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Kanzleramt
Weiteres Spitzentreffen zur Dieselkrise

Umtauschprämien, Rückkauf oder Nachrüstungen auf Herstellerkosten: Auf einem Treffen im Kanzleramt wollen die Bundeskanzlerin und mehrere Minister über ein Maßnahmenpaket gegen Diesel-Fahrverbote in Städten beraten.

Von Nadine Lindner | 28.09.2018
    Das Auspuffrohr eines älteren Fahrzeugs ist an einer befahrenen Durchgangsstraße in Stuttgart zu sehen.
    In Stuttgart gibt es bald Fahrverbote für ältere Diesel-Autos. (dpa-Bildfunk / Bernd Weißbrod)
    Eines ist sicher – es wurde viel telefoniert in den vergangenen Tagen in Sachen Diesel in Berlin. Denn heute kommt eine Ministerrunde zusammen, die eine politische Lösung für die Diesel-Krise finden soll. Es sind die Ressorts Verkehr, Umwelt, Wirtschaft, Finanzen und das Kanzleramt. Dabei gilt: Das SPD-Umweltministerium will Nachrüstungen auf Herstellerkosten, das CSU-Verkehrsministerium setzt auf Umtauschprämien oder Rückkauf.
    "Noch mal vorneweg gesagt, meine Priorität eins sind interessante Tauschoptionen. Es ist kein Geheimnis, dass ich nichts von Hardware-Nachrüstungen halte. Ich habe rechtliche, finanzielle Bedenken."
    So Scheuer Anfang der Woche im "Morgenmagazin" von ARD und ZDF.
    Rückkaufmöglichkeiten, Umtauschprämien und technische Nachrüstungen
    Reichlich telefoniert wurde auch zwischen Berlin und den Konzernzentralen der deutschen Autobauer. Denn sie will Verkehrsminister Andreas Scheuer in Einzelgesprächen zu Zugeständnissen bewegen. Sie sollen quasi weichgekocht werden, das Konzept von Scheuer zu unterstützen, in dem er einen Dreiklang aus Rückkaufmöglichkeiten, Umtauschprämien und technischen Nachrüstungen vorschlägt – beschränkt auf die zehn am meisten belasteten Städte.
    Der Verkehrsminister ist mit seinen Plänen bislang eingeschränkt erfolgreich. Volkswagen kündigte– so berichtet es gestern überraschend der "Spiegel" - sein Einlenken an und kann sich die Finanzierung von Diesel-Hardware-Nachrüstungen vorstellen. Aber nur teilweise.
    Denn das Unternehmen beharrt darauf, nur 80 Prozent der Nachrüstungskosten zu übernehmen. Sie liegen bei rund 3.000 Euro – die Autobesitzer müssten also 600 Euro aus eigener Tasche zahlen. VW verweist auf Aktionärs-Interessen. Die Frage ist nun, ob auch die anderen deutschen Hersteller Daimler und BMW nachziehen.
    VW-Chef lehnt Rückkauf von älteren Diesel-Fahrzeugen ab
    Und auch in einem weiteren Punkt stellt sich VW-Chef Diess laut "Spiegel" gegen die Pläne des Verkehrsministers. Der Autokonzern lehnt eine Option für einen Rückkauf von älteren Diesel-Fahrzeugen ab. Dies setzt stattdessen auf Umtausch – das heißt Kunden sollen sich einen Neuwagen kaufen und das alte Modell in Zahlung geben können.
    Eine Unverschämtheit nennt es die Linke. Der grüne Fraktionsvize Oliver Krischer weist zudem darauf hin, dass die die Konzerne im vergangenen Jahr 40 Milliarden Euro Gewinn gemacht haben.
    "Es kann jetzt nicht sein, dass die Autombil-Konzerne in einem Klein-Klein mit einzelnen Vorschlägen, mit einzelnen Umrüstungsprogrammen versuchen, dem Druck die Spitze zu nehmen."
    Außerdem fürchtet der ökologische Verkehrsclub VCD, dass es einen Kuhhandel zwischen Regierung und Autokonzernen gegeben habe, weil die Bundesregierung nun die weicheren CO2-Klimaschutzziele für Autobauer auf europäischer Ebene unterstützt.
    Was wird aus dem Diesel und ihren Fahrern?
    Seit Februar, seit dem eindeutigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig für Fahrverbote steht die Frage – Was wird aus dem Diesel und ihren Fahrern – sehr drängend im Raum. Und die Deutsche Umwelthilfe hat weitere Klagen angekündigt, Jürgen Resch gestern:
    "Im Moment sind es acht weitere Städte, die in diesem Jahr mit Verfahren kommen werden. Und wir rechnen damit, dass die anderen Städte im ersten Quartal 2019 kommen werden. 34 Städte sind es insgesamt."
    Darunter Berlin, Köln, Wiesbaden und Darmstadt. Für die Wirtschaftsmetropole Frankfurt hatte es vor wenigen Wochen ebenfalls ein Urteil pro Fahrverbote gegeben. Das Frankfurter Urteil gilt als Wendepunkt: Denn danach hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre ablehnende Haltung gegenüber technischen Nachrüstungen geändert. Offensichtlich auf Bitten ihres CDU-Parteifreunds Volker Bouffier, der sich bei der Landtagswahl Ende Oktober als Ministerpräsident bestätigen lassen will. Für den SPD-Verkehrspolitiker Arno Klare zählt nur das Ergebnis:
    "Frankfurt spielt mit Sicherheit eine Rolle. Auch die Tatsache, dass da nicht nur in Frankfurt, sondern in ganz Hessen gewählt wird. Allerdings ist mir dann auch egal, warum was passiert, wenn denn was Richtiges passiert."
    Ob es heute in der Ministerrunde schon eine Einigung gibt oder erst Montag Abend nach dem Koalitionsausschuss, ist noch nicht abzusehen. Möglicherweise wird auch über das Wochenende viel telefoniert.