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Kann die Bundesliga profitieren?

Seit dem das Financial Fairplay beschlossen wurde, heißt es immer wieder, dass vor allem die solide wirtschaftende Bundesliga sportlich profitieren könnte. Vorausgesetzt natürlich, Financial Fairplay wird auch so umgesetzt, wie es geschrieben steht. Daran gibt es in der Bundesliga allerdings Zweifel.

Von Bastian Rudde | 10.03.2013
    Als die UEFA "Financial Fairplay" beschloss, lief sie in Deutschland in offene Arme. Auch bei Wolfgang Holzhäuser, dem Geschäftsführer von Bayer Leverkusen. Er glaubt an die Idee dahinter. Zumindest theoretisch:

    "Die Absicht ist hehr, ob es in der Realität in der Form umsetzbar ist, da hege ich meine Zweifel."

    Denn im Konzept der UEFA sieht Holzhäuser viele Ungereimtheiten.

    "Wenn man diskutiert, wenn ein Verein X oder Y für Trikotwerbung eine Unsumme von Geld bekommt, und fragt, ob das gerecht ist, stell ich mir immer die Frage: ‚Wie will man das bewerten, wie will man das machen?‘ Das ist ´ne sehr, sehr schwierige Frage, die es zu entscheiden gilt."

    Auch vom VfB Stuttgart, vom FC Schalke, von Dortmund, Frankfurt und Mainz ist zu vernehmen, dass Financial Fairplay zwar prinzipiell willkommen ist, die Umsetzung aber irgendwie skeptisch beäugt wird. Bei der Deutschen Fußball-Liga DFL heißt es, die UEFA habe die Latte hoch gelegt, müsse nun aber beweisen, dass sie auch drüber springen will. DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig:

    "Das ist ein guter, richtiger Schritt, den die UEFA hier einführt. Aber natürlich muss man das sorgsam verfolgen und sehen, wo gibt es möglicherweise Umgehungstatbestände. Wenn es tatsächlich irgendwann vorkommt, dass sich irgendjemand nicht an die Vorgaben hält, ja dann ist er auch zu bestrafen – und da bin ich dann auch bei allen anderen – dann aber mit aller Konsequenz dann auch!"
    Zwar hat die UEFA schon signalisiert, dass sie vor Sanktionen nicht zurückweichen wird. Doch würde sie sich auch an einen der ganz Großen heranwagen?

    "Das wird mehr als spannend, inwiefern sie den Mut hat, das konsequent durchzusetzen."

    Sagt ein diplomatischer Martin Kind, Geschäftsführer von Hannover 96. In der Europa League scheiterte der Bundesligist vor kurzem an Anschi Mahatschkala. Dem Verein von Suleiman Kerimow, einem Milliardär, der sich in kurzer Zeit eine internationale Top-Truppe zusammengekauft hat.

    "51 Millionen Euro minus in der Kasse, in der Transferbilanz. All das interessiert überhaupt nicht, weil Kerimow so viel Geld auf dem Konto hat, dass er jederzeit nachlegen würde."

    In Deutschland ist so etwas theoretisch nicht möglich. Die "50+1-Regel" soll verhindern, dass Investoren bei einem Profifußballverein die Mehrheit übernehmen. Überhaupt: Wirtschaftlich sei die Bundesliga da, wo Europa hin müsse, sagt DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig.

    "14 von 18 Bundesligavereinen machen Gewinne. Und das sich das in diese Richtung entwickelt hat, ist großartig und ist sicherlich auch beispielgebend. Und am Ende auf Strecke gibt es keinen Ersatz für wirtschaftliche Vernunft. Denn wenn sie zehn Euro im Portemonnaie haben, können sie nicht dauerhaft 20 ausgeben."

    Doch auch im vermeintlich vorbildlichen Deutschland lief in den vergangenen Jahren nicht alles so, wie Financial Fairplay es zukünftig vorsieht. Beispiele dafür sind die TSG 1899 Hoffenheim und der VfL Wolfsburg. In Hoffenheim bezahlte Mäzen Dietmar Hopp den rasanten sportlichen Aufstieg und reizte die "50+1-Regel" dabei bis aufs Äußerste aus. Der Werksklub Wolfsburg ist von der Regel ausgenommen. Der Autohersteller VW investierte kräftig in das Fußballgeschäft. Offenbar mit Beträgen, die anderswo Neid erzeugen. Und zu denen man – genauso wie bei Vereinen im europäischen Ausland – fragen könne, ob sie eigentlich noch "marktüblich" oder nicht doch schon wettbewerbsverzerrend seien, sagt Hannovers Geschäftsführer Martin Kind. Obwohl im europäischen Fußball schon viel über Financial Fairplay geredet wird, steht das Projekt aus seiner Sicht noch ganz am Anfang.
    "Also ich sehe darin einen fließenden Prozess, mit dem Ziel, Financial Fairplay tatsächlich auch zu erreichen, und die notwendigen Inhalte zu definieren, die voll umfänglich bisher nicht definiert sind."