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Kanadisches Parlament billigt Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz

Gleich zwei neue Meldungen gibt es zum Klimaschutz-Protokoll von Kyoto. Zum einen hat die neuseeländische Regierung den Vertrag zur Verringerung von Treibhausgasen unterzeichnet - zum anderen hat das kanadische Parlament das Kyoto-Protokoll gebilligt. Noch ist damit die internationale Vereinbarung zum Klimaschutz nicht bindend - es fehlt auf jeden Fall die Unterschrift von Russland, wobei hier von der russischen Regierung mehrmals Signale für die Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls gekommen sind. Auf gar keinen Fall mitmachen will die USA und das ist auch der Grund dafür, dass das Nachbarland Kanada sich schwer getan hat mit der Billigung des Protokolls - ist doch die Wirtschaft der beiden Länder eng miteinander verflochten.

Von Maren Molthan |
    Ein großer Tag für Kanada und ein großer Tag für den Klimaschutz – so bilanziert Jean Chrétien die Ratifikation des Protokolls von Kyoto. Der kanadische Regierungschef kann sich über das positive Abstimmungsergebnis freuen. Dennoch kritisiert die Opposition, dass unklar bleibt, wie der Ausstoß der hausgemachten Treibhausgase verringert werden soll. Da Chrétien schon angekündigt hat, sich 2004 aus der Politik zurückziehen zu wollen, unterstellen ihm einige Abgeordnete sogar mangelndes Interesse an der konkreten Umsetzung.

    Bedenklich scheint vielen Kanadiern außerdem die Haltung der USA: Denn ohne den weltweit größten Erzeuger von Treibhausgasen das Protokoll von Kyoto zu ratifizieren, sei sinnlos und erzeuge nachteilige Bedingungen für die kanadische Wirtschaft. In der Tat sind die Vereinigten Staaten für Kanada der Handelspartner Nummer eins. Die Bestimmungen von Kyoto würden die kanadischen Erzeugnisse verteuern, da der große und mächtige Nachbar im Süden ohne Emmisionsbegrenzungen weiterproduzieren könne, heißt es. Andere Stimmen sehen im Klimaschutzvertrag eine Chance, im eigenen Land neue Technologien zum Energiesparen zu entwickeln.

    Kyoto verpflichtet die Kanadier, bis 2012 die Emissionen ihrer Treibhausgase um sechs Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Das bedeutet: Innerhalb der nächsten zehn Jahre muss ein Drittel der heutigen Emissionen eingespart werden – ein langer Weg, der eine detaillierte Streckenplanung braucht. Und genau die würde fehlen, heißt es nicht nur aus den Verbänden der kanadischen Mineralölwirtschaft, sondern auch aus den Reihen der Regierungspartei. Das Kabinett sieht Kanada jedoch vorbereitet, um die Vorgaben auch zu erreichen. Schon im Haushaltsplan von 2000 und 2001 habe die federale Regierung ein Budget für Klimaschutz eingerichtet, wie Herb Dhaliwal, Kanadas Minister für natürliche Ressourcen erklärt:

    "Die federale Regierung ist entschlossen, finanzielle Hilfe zur Verfügung zu stellen, um z.B. Energie effizienter zu nutzen, Infrastruktur zu schaffen, und die nötige Technologie zu entwickeln, um die Kyoto-Vorgaben auch erfüllen können. Das sind vor allem auch die 1,6 Milliarden Dollar, die für diesen Zweck schon investiert worden sind."

    Dieses Geld fließt in die Realisierung von Motoren, die mit Wasserstoff oder Planzenöl laufen, in CO2-Recycling, die Ansiedlung von Windkraftparks, könnte aber auf eine bestimmte Art und Weise am effektivsten eingesetzt werden:

    Eigentlich müsste vor allem in die Energieeffizienz investiert werden, so Steven Gilbo. Der Klimaschutzexperte von Greenpeace Kanada weist daraufhin, dass Firmen der konventionellen Energieerzeugung ihre Emissionen halbieren konnten, ohne die Produktion zu drosseln. Ähnlich gravierende Einsparungen seien auch im privaten oder Dienstleistungsbereich-Bereich denkbar, denn die Möglichkeiten Gebäude zu konstruieren, die sommers wie winters wenig Energie verbrauchen, seien längst noch nicht ausgeschöpft, so Gilbo. Bislang sind die federalen Vorgaben zur Wärmedämmung freiwilliger Natur, ein in allen Provinzen gültiger Standard sei deshalb wünschenswert.

    Der kanadische Regierungschef Jean Chrétien ignoriert die Stimmen, die in Kyoto einen nicht zu kompensierenden Nachteil im Standortwettkampf mit den USA sehen. Kritiker, die sich auch in den Reihen der Regierungspartei offen gegen Kyoto engagieren, sprechen von 450 000 Arbeitsplätzen, die nach der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls in Kanada verloren gingen. Chrétien riskiert außerdem eine lang andauernde Kontroverse mit den Provinzen, die für die Verwaltung ihrer Bodenschätze und Energieversorgung zu großen Teilen selbst zuständig sind. Aus der westkanadischen Provinz Alberta droht der Umweltminister Dawn Tayler:

    "Wir werden die federalen Vorgaben, wie Kyoto zu erfüllen ist, nicht akzeptieren. Notfalls werden wir dieses Recht vor Gericht durchsetzen, denn die Ressourcen unserer Provinz gehören uns und nicht der federalen Regierung."

    Eigentlich sind die Emissionen in Kanada auch nicht das Problem, könnte man meinen: In Kanada leben 0,2 Prozent der Weltbevölkerung, und diese 32 Millionen Personen verursachen zwei Prozent der weltweiten Treibhausgase – zudem wird Energie zu 60 Prozent mittels großer Wasserkraftwerke erzeugt. Dennoch ist es für das waldreiche Riesenland Zeit zu handeln, denn in seinen Metropolen kann man im Sommer kaum noch atmen: In diesem Jahr löste die Stadt Toronto an 27 Tagen Smogalarm aus, im Jahr zuvor waren es nur vier Tage. Der Transportsektor trägt zu einem Drittel zu dieser Luftverschmutzung bei,Tendenz steigend.

    Und: Die Kanadier wollen Kyoto. In der bevölkerungsreichsten Provinz Ontario sind nach Umfragen rund 80 Prozent für den Beitritt zum Kyoto-Protokoll, auch ohne die USA wie Phillip Krabbé, Professor für Wirtschaft und Umweltfragen an der Universität von Ottawa, erläutert:

    "Dass die USA Kyoto nicht unterzeichnen werden, hat sicherlich einen sehr großen Einfluß auf die Reduktion der Treibhausgase. Das schmälert die sofortige Effektivität des Protokolls von Kyoto. Die Bedeutung dieser Klimavereinbarung selbst ohne die USA ist aber dennoch essentiell, weil man mit Kyoto eine Regelung institutionell etabliert, mit der man international auf Jahrzehnte hinaus den Klimawandel managen kann."

    An diesem Wandel teilzuhaben und ihn mitgestalten zu wollen, scheint trotz der Differenzen und Sonderwege einiger kanadischer Provinzen allen Kanadiern gemein.