Die Segel überdachen auch die zehn Musiker des Ensembles Ictus - zwei Streicher und zwei Keyboarder, den Gitarristen sowie fünf Bläser, deren Klang-Aktionen eigenhändig vom Komponisten noch so manches akustische Material beigemengt wird.
"Avis de tempête" heißt wörtlich "Sturmwarnung". Man könnte es hier auch interpretieren als "Angesichts des Sturms" oder "Sturm im Verzug", als "Alle Wetter" oder sogar "Sturm im Wasserglas". In der frei durch Texte von Franz Kafka, Herman Melville, Charles Baudelaire, Shakespeare und Victor Hugo schweifenden Vorlage für die Rezitationen und Gesangs-Partikel geht es um den "Sturm in den Gehirnen, in den Texten, in den Musiken zwischen Instrumenten" (nicht anderes als bereits bei der 1996 in Strasbourg uraufgeführten Oper "Tristes tropiques", die Georges Aperghis nach einem Buch von Claude Lévi-Strauss komponierte und in der das Eindringen der Anthropologie in fremde Kulturen, die Probleme von deren Decodierung und Zerstörung durch Kolonialismus reflektiert wurden. Bei "Avis de tempête" liegt eine vergleichbare Grenzüberschreitung vor.) Alles verwirbelt sich: Stimmen, elektronischen Töne, die abwechselnd wie eine große Atmung erscheinen, drohen und verlöschen." Wasserfluten und Feuerschein: von all dem "erzählt" das multimediale Geschehen, diese Kombination von moderatem "Bildersturm" und inwendig dramatischer "Musikstürme": von Störungen und eben vom Auslöschen.
Auch dieses Projekt begreift sich, wie so manches verwandte, als "eine unaufhörlich neu begonnene Geschichte. Der Körper der Aufführung wird durch innere Unruhen misshandelt." Auch durch unbewegliche Stürme. Eine Art Neuheit unseres Jahrhunderts, wie der Komponist versichert: "Vertikale Stürme - fast ruhig - viel unheimlicher als die Donnerschläge auf dem Land." Und das Ende ist nichts als ein neuer Anfang.