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Kampf gegen Drogen- und Waffenschmuggel

Die Grenze zwischen Afghanistan und Tadschikistan ist lang und schwer kontrollierbar. Mit internationaler Hilfe hat Tadschikistan in den vergangenen Jahren massiv aufgerüstet, um den Drogen- und Waffenschmuggel einzudämmen. Doch auch die Gegenseite setzt immer bessere Technik ein.

Von Christina Nagel | 03.08.2013
    Auf dem Markt in Karadum herrscht trotz 50 Grad im Schatten reges Treiben. Kreuz und quer gespannte Tücher schützen vor der sengenden Sonne. Berge von Melonen säumen die schmalen Wege zwischen den Ständen. Frauen in bunten Gewändern hocken auf Obstkisten und bieten Tomaten, Weintrauben und Aprikosen feil. Auf der Straße werden Geschäfte mit Holzlatten und Zement gemacht.

    Klein-Afghanistan, lacht der Sprecher der tadschikischen Grenztruppen, Kuschmuda Rachmatulajew. Seit sich die Lage im Nachbarland stabilisiert habe, kämen deutlich mehr Händler in das tadschikische Dorf unweit der Grenze.

    "Es werden viele Waren aus Afghanistan und Pakistan hierher gebracht, pakistanischer Zement zum Beispiel, Kartoffeln oder auch Bananen. Für die Händler ist es mittlerweile lukrativ geworden, Waren herzubringen und andere Dinge wieder zu exportieren."

    Angekurbelt wird der kleine Grenzverkehr durch internationale Hilfe. Tadschikistan selbst kann sich große Infrastrukturprojekte nicht leisten. Das Land gilt als das Ärmste Zentralasiens. Die Industrie ist zusammengebrochen, nur sieben Prozent der Fläche des Landes sind für Landwirtschaft geeignet.

    Die Japaner haben die Straße, die durch das Dorf Karadum zur Grenze führt, komplett neu asphaltiert. Die Amerikaner eine Brücke über den Grenzfluss Pjandsch gebaut.

    "Bis 2007, bis zur Fertigstellung der Brücke, gab es hier nur eine Fähre, die maximal drei oder vier Mal pro Tag verkehrte. Das war alles ziemlich teuer, weil man dem Fährmann viel Geld zahlen musste."

    Erst die letzte Kuppe der kargen Bergwelt direkt vor der Grenze gibt den Blick frei auf den mächtigen Fluss Pjandsch. Afghanistan liegt im Dunst. Links von der Straße beginnt die Grenzzone, gesichert von einem Schlagbaum und bewaffneten Soldaten. Fußgänger, die über die Grenze wollen, werden von hier aus mit Minibussen weitertransportiert. Erst zum Kontrollpunkt, später dann aber auch über die Brücke zur anderen Seite.

    Der Kontrollpunkt selbst - eine einfache, aber gut klimatisierte Baracke. Gleich hinter dem Eingang nimmt eine Gesundheitsbeamtin die Grenzgänger in Empfang. Durchschnittlich 70 Personen pro Tag. Außer an Freitagen, da schließt die afghanische Seite ihren Grenzübergang aus religiösen Gründen.

    Einen einfachen Holztisch weiter wartet der Zollbeamte, der nach wie vor alles per Hand in ein großes Buch schreibt. Dann kommt die eigentlich Passkontrolle - und auf die ist Major Rachimow besonders stolz:

    "Hier ist alles elektronisch. Wir können alles prüfen, kontrollieren, ob Haftbefehle vorliegen. Wir haben Zugriff auf die entsprechenden Datenbanken. Wenn alles okay ist, gibt es einen Ausreisestempel und das war es."

    Am Ende der Baracke wartet bereits der nächste Minibus. Ein weiterer Schlagbaum, bewaffnete Grenzsoldaten, die in der prallen Sonne am Brückenkopf patrouillieren, dann die weiße Brücke über den Pjandsch.

    Genau in der Mitte, zwischen zwei Versatzstücken verläuft die Grenze. Major Rachimow lehnt sich entspannt ans Brückengeländer. Das Verhältnis zwischen den Afghanen und den Tadschiken sei mittlerweile sehr gut, resümiert er. Jetzt, wo kaum noch geschossen werde.

    "Die Situation stabilisiert sich. Es geht bei den Afghanen wirtschaftlich aufwärts, es wird besser. Selbst ihre Einstellung hat sich verändert. Am Anfang waren sie, grob gesagt, ziemlich wild. Was die Kleidung anging. Den Umgang. Und jetzt - sehen Sie, all die Neubauten, es wendet sich alles zum Besseren."

    Die afghanischen Kollegen seien genauso gut ausgestattet wie sie, sagt der Major. Es gebe regelmäßige Treffen, viel Austausch, sogar gemeinsame Schulungen. Schließlich würden sie gegen dieselben Feinde kämpfen - Drogen- und Waffenschmuggler, Terroristen.

    Noch vor einigen Jahren wurde die Brücke im Volksmund Heroinbrücke genannt. Damit sei seit der Modernisierung des Grenzpostens Schluss, sagt der Major. Der Stolz der Grenztruppe steht mitten auf dem Gelände - ein Nacktscanner für LKW, finanziert von den Amerikanern. Ein schlichtes Gebäude, das an eine Waschstraße erinnert, aber mit modernster Technik ausgestattet ist.

    Kaum steht der LKW, erscheint auf den Monitoren im blauen Überwachungscontainer das Lkw-Skelett. Wenn etwas in den Reifen versteckt ist, ist dies ebenso gut zu erkennen, wie zuletzt die Schmuggelware unter Kartoffelsäcken. Zwischenfälle gebe es immer mal wieder, meint der Major achselzuckend:

    "Wir haben bei einem Tadschiken Drogen in seinen Turnschuhen gefunden. Vor Kurzem haben wir auch mal fünf Kilogramm Haschisch sichergestellt. Das Gros wird aber über die grüne, unzugängliche Grenze geschmuggelt, über Bergpfade, die sich schlecht schützen lassen."

    Aber auch dort rüstet Tadschikistan auf. Technisch, logistisch, personell. Mithilfe der 1999 gegründeten staatlichen Anti-Drogen-Agentur. Sie gelte als eines der effektivsten Projekte der Vereinten Nationen im Kampf gegen Drogenschmuggel, sagt Direktor Rustam Nazarow nicht ohne Stolz. Allein im ersten Halbjahr seien an der mehr als 1300 Kilometer langen tadschikisch-afghanischen Grenze über 3,5 Tonnen Drogen aus dem Nachbarland sichergestellt worden. Auch die enge Zusammenarbeit mit den Afghanen zahle sich aus:

    "Im Norden Afghanistans konnten mehr als 40 Drogenlabore zerstört werden. Es wurden rund 200 Personen, tadschikischer und afghanischer Herkunft, festgenommen, die mit dem Drogenhandel zu tun haben. Außerdem wurden in Afghanistan mit unserer Hilfe große Mengen Waffen und Sprengstoff sichergestellt. Drogen und Terror sind in unserer Region eng miteinander verflochten."

    Entsprechend groß sind die Sorgen mit Blick auf das kommende Jahr. Auf den Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan und die Präsidentschaftswahl im Nachbarland. Die Drogenbarone, sagt Nazarow, rüsteten sich bereits. Sie seien wie alle mafiösen Strukturen sehr gut vernetzt und verfügten über extrem viel Geld.

    Gute Moral, das weiß man auch in Nischnij Pjandsch, ist deshalb umso wichtiger. Stolz demonstriert Major Rachimow die Baracken der Grenzsoldaten. Alles würde funktionieren. Aus jedem Wasserhahn komme auch tatsächlich Wasser.

    Und sie hätten zudem einen besonderen Luxus - Duschen für jeden Tag.