Die Gegner des "Wertunterrichts", wie er etwa in Berlin auf der Agenda steht, haben zwei Hauptargumente:
Die verbindliche Einführung - also nicht als Alternative zum Fach Religion - werde viele der Schüler, die bisher am Religionsunterricht teilgenommen haben, darauf verzichten lassen. Denn sie hätten ja dann mehr Schule als ihre Klassenkameraden - und welchem Kind gefällt das schon.
In einer Emnid-Umfrage sprachen sich 60 Prozent der Berliner dafür aus, den Schülern die Wahl zwischen Religion und einem konfessionsfreien Werteunterricht zu ermöglichen.
Nicht nur die Kirchen, sondern auch durchaus weltliche Skeptiker wollen schlicht wissen: Welche "Werte" sind gemeint - und kann man die unterrichten? Muss man Solidarität, Zivilcourage, Toleranz, Gesprächskultur nicht vorleben? Müssen die unserer Gesellschaft zugrunde liegenden Werte nicht alle Fächer durchziehen?
Kann man Werteerziehung abhandeln wie Verkehrserziehung? fragt der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung. Wohl biete ein Fach, das Ethik heißen könnte, den Raum, die Hintergründe gesellschaftlicher Fragen wie etwa Sterbehilfe, Umgang mit Behinderten, Stammzellenforschung zu lehren und zu besprechen - aber welche Position der Einzelne dazu einnimmt, müsse sich dem Lehrauftrag entziehen… Zu bewerten wäre dann bestenfalls die Diskussionsfreudigkeit. Es reüssiert, wer am besten reden kann. Ein "Laberfach" also?
Nein, sagen die Befürworter des Werteunterrichts: Die Zeit, um über ethische Themen nachzudenken, fehle an den Schulen. Auch Kinder aus christliche orientierten Elternhäusern hätten heutzutage viele Werte nicht mehr verinnerlicht, weil sie ihren Eltern als nebensächlich erscheinen. So könnte man auch Daten des von der Universität Koblenz-Landau veröffentlichten Bildungsbarometers interpretieren: Die Frage, auf welches Schulfach am ehesten verzichtet werden könnte, um die in der PISA-Diskussion geforderte Stärkung der Fächer Mathematik und Deutsch zu erreichen, beantwortete die Hälfte der Interviewten mit: Religion. 15 Prozent waren für Ethik/Philosophie. Mit anderen Worten: fast zwei Drittel plädierten für einen nahezu "wertfreien" Unterricht.
Dem gelte es entgegenzusteuern - und außerdem sei dieses Fach ein wichtiges Integrationsmittel, sagt zum Beispiel der Berliner SPD-Landeschef. Wenn man das Fach als Alternative zum Religionsunterricht anbiete, dann könnten auch muslimische Schülerinnen und Schüler nicht erreicht werden. Denn die Werte, die in diesem Unterricht vermittelt werden sollen, erschöpfen sich eben nicht in den Sekundärtugenden, die in einem Benimm-Unterricht gepaukt werden.
Gäste:
Anita Mächler, Leiterin des Lessing-Gymnasiums Berlin-Wedding
Eva-Maria Kenngott, Universität Potsdam. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Philosophie für den Bereich Fachdidaktik Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde
Literatur zum Thema:
Anna von Münchhausen:
Sechste Stunde: Sinn-Suche
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 24. April 2005)
Ruth Priese:
Lernen und Soziale Verantwortung. Zur Lehrerausbildung im Projekt LER. Psychosozial-Verlag Gießen 1997
Lothar Kuld, Rainer Bolle, Thorsten Knauth (Hrsg.):
Pädagogik ohne Religion?
Beiträge zur Bestimmung und Abgrenzung der Domänen von Pädagogik, Ethik und Religion
Waxmann Verlag 2005
Links zum Thema:
Werteunterricht - Beschluss der Berliner SPD
Die Argumente der Berliner SPD zum Werteunterricht
Die Argumente der CDU und der Kirchen:
epd: CDU und ZdK kritisieren geplanten Werteunterricht in Berlin
Morgenpost: Werteunterricht: Erzbistum verweigert Mitarbeit
Ein Forum zum Thema:
Forum: Werteunterricht in Berlin
Daten:
www.bildungsbarometer.de
Höflichkeit und Sparsamkeit wieder hoch im Kurs: Institut für Demoskopie Allensbach
Ihre Fragen und Meinungen erwarten wir während der Sendung unter:
Hörertelefon: 00800 44 64 44 64
Hörerfaxnummer: 00800 44 64 44 65
E-Mail-Adresse: forumpisa@dradio.de
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Raderberggürtel 40
50968 Köln
Die verbindliche Einführung - also nicht als Alternative zum Fach Religion - werde viele der Schüler, die bisher am Religionsunterricht teilgenommen haben, darauf verzichten lassen. Denn sie hätten ja dann mehr Schule als ihre Klassenkameraden - und welchem Kind gefällt das schon.
In einer Emnid-Umfrage sprachen sich 60 Prozent der Berliner dafür aus, den Schülern die Wahl zwischen Religion und einem konfessionsfreien Werteunterricht zu ermöglichen.
Nicht nur die Kirchen, sondern auch durchaus weltliche Skeptiker wollen schlicht wissen: Welche "Werte" sind gemeint - und kann man die unterrichten? Muss man Solidarität, Zivilcourage, Toleranz, Gesprächskultur nicht vorleben? Müssen die unserer Gesellschaft zugrunde liegenden Werte nicht alle Fächer durchziehen?
Kann man Werteerziehung abhandeln wie Verkehrserziehung? fragt der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung. Wohl biete ein Fach, das Ethik heißen könnte, den Raum, die Hintergründe gesellschaftlicher Fragen wie etwa Sterbehilfe, Umgang mit Behinderten, Stammzellenforschung zu lehren und zu besprechen - aber welche Position der Einzelne dazu einnimmt, müsse sich dem Lehrauftrag entziehen… Zu bewerten wäre dann bestenfalls die Diskussionsfreudigkeit. Es reüssiert, wer am besten reden kann. Ein "Laberfach" also?
Nein, sagen die Befürworter des Werteunterrichts: Die Zeit, um über ethische Themen nachzudenken, fehle an den Schulen. Auch Kinder aus christliche orientierten Elternhäusern hätten heutzutage viele Werte nicht mehr verinnerlicht, weil sie ihren Eltern als nebensächlich erscheinen. So könnte man auch Daten des von der Universität Koblenz-Landau veröffentlichten Bildungsbarometers interpretieren: Die Frage, auf welches Schulfach am ehesten verzichtet werden könnte, um die in der PISA-Diskussion geforderte Stärkung der Fächer Mathematik und Deutsch zu erreichen, beantwortete die Hälfte der Interviewten mit: Religion. 15 Prozent waren für Ethik/Philosophie. Mit anderen Worten: fast zwei Drittel plädierten für einen nahezu "wertfreien" Unterricht.
Dem gelte es entgegenzusteuern - und außerdem sei dieses Fach ein wichtiges Integrationsmittel, sagt zum Beispiel der Berliner SPD-Landeschef. Wenn man das Fach als Alternative zum Religionsunterricht anbiete, dann könnten auch muslimische Schülerinnen und Schüler nicht erreicht werden. Denn die Werte, die in diesem Unterricht vermittelt werden sollen, erschöpfen sich eben nicht in den Sekundärtugenden, die in einem Benimm-Unterricht gepaukt werden.
Gäste:
Anita Mächler, Leiterin des Lessing-Gymnasiums Berlin-Wedding
Eva-Maria Kenngott, Universität Potsdam. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Philosophie für den Bereich Fachdidaktik Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde
Literatur zum Thema:
Anna von Münchhausen:
Sechste Stunde: Sinn-Suche
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 24. April 2005)
Ruth Priese:
Lernen und Soziale Verantwortung. Zur Lehrerausbildung im Projekt LER. Psychosozial-Verlag Gießen 1997
Lothar Kuld, Rainer Bolle, Thorsten Knauth (Hrsg.):
Pädagogik ohne Religion?
Beiträge zur Bestimmung und Abgrenzung der Domänen von Pädagogik, Ethik und Religion
Waxmann Verlag 2005
Links zum Thema:
Werteunterricht - Beschluss der Berliner SPD
Die Argumente der Berliner SPD zum Werteunterricht
Die Argumente der CDU und der Kirchen:
epd: CDU und ZdK kritisieren geplanten Werteunterricht in Berlin
Morgenpost: Werteunterricht: Erzbistum verweigert Mitarbeit
Ein Forum zum Thema:
Forum: Werteunterricht in Berlin
Daten:
www.bildungsbarometer.de
Höflichkeit und Sparsamkeit wieder hoch im Kurs: Institut für Demoskopie Allensbach
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