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Kampf um die Elite-Universität

Am Freitag gibt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bekannt, welche Hochschulen als Sieger aus der ersten Runde der bundesweiten "Exzellenzinitiative" hervorgehen. Währendessen hat die zweite Auflage des Wettbewerbs an den Universitäten schon begonnen. Experten warnen aber davor, das Ranking-Denken zu übertreiben.

Von Ludger Fittkau |
    "Natürlich ist an der TU Darmstadt auch noch eine kribbelige Atmosphäre zu spüren. Wir warten auch auf das Ergebnis dieser ersten Runde, weil wir noch zwei Cluster im Rennen haben, also ganz unbelastet gehen wir jetzt nicht in diese Entscheidung."

    Dennoch verspürt Jörg Feuck, der Pressesprecher der TU Darmstadt, zurzeit in Sachen Exzellenzinitiative einen deutlich geringeren öffentlichen Druck als vor einem Jahr. Damals, als die erste Vorauswahl der Favoriten für den Titel "deutsche Exzellenzuniversität" lief, lagen bei vielen in der südhessischen Uni die Nerven blank. Begleitet von einem großen Medienrummel war die Hochschule im Vorfeld der ersten Entscheidung zu einer von zehn Favoriten-Unis stilisiert worden. Als sie nicht zu den ersten Gewinnern gehörte, war die Enttäuschung in Darmstadt entsprechend groß.

    Der Exzellenzstress an den Unis ist für Jürgen Kaube, den Hochschulexperten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, auch auf die Massenmedien zurückzuführen. Seine These: Die Medien tragen maßgeblich dazu bei, die Hochschulen in einen Wettbewerb zu treiben, der einer guten Forschung und Lehre nicht immer dienlich sei:

    "Das müssten sich manche Medien wirklich stärker überlegen, ob das Bedürfnis, zwischen Siegern und Verlierern zu unterscheiden, das man so aus dem Sport kennt oder aus den Wahlen, ob man das praktisch blind gegenüber der Sache einfach durchziehen möchte, nur weil es irgendwie eine gute Schlagzeile ist, das man sagt: Sieger ist, obwohl es eben oft gar keine Sachinformationen über zum Beispiel so eine Bildungsanstalt enthält, eine solche Siegeraussage."

    Eine solche Siegeraussage wird es morgen wieder geben, wenn das Ergebnis der ersten Runde der Exzellenzinitiative bekannt gegeben wird. Doch fast unbemerkt von der überregionalen Öffentlichkeit ist inzwischen die zweite Phase des Exzellenzprogramms auf den Weg gebracht worden. Das Desinteresse der Medien am Fortgang des Hochschulwettbewerbs wundert den Darmstädter TU-Sprecher Jörg Feuck - einen früherer Zeitungsredakteur - nicht:

    "Das hat damit zu tun, dass dieser Wettbewerb sehr kompliziert einer Öffentlichkeit zu vermitteln ist, das es zwei Verfahren gibt, die unabhängig voneinander laufen. Also diese so genannten zwei Spiele. Das die zwei Spiele auch zwei Halbzeiten haben, das es unterschiedliche Hürden mit Voranträgen, Skizzen et cetera zu überwinden galt, dass dann Vollanträge gestellt wurden, das mehrere Gutachter-Panels im Spiel waren, all das war natürlich schwer nach außen zu vermitteln."

    Dies hat womöglich auch eine gute Seite - folgt man der Argumentation Jürgen Kaubes von der FAZ. Die Tatsache, dass in der zweiten Runde der Exzellenzinitiative etwa ein Fünftel weniger Anträge gestellt wurden als im letzten Jahr, erklärt sich der Hochschul-Experte so:

    "Ich denke, dass an manchen Hochschulen die erste Runde den Effekt hatte, dass sie gemerkt haben, dass ihre Chancen nicht besonders groß sind und das die Mühe, die man sich machen muss, in einem solchen Verfahren eben im Vergleich dazu relativ groß ist.

    Und da mögen sich manche dann einfach entnervt haben zurückfallen lassen in ihre Stühle und haben sich gesagt: Wir machen jetzt einfach weiter normale Universität, so wie wir eben sind, nach unseren Möglichkeiten, aber wir verzichten auf das Geld, das ja nun so ungeheuer viel auch wieder nicht ist. Wenn man es mal in Vergleich zu dem setzt, was die Spitzenuniversitäten, an denen man sich orientieren möchte, Amerikanischer, Französischer, Schweizer oder Englischer Art so an Kapital zur Verfügung haben."

    Für die Universitäten, die sich auch in der zweiten Runde dem Wettbewerb stellen, war der Kraftaufwand enorm. Das kann auch Jörg Feuck von der TU Darmstadt nur bestätigen. Dennoch habe die Exzellenzinitiative das "Wir-Gefühl" an der Uni gestärkt, so Feuck:

    "Es war eine sehr anstrengende Phase, sie bedurfte auch sehr viel Abstimmung. Nichtsdestotrotz hat diese Stimmung, diese Aufbruchstimmung eigentlich bis heute angehalten. "

    Das ist ein Effekt, den Jürgen Kaube im Einzelfall nicht bestreiten würde. Doch der renommierte Hochschul-Fachmann der Frankfurter Allgemeinen glaubt, dass das Wettbewerbs- und Ranking-Denken in den Universitäten nicht übertrieben werden sollte:

    "Das Bedürfnis zu sagen, wer der erste ist und wer der siebte ist, die Klage darüber, das man nur Nummer 51 ist in der Welt, mit der ersten deutschen Universität auf der berühmten asiatischen Liste, das ist meiner Ansicht nach nur etwas, was Funktionären einleuchtet.

    Also Wissenschaftspolitikern, die dann etwas sagen können, so wie bei Pisa: Wir haben einen Rang verbessert oder so etwa so der den Funktionären in den Hochschulen selber, die Hochschulverwaltungen, die Rektorenkonferenz, die Präsidenten der Hochschule. Für den normalen Wissenschaftler ist das völlig evident, dass eine Hochschule als Ganze zu beurteilen, sowieso ganz schwierig ist. Natürlich gibt es auch an amerikanischen Spitzenuniversitäten Fachbereiche, die ganz normal sind und welche, die herausragend sind."