Die Elfenbeinküste gehört zu den weltweit größten Anbaugebieten für Kakao. Überall auf den Plantagen arbeiten Kinder. Viele von ihnen stammen aus den Nachbarstaaten. Mit dem Versprechen, gutes Geld zu verdienen, werden die meist 10- bis 14-jährigen Jungen von den Menschenhändlern aus den Familien gelockt. Diese Familien sind oft so arm, dass sie jedes Einkommen gebrauchen können. Sind die Kinder erst einmal auf den Plantagen, werden sie als Arbeitssklaven eingesetzt. Als solche sind sie meist gar nicht zu erkennen, sagt Fuzz Kitto, der australische Aktivist von "Stop the Traffik", einer weltweiten Organisation gegen Sklaverei und Menschenhandel:
"Es ist nicht einfach, Sklaverei zu erkennen. Sklaven haben keine spezielle Arbeitskleidung, sie gehen ja auch nicht in Ketten. Das läuft alles viel verdeckter ab."
"Irgendjemand muss die Ernte einbringen"
Die Kindersklaven auf den Kakaoplantagen schuften bis zu 12 Stunden täglich. Sie schlagen die großen, schweren Früchte mit den Kakaobohnen von den Bäumen und schleppen sie zu den Sammelstellen. Vom versprochenen Lohn sehen sie meist nichts. Oft liegen die Kakaoanbaugebiete in abgelegenen Regionen - Kontrollen der Regierung gibt es hier nur selten, für flächendeckende Überprüfungen fehlen Geld und Ressourcen.
In Ghana, neben der Elfenbeinküste das zweitgrößte Kakaoanbaugebiet in Westafrika, ist zwar die Sklaverei kein Thema mehr, aber auch hier arbeiten überall auf den Kakaoplantagen Kinder. Manche, bevor sie morgens zur Schule gehen und am Nachmittag nach der Schule. Andere gehen überhaupt nicht in die Schule, sondern helfen den ganzen Tag auf den Plantagen. Schätzungen zufolge arbeiten auf Westafrikas Kakaoplantagen 2,2 Millionen Kinder.
"Mir hat vor ein paar Monaten eine Kakao-Bäuerin aus der Elfenbeinküste gesagt, ich kann das Gerede über Kinderarbeit nicht mehr hören. Wie soll ich Kinderarbeit vermeiden, wenn der Kakaopreis so niedrig ist? Ich kann keine Erntehelfer bezahlen, also müssen die Kinder mir helfen, denn irgendjemand muss die Ernte einbringen."
Auch Fairtrade ist nicht fair
Johannes Schorling ist Referent beim Netzwerk INKOTA, das sich für bessere Arbeitsbedingungen im Kakaoanbau einsetzt. Die Kakaobauern könnten sich aufgrund ihrer Armut keine erwachsenen Erntehelfer leisten, die sie bezahlen müssten. Wer Kinderarbeit beenden wolle, müsse den Bauern existenzsichernde Einkommen garantieren. Durchschnittlich etwa 6 Cent von einer Tafel Schokolade, so haben NGOs berechnet, bekommen Kakaobauern für ihre Arbeit. Um ein menschenwürdiges Leben zu führen, brauchen sie das Dreifache. Viele Verbraucher würden diese Differenz von 12 Cent gerne zahlen, so Johannes Schorling, wenn sie sicher sein könnten, dass das Geld auch wirklich den Bauern zugutekommt.
"Die Chance ist am größten, dass das Geld auch tatsächlich bei den Bauern ankommt, wenn es zum Beispiel in Form von Prämien direkt an die Bauern gezahlt wird, sodass es nicht einmal durch die Wertschöpfungskette gereicht wird und jeder sich von der Marge etwas abschneidet."
So wie das beim fairen Handel der Fall ist. Aber auch Fairtrade ist zurzeit nicht wirklich fair, denn der Kakaopreis auf dem Weltmarkt ist seit Ende 2016 so niedrig, dass nicht einmal eine zusätzliche Prämie den Bauern hilft. Und der Weltmarktpreis für Kakao ist von vielen Faktoren abhängig. Die NGOs sehen vor allem auch die Schokoladenindustrie in der Pflicht. Johannes Schorling sagt:
"Die Unternehmen müssen stärkere Kontrollmechanismen aufbauen, um Kinderarbeit in ihrer Wertschöpfungskette zu vermeiden. Sie müssen stärker als bisher menschenrechtliche Risiken in der Lieferkette identifizieren und auch Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass es zu Kinderarbeit kommt."
"Mehr und mehr Leute wissen Bescheid"
Noch setzt die Politik auf Eigeninitiative und Freiwilligkeit der Unternehmen.
"Was das Thema 'menschliche Sorgfaltspflicht' angeht, ist es bisher so, dass die Große Koalition nur sagt, 2020 werden wir eventuell ein Gesetz erlassen, wenn die Unternehmen bis dahin nicht freiwillig menschliche Sorgfaltspflicht eingeführt haben."
Auf der Weltkakaokonferenz in Berlin haben die NGOs beschlossen, diese freiwilligen Maßnahmen der Unternehmen genau zu beobachten. Johannes Schorling setzt aber vor allem auf das Engagement der Verbraucher. Nur wenn sie Druck auf die Unternehmen ausüben, würde sich was verändern. Der australische Aktivist Fuzz Kitto ergänzt:
"In dieser Hinsicht sind die Unternehmen sehr empfindlich. Mehr und mehr Leute wissen wirklich Bescheid, was im Kakaoanbau los ist. Wenn die Schokoladenindustrie weiterhin nichts gegen die Kinderarbeit unternimmt, wird sie damit ihr Image schwer beschädigen."