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Kali-Abbau in Hessen
Aufklärung über Schwermetallbelastung gefordert

Recherchen des Hessischen Rundfunks haben ein neues Ausmaß der Schwermetallbelastung im Werratal aufgedeckt: Von einer Fläche mit Bergbaurückständen an der thüringisch-hessischen Grenze aus versickern Abwässer, durch die Schwermetalle weit über den zugelassenen Höchstwerten ins Erdreich gelangen.

Von Ludger Fittkau | 27.09.2016
    Am anderen Ufer der Werra ist am 25.02.2015 die Abraumhalde und das K+S-Verbundwerk Werra Standort Wintershall in Heringen (Hessen) zu sehen.
    Am Ufer der Werra ist die Abraumhalde und das K+S-Verbundwerk Werra Standort Wintershall in Heringen (Hessen) zu sehen. (dpa / picture alliance / Uwe Zucchi)
    Es geht um die mehr als 100 Meter hohe und 82 Hektar Fläche umfassende Abraumhalde Hattdorf an der thüringisch-hessischen Grenze. Von dieser offenen Halde mit Bergbaurückständen werden salzhaltige Laugen in den Boden gespült. Dass diese Abwässer Trinkwasserquellen unterhalb der Halde versalzen, ist in der Region seit langem bekannt. Dass aber durch das Einsickern der Haldenabwässer im Boden auch Schwermetalle weit über den zugelassenen Höchstwerten durch die Quellen in die Bäche gelangen, ist für Roland Ernst neu. Er ist Bürgermeister von Unterbreizbach, eine der betroffenen Gemeinden auf der thüringischen Seite der Halde: "Ärgern tut es mich dahingehend, weil es seit Jahren schon bekannt ist, das die salzhaltigen Wässer in den Quellwässern drin sind. Ich frage mich eigentlich seit langem, seit wann eigentlich diese Schwermetalle vorhanden sind. Da ist mir noch keine Antwort gegeben worden, seit wann das bekannt ist."

    Der Kasseler Bergbaukonzern K+S, der den Salzabbau in der Region betreibt, kennt die Probleme mit Schwermetallen etwa im Quellwasser der Gemeinde Unterbreizbach bereits seit fünf Jahren. Doch das Ausmaß der Belastung werde erst langsam klar, so Konzernsprecher Ulrich Göbel im Hessischen Rundfunk:

    "Die erste Beprobung mit Hinweisen auf erhöhte Schwermetallwerte hatten wir in 2011 bei der routinemäßigen Beprobung von Quellen. Zum damaligen Zeitpunkt haben weder die Behörden in Thüringen noch wir Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Zusammenhänge so sind, wie sie sich jetzt darstellen. Das hat sich erst im Laufe der Zeit mit der Verdichtung des Messstellennetzes herausgestellt."
    Neues Ausmaß der Belastung in Hessen und Thüringen
    Inzwischen ist auch klar: Nicht nur auf der thüringischen Seite am Fuße der Halde ist die Schwermetallbelastung durch die Bergbaufolgen wohl weitaus höher als erlaubt. Auch Hessen ist betroffen. Das Umweltministerium müsse die Vorgänge vollständig aufklären und "soweit erforderlich sofort Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt erlassen". Das fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland, BUND. Thomas Norgall, hessischer Naturschutzreferent des Verbandes:
    "Wir haben die Forderung, dass das Umweltministerium erst einmal erklären muss, was da nun der Sachverhalt erst einmal genau ist. Also: Welche Fläche ist kontaminiert, welche Stoffe sind da mit welchen Gehalten? Welche Risiken gehen davon aus, wohin fließt das Grundwasser, das kontaminiert ist? Und dann natürlich auch, was gibt es für Vorstellungen, um die ganze Sache zu beenden? Weil es kann ja nicht sein, dass einfach immer weiter Schwermetalle im Grundwasser rum schweben."
    Ursachensuche für Kontamination läuft
    Die hessische Umweltministerin Priska Hinz von den Grünen will nicht im Interview mit dem Deutschlandfunk Stellung nehmen. Schriftlich lässt sie mitteilen, dass "aus derzeitigem Kenntnisstand" keine Gefährdung für die hessische Seite der Halde bestehe. Denn das Grundwasser trete nicht zu Tage, sondern ströme über tiefere Gesteinsschichten Richtung Werra ab. Eine "nachteilige Beeinflussung der Werra" sei hieraus bisher nicht festgestellt worden.
    Roland Ernst, der Bürgermeister der von der Schwermetallbelastung betroffenen Gemeinde Unterbreizbach hofft, dass nun schnell Wege gefunden werden, die Ursachen der Kontamination abzustellen. Doch wie das gelingen soll, weiß bis heute niemand. Der Kalibergbau entpuppt sich erneut als eine große Umweltbelastung für das Werratal.