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Kampf um EU-weiten Schutz von personenbezogenen Daten

In Bremerhaven diskutiert die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder gerade, wie das unkontrollierte Sammeln von personenbezogenen Daten verhindert werden kann. Denn eine geplante EU-Verordnung könnte hier die hohen deutschen Standards abschwächen.

Von Mario Neumann | 14.03.2013
    Größtes Thema ist die EU-Datenschutzverordnung. Entsprechende Entwürfe treiben den deutschen Fachleuten Sorgenfalten auf die Stirn. Denn was da letztendlich verabschiedet wird, ist dann verbindlich, sagt die Bremer Landesdatenschutzbeauftragte Imke Sommer.

    "Dieses Regelwerk, was sie da verabschieden wollen, soll direkt in ganz Europa gelten. Das heißt, es gibt keine Umsetzungsbefugnis der Mitgliedsstaaten mehr, sondern das soll direkt gelten. Da hat die Kommission eben diese Verordnung vorgelegt und das ist, die wird immer Datenschutzgrundverordnung genannt, in Wirklichkeit ist das aber eine Verordnung über den Datenschutz und den freien Datenverkehr."

    Je nachdem, was in dieser Verordnung nachher drin steht, könnte sie für die Menschen in Deutschland weniger Schutz der eigenen Daten bedeuten.

    "Deswegen fordern wir gerne eine Verordnung, aber es muss ein Mindestdatenschutzniveau sozusagen formuliert sein, über das die Mitgliedsstaaten noch hinausgehen können."

    Die Lobby des freien Datenverkehrs rüttelt tüchtig an den Grundfesten des Datenschutzes, so Sommer weiter. Nicht ohne Erfolg.

    "Für den freien Datenverkehr ist viel verbessert worden in der Diskussion. Und jetzt muss es aber um den Datenschutz gehen. Jetzt muss es darum gehen, dass, von dem federführenden Berichterstatter, das ist Jan Philipp Albrecht, gute Vorschläge gemacht wurden. Dass das wirklich dann auch Verordnungswirklichkeit wird. Und dass andere Vorschläge aus anderen Ausschüssen, wo wir eben gehört haben, die sind zum Teil sozusagen wortgleich mit irgendwelchen Papieren von Lobbyisten von Amazon und eBay beispielsweise, dass die eben nicht Gesetz werden."

    Zentraler Punkt ist der Umgang mit personenbezogenen Daten, sagt der Bremer Rechtsanwalt Felix Hudy. Und die Frage, was Unternehmen damit anstellen können.

    "Es kommt oft vor, dass Menschen zu mir kommen und juristischen Rat brauchen, weil eben Daten zum Teil leichtfertig, gerade im Internet, preisgegeben werden und es dadurch zu gravierenden Problemen kommen kann. Dank der Gesetzeslage, die wir in Deutschland zurzeit haben, ist es in den meisten Fällen möglich, erfolgreiche Lösungen dieser Probleme zu erzielen."

    Eine verbindliche EU-Verordnung für Datenschutz, die die bisherige Richtlinie ersetzt, hält Anwalt Hudy aber trotzdem für unabdingbar.

    "Weil sonst beispielsweise Unternehmen, die viel mit personenbezogenen Daten arbeiten und diese Daten auch für Geschäftsmodelle nutzen, sich unter Umständen das Land mit dem niedrigsten Standard als Sitz heraussuchen. Und es ist auf jeden Fall sehr schwierig, Rechte dort geltend zu machen, wenn man in Deutschland betroffen ist."

    Warum Imke Sommer das Thema so am Herzen liegt, macht die Datenschützerin des Landes Bremen an einem Beispiel deutlich: Ein Landwirt notiert sich auf einer Liste, wer bei ihm welches Fleisch kauft.

    "Wo also sozusagen daraus hervorgehen könnte, ich interessiere mich nicht für Schweinefleisch, aber viel für Rindfleisch. Kombiniert mit anderen Daten kann das eben Polizeibehörden wohlmöglich dazu bringen, dass ich eben eine bin, die dem islamischen Terrorismus sozusagen zuneigt. Das ist eben einfach alles, das scheint so banal, das sind alles so kleine Daten. Welche Brötchen nehme ich, welches Fleisch esse ich? Aber das kann in einem anderen Kontext ganz, ganz wesentliche Bedeutung erhalten."

    Deswegen stellen sich die 17 Datenschützer aus Bund und Ländern dem Kampf gegen die Datenwirtschaft.

    "Es geht eben jetzt darum, der riesigen Lobby für den freien Datenverkehr und für niedrige Datenschutzstandards jetzt ein bisschen hier in Bremerhaven was entgegenzusetzen."
    Außerdem geht es bei dem zweitägigen Treffen um die Datenerfassung bei krebskranken Menschen und um den Umgang von Behörden mit sozialen Netzwerken im Internet.