Kaffees, Rain Forest Alliance zertifizierte Kaffees usw. Da gibt es sehr verschiedene Standards. Und aber auch qualitativ hochwertigen Kaffee. Denn wenn die Qualität nicht stimmt, dann stimmt auch der Preis nicht. Der Vorteil von Qualitätskaffee ist, dass er insgesamt höhere und stabilere Preisprämien für die Produzenten bringt."

    Das geschieht natürlich nicht von ganz allein. Hier kommt wieder das Leitmotiv der Tagung zum Vorschein: Preisprämien für die Kaffeebohne müssen verhandelt werden. Zwischen Bauern, Röster, Vertrieb und Verkäufer:

    "Das ist leider nicht immer der Fall. Eigentlich ist Fair Trade der einzige Standard, der Mindestpreise gewährleistet und eine feste Preisprämie hat. Beim organischen Anbau gibt es das auch. Aber bei den meisten anderen Labels und vor allem bei den vielen aus den Boden sprießenden unternehmenseigenen Codes of Conduct ist es überhaupt nicht sicher, welche Preisprämie, wenn überhaupt, die Produzenten bekommen."

    Das findet zwar auch Professor Theo Rauch von der FU bedauerlich. Letztlich aber ist nach Meinung des Wissenschaftlers die Wirksamkeit eines fairen Handels für die betroffenen Menschen in den ärmeren Ländern vor allem eine Frage der Quantität – und nicht nur der Qualität:

    "Wir müssen vermeiden, dass Fair Trade und Öko Trade kleine Nischen bleiben. Wir tun auch der Ökologie keinen Gefallen, wenn wir bei 5 Prozent des Marktes eine hundertprozentige Reduktion von Umweltschäden haben. Es ist sehr viel besser, wenn wir für 30, 40 oder 50 Prozent des Marktes eine Reduzierung der Umweltschäden um 30 oder 40 Prozent haben. Das ergibt mathematisch einen sehr viel besseren Umwelteffekt."