"Mein Campus - Studieren in Fernost." Vor ein paar Jahren war die Kampagne noch in aller Munde. Heute ist sie bei den Studierenden so gut wie unbekannt.
"Ich find den Titel ganz witzig", sagt Janis, 22. Er kommt aus Berlin und studiert in Stendal an der Hochschule Magdeburg-Stendal Rehabilitationspsychologie. Auch die dort studierende 27-jährige Eva aus Karlsruhe hat noch nie was von der Kampagne "Studieren in Fernost" gehört.
"Ist ein bisschen irreführend. Ich dachte es geht um einen anderen Osten." – "Nee, es geht um Ostdeutschland." – "Das habe ich jetzt auch verstanden." – "Muss man für den Standort Ostdeutschland Werbung machen?" – "Ich glaube nicht mehr, nein."
Die Kampagne begann 2008 mit einem Auftakt-Film, der lediglich im Internet zu sehen war. Er wurde von vielen als etwas krawallig empfunden. Darin machen sich zwei asiatische Reporter namens Gang und Dong auf den Weg durch Ostdeutschland. Herausgekommen sind schrille Eindrücke aus dem eben fernen, aber attraktiven Osten. Die Idee einer großen – mittlerweile insolventen - Hamburger Werbe-Agentur.
Insgesamt hat die Kampagne knapp 22 Millionen Euro gekostet. Gut investiertes Geld aus Sicht der ostdeutschen Hochschulen und Kommunen. So ist nach Angaben der Initiatoren die Zahl westdeutscher Abiturienten an ostdeutschen Hochschulen innerhalb von sieben Jahren von etwa 11.000 auf rund 16.200 angestiegen.
Angenehme Lebensbedingungen und niedrigere Mieten
"Diese ganze Kampagne, die ja eingebettet war in den Hochschulpakt, war ja wie ein zweiter Länderfinanzausgleich beziehungsweise Solidarsystem für ostdeutsche Hochschulen gewesen", sagt Marco Tullner. Historiker und Staatssekretär im Magdeburger Wissenschaftsministerium. "Im Westen gab es mehr Studienbewerber als Plätze, im Osten war es umgekehrt. Anstatt im Westen noch mehr aufzubauen und im Osten stärker abzubauen hat man ein Ausgleichsmechanismus gefunden. Und das hat wunderbar funktioniert."
43 ostdeutsche Hochschulstandorte haben sich beteiligt. Neben dem Studiengang, so die Ergebnisse einer Evaluationsstudie, war für westdeutsche Studierende vor allen Dingen die sogenannte Wohlfühlatmosphäre wichtig. Also vor allem angenehme Lebensbedingungen am Hochschulort und – für viele ausschlaggebend – deutlich niedrigere Mietpreise. Armin Willingmann - Rektor der Hochschule Harz und Vorsitzender der Hochschulrektorenkonferenz in Sachsen-Anhalt – nennt die Kampagne Studieren in Fernost eine Art Kennlernprojekt Deutsche Einheit. "Weil sie an vielen Stellen in Westdeutschland, nicht nur bei Schülerinnen und Schüler, darauf aufmerksam gemacht hat, dass man in Ostdeutschland gut studieren und gut leben kann. Nach wie vor gibt es immer noch einen nicht unerheblichen Teil westdeutscher Mitbürger, die den Osten überhaupt nicht kennen."
Sachsen-Anhalt will weiter werben
Nachhaltig sei die Kampagne oft nicht gewesen, ergänzt Rektor Willingmann. Da ein beträchtlicher Teil der großen Unternehmen im Westen liegen, kehrten viele Absolventen nach dem Studium wieder in den Westen zurück. "Die Hochschulen sind da am wenigsten dafür verantwortlich, dass die jungen Menschen ihr berufliches Glück nicht bei uns versuchen. Da muss die Politik Rahmenbedingungen setzen, da muss aber auch die Wirtschaft attraktive Arbeitsplätze schaffen, die es ermöglichen, dass junge Menschen sagen, ich arbeite auch – beispielsweise – in Sachsen-Anhalt."
Die Kampagne "Mein Campus - Studieren in Fernost" hat aber auch Hochschul-Standorte wie Ilmenau, Köthen oder Wismar internationaler gemacht. Denn es kamen nicht nur junge Menschen aus den alten Bundesländern, sondern zunehmend sind auch Studierende aus dem Ausland auf ostdeutsche Studienorte aufmerksam geworden, sagt CDU-Staatssekretär Tullner, der die Kampagne mit verantwortet hat.
Auch wenn jetzt kein Geld mehr aus dem Bundesetat fließt – in einigen der fünf neuen Länder will man weiter für ostdeutsche Unis werben. Sachsen-Anhalt beispielsweise legt demnächst eine neue Kampagne auf. Noch mal Armin Willingmann von der Hochschule Harz in Wernigerode. "Die demografische Entwicklung in Ostdeutschland ist ja nach wie vor so, dass wir mit eigenen Landeskindern die Hochschulen nicht füllen können. Und deshalb ist es gut, dass weiterhin eine Kampagne aufgesetzt wird wie hier in Sachsen-Anhalt. Unter dem Titel 'Platz für dein Talent', soll es uns auch in Zukunft sicherstellen, dass an den sieben staatlich finanzierten Hochschulen der Anteil an westdeutschen Studierenden weiter wächst."