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Kaputtgespart

Seit 2006 haben viele Arbeitslose den Gründungszuschuss in Anspruch genommen und sich mit Erfolg selbstständig gemacht. Doch künftig können sich Existenzgründer nicht mehr auf Hilfe vom Staat verlassen, denn für den Gründungszuschuss gibt es keinen Rechtsanspruch mehr.

Von Friederike Schulz | 03.01.2012
    "Das ist eine Vierzimmerwohnung, mit einer großen Terrasse, nach Süden ausgerichtet …"

    Alexandra de Jong führt das junge Ehepaar durch die Wohnung. Sie weist auf den hochwertigen Parkettboden hin, öffnet den Kamin, nimmt die Besucher mit auf die Terrasse. Es ist offensichtlich, die Maklerin ist ganz ihn ihrem Element. Dabei zeigt sie gerade ihr allererstes Objekt: eine gehobene 128-Quadratmeter-Wohnung in Rodenkirchen, einem der teuren Stadtviertel im Kölner Süden. Erst seit zwei Monaten ist die gebürtige Holländerin im Geschäft. Sie ist selbstständig, hat aber einen Vertrag mit einer der führenden Makleragenturen in Deutschland. Sie darf deren Kundenkartei nutzen, bei Abschluss bekommt sie einen Teil der Provision – aber eben nur bei Abschluss. Und so kann es gerade zu Beginn der Selbstständigkeit auch gern mal mehrere Monate dauern, bis das erste Geld fließt.

    "Ich habe erst Kontakt aufgenommen zu anderen Maklern hier in der Gegend. Dann haben wir eine sehr realistische Kalkulation gemacht, bei der die auch gesagt haben: Also in den ersten vier bis sechs Monaten wirst du nichts verdienen, und das habe ich dann auch so kalkuliert."

    Alexandra de Jong ist 36. Bis zur Geburt ihres Sohnes vor zwei Jahren arbeitete sie als Investmentbankerin. Doch in diesen Job wollte sie nicht zurück – zu unregelmäßig waren die Arbeitszeiten, zu wenig Zeit blieb fürs Privatleben. Sie kündigte, meldete sich arbeitssuchend und beschloss, sich fortan ihrer wahren Leidenschaft zu widmen – dem Verkauf schöner Wohnungen.

    "Es war schon immer ein Traum. Ich habe mir immer gedacht: Das muss ich machen. Häuser und Immobilien sind eine Leidenschaft. Ich habe aber nie den Mut gehabt, es zu machen, weil ich dann für mich selbstständig und würde dann nur mit meiner eigenen Leistung Geld verdienen. Und es sind Tausende Makler da draußen. Ich hatte bisher nicht den Mut, mein monatliches Gehalt aufzugeben. Und dann habe ich gesagt: Nach der Elternzeit mache ich das."

    In der Beratungsstelle der Arbeitsagentur erfuhr sie dann von der Einstiegshilfe für angehende Unternehmer, dem sogenannten Gründungszuschuss.

    Der Gründungszuschuss wird in zwei Phasen geleistet. Für neun Monate wird der Zuschuss in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zur Sicherung des Lebensunterhalts und 300 Euro zur sozialen Absicherung gewährt. Für weitere sechs Monate können 300 Euro pro Monat zur sozialen Absicherung gewährt werden, wenn eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten dargelegt werden.

    Seit 2006 haben pro Jahr mehr als 100.000 Personen den Gründungszuschuss in Anspruch genommen – mit großem Erfolg. So sind nach einer ersten Evaluation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, rund 80 Prozent der Gründer nach anderthalb Jahren noch am Markt. Zahlen, die auch schon für die Vorgängerinstrumente Überbrückungsgeld und Ich-AG galten. Das Erfolgsrezept: Der Antragssteller muss mit vielen Nachweisen die Ernsthaftigkeit seines Vorhabens deutlich machen: mit einem Businessplan, in dem die Geschäftsidee und das Marktumfeld detailliert beschrieben sind. Außerdem muss die Tragfähigkeit des Projekts von einer fachkundigen Stelle geprüft sein: zum Beispiel von einem Wirtschafts- oder Steuerberater, der Handwerkskammer oder der Industrie- und Handelskammer. Petra Lohmann von der IHK Köln erklärt die Kriterien:

    "Wenn man mal so plakative Beispiele nehmen möchte: wenn jemand sagt: Ich möchte jetzt einen gastronomischen Betrieb eröffnen, aber außer dass er vor der Theke schon mal gestanden hat, keinerlei Berührungspunkte hatte bisher in diesem Bereich, ist das nicht nur schwierig, sondern meist leider zum Scheitern verurteilt. Da ist immer mit erforderlich, dass man entsprechende fachliche Qualifikationen, Branchenkenntnisse und kaufmännische Qualifikation. Das ist das, was für uns im Rahmen dieser Prüfung evident wichtig ist zu sehen: Passt die Gründerpersönlichkeit zum Geschäftsvorhaben? Und auf der anderen Seite: Ist das Unternehmenskonzept, das er erstellt hat, dieser Businessplan, ist der plausibel? Kann man daraus absehen, wie er den Markt einschätzt, wie er seine Zielgruppe definiert, wie er die auch erreichen möchte? Gibt es denn für seine Dienstleistung, für sein Produkt, auch einen Markt, den er bedienen kann?"

    War das Gutachten positiv, bewilligte die Arbeitsagentur bisher in der Regel die Förderung. Denn jeder, der die Voraussetzungen erfüllte und der noch einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld I von mindestens 90 Tagen hatte, hatte bisher einen Rechtsanspruch auf den Gründungszuschuss. Das heißt, der zuständige Mitarbeiter der Arbeitsagentur hätte sehr genau begründen müssen, warum er trotz des externen Gutachtens einen Antrag nicht bewilligte. Das ist aber in der Praxis so gut wie nie vorgekommen, bestätigt Sabine Schlensag von der Kölner Arbeitsagentur:

    "Es handelte sich um eine Leistung, die jeder bekommen konnte, der bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllte. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt waren, hat die Agentur für Arbeit gezahlt."

    Doch damit ist es nun vorbei. Gegen den Rat der Experten von der Bundesagentur für Arbeit und gegen den Willen der Opposition hat der Bundestag im September die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente beschlossen. Der Gründungszuschuss wird damit zur Ermessensleistung. Wie bisher muss ein externer Gutachter den Businessplan für tragfähig befinden. Doch das heißt nicht, dass die Bundesagentur den Zuschuss dann auch wie bisher bewilligt. Es liegt künftig vielmehr im Ermessen des Fallbearbeiters, ob ein Gründer gefördert wird oder nicht. Außerdem muss man noch mindestens 150 Tage Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben und nicht mehr wie bisher nur 90 Tage. Auch wird die erste Phase der Förderung von neun auf sechs Monate gekürzt. Nach den Plänen von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sollen so die Mittel für den Gründungszuschuss in den kommenden Jahren von bisher rund 1,8 Milliarden Euro auf rund 500 Millionen reduziert werden. Ihr Argument: Rund die Hälfte der bisherigen Gründer habe im Nachhinein erklärt, dass sie den Schritt in die Selbstständigkeit auch ohne staatliche Förderung geschafft hätten.

    "Wir gehen weg von der Dauerförderung künstlicher geschaffener Arbeitsplätze. Die waren richtig in der Zeit der Massenarbeitslosigkeit. Sie sind auch noch richtig für Menschen, die überhaupt gar keine Chance am Arbeitsmarkt haben. Aber sie können nicht weiterhin das dominierende Instrument sein, in einer Zeit, wo Menschen händeringend am ersten Arbeitsmarkt gesucht werden."

    Die Opposition spricht dagegen von einem arbeitsmarktpolitischen Kahlschlag und hielt im Bundestag vergeblich dagegen. Auch über den Bundesrat war nichts mehr zu machen. Die SPD-geführten Länder beantragten zwar die Einberufung des Vermittlungsausschusses, doch da das Gesetz nicht zustimmungspflichtig war, ließ sich lediglich das Inkrafttreten verzögern. Seit dem 28. Dezember gelten nun die neuen Regeln für den Gründungszuschuss. Nach Meinung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ein falsches Signal. Vergeblich hatten die Experten des Instituts im Herbst gewarnt:

    Der Gründungszuschuss ist eines der erfolgreichsten Instrumente der Bundesagentur für Arbeit. Er unterstützt auf effektive Weise Gründer aus Arbeitslosigkeit auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Kommt die Reform wie geplant, werden viele förderwürdige Gründer keinen Zuschuss mehr erhalten. Bleiben diese in der Folge länger arbeitslos oder gründen sie unter Nutzung von Arbeitslosengeld I, dürfte die Budgetkürzung im Gründungszuschuss zu keinen echten Einsparungen für die Bundesagentur für Arbeit führen. Daher ist von den Reformelementen Budgetkürzung und Ermessensleistung abzuraten.

    Eine Einschätzung, die von vielen Experten geteilt wird. Vor allem Gründungsberater, die angehende Unternehmer beim Schritt in die Selbstständigkeit begleiten, liefen im Vorfeld gegen die Reformpläne Sturm und warnen nun vor den negativen Folgen. So auch Andreas Lutz, Autor mehrerer Ratgeber zum Thema Gründungszuschuss:

    "Es werden viele Anträge erst mal abgelehnt werden. Das Hauptproblem bei der ganzen Sache ist, dass die Bundesministerin für Arbeit gleichzeitig die Mittel sehr stark kürzen möchte. Das bedeutet, dass die Arbeitsberater, die bisher die Arbeitslosen unterstützt haben und eine Alternative zur Arbeitslosigkeit aufgezeigt haben, jetzt immer einen Blick aufs Budget werfen müssen und sagen müssen: Naja, der kann vielleicht doch noch eine Stelle auf dem Arbeitsmarkt finden, oder ich lehne den einfach erst mal ab, weil ich irgendwie mein Budget einhalten muss."

    Und so verzeichneten die Arbeitsagenturen im Herbst einen bisher ungekannten Ansturm beim Gründungszuschuss. Wer sich bis dahin schon einmal mit dem Gedanken getragen hatte, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, wollte noch schnell von der alten Regelung profitieren. Auch Robert Schinchen, der eine Personalvermittlung für hoch qualifizierte Ingenieure gründen wollte. Der 27-Jährige stammt selbst aus der Branche, kennt den Markt. Eigentlich wollte er sich noch bis Januar Zeit lassen mit der Gewerbeanmeldung, um alles bis ins Detail vorzubereiten. Doch als er von den Reformplänen hörte, wählte er Anfang Dezember, obwohl dies eigentlich der schlechteste Monat für solch ein Vorhaben ist.

    "Ab dem 20. sind alle schon im Weihnachtsmodus. Deswegen wäre es sinnvoller gewesen, sich einfach noch mehr Zeit zu nehmen, und das noch besser vorzubereiten, um dann am 1.1. zu starten, aber so wird man halt kreativ und stemmt das schneller."

    Robert Schinchen hat Glück gehabt, er konnte sein Gewerbe noch vor Inkrafttreten der Reform Anfang Dezember anmelden. Ab sofort gilt dagegen die neue Regelung, und es liegt künftig im Ermessen der Arbeitsagentur, wer den Zuschuss erhält und wer nicht. Dabei waren nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt – und Berufsforschung gerade die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen bisher selbst sehr überzeugt von der Wirksamkeit des Gründungszuschusses. Stefan Bernhard, einer der Autoren der Studie:

    "Durchweg kann man sagen, dass die Resonanz zum Gründungszuschuss sehr positiv ist. Alle würden unterschreiben, dass es ein gelungenes Förderungsinstrument ist. Das liegt daran, dass er leicht zu handhaben ist, dass es wenig Konflikte gibt mit den Versicherten und dass es auch sehr klare und überprüfbare Voraussetzungen für den Gründungszuschuss gibt. Es ist aber so, dass gerade in der Arbeitsverwaltung die Zustimmung und die positive Einschätzung so überwältigend ist, denn immerhin ist die Arbeitsverwaltung ja einem enormen Stress ausgesetzt durch die Gründungsförderung."

    "Es ist halt wichtig, um durchzustarten. Ohne Geld geht es nicht. Ich muss den Sprit bezahlen, ich muss Handykosten bezahlen, ich muss mein Marketing schon anfangen. Und ich glaube, ohne Gründungszuschuss einen Job aufzugeben, und erst sechs oder acht Monate nichts zu verdienen … Ohne Gründungszuschuss hätte ich vielleicht einen Nebenjob annehmen müssen."

    Sagt die angehende Maklerin Alexandra de Jong und steht mit dieser Einschätzung nicht alleine da. Das Institut zur Zukunft der Arbeit befragte ehemalige Gründer nach der Bedeutung der staatlichen Förderung.

    Hier zeigt sich klar, dass der Gründungszuschuss über alle Untergruppen hinweg in der Startphase laut eigener Aussage der Gründer/innen wesentlich dazu beigetragen hat, dass Anfangsinvestitionen getätigt und der eigene sowie der Lebensunterhalt der Familie gesichert werden konnte. Ein erheblicher Anteil aller Gründer stimmt auch der Aussage zu, dass ohne das Instrument die ersten Monate der selbstständigen Existenz nicht überstanden worden wären.

    Doch richtig ist auch: Es dauert meist wesentlich länger als die maximale Dauer der Förderung, bis sich Selbstständige auf dem Markt etablieren. In der Regel braucht ein Jungunternehmer drei bis fünf Jahre, bis "der Laden läuft". Sich auf den Gründungszuschuss allein zu verlassen, hat noch nie funktioniert, wendet daher Petra Lohmann von der IHK Köln ein.

    "Ich denke schon, dass zu einer Unternehmerpersönlichkeit ein sehr starkes Bewusstsein für eigenen Antrieb gehört. Man muss eben mit sich selber so weit die Geschäftsidee reflektieren können, selber sich jeden Tag neu motivieren können, sein Ziel zu verfolgen. Und da ist so etwas kein Punkt, der so ein Vorhaben befördert oder beflügelt. Er kann maximal eine Sicherheit geben, für die soziale Absicherung, dass man am Anfang nicht alleine auch noch den persönlichen privaten Lebensbedarf komplett aus dem Unternehmen erwirtschaften muss, sondern da eine Anlaufzeit, die man sonst auch immer hat, die man sonst über Kapital abdecken müsste."

    Aber genau das ist für viele ein entscheidendes Argument, wenn sie diesen Schritt wagen. Vor allem, wenn sie zuvor viele Jahre lang erfolgreich in Festanstellungen beschäftigt waren.

    "Der Zeitraum, bis man einen Kunden erst mal für sich gewonnen hat, bis dann auch das erste Geld fließt, das dauert ja auch wieder eine lange Zeit. Und das fand ich eigentlich ganz erleichternd und großartig, dass man dafür eine Unterstützung bekommen hat."

    Es war vor ziemlich genau sieben Jahren, als Anke Fabian beschloss, ihr Leben zu ändern und sich selbstständig zu machen. Da war die erfolgreiche Werbeexpertin Ende 40, ihr Sohn war aus dem Haus – Zeit für etwas Neues. Doch obwohl Anke Fabian ihren Plan akribisch über ein Jahr vorbereitet hatte – mit der Akquise von Kunden konnte sie erst nach der Kündigung ihrer Festanstellung beginnen. Der Gründungszuschuss, der 2006 gerade eingeführt worden war, half ihr, die Zeit bis zum ersten Honorar zu überbrücken.

    "Ich bin ganz traurig zu hören, dass es das in dieser Form so nicht mehr geben wird. Denn es ist ja auch kein Vermögen, das da an die Personen gegeben wird. Das hält sich deutlich im Rahmen. Aber es erleichtert tatsächlich diese ersten Monate, die ersten Schritte. Man hat, wenn man aus einer Angestelltentätigkeit rauskommt, bei mir waren das ja nun fast 30 Jahre, hat man zumindest ein winziges Sicherheitsgefühl."

    Ein Argument, das vor allem von Gründerinnen immer wieder ins Feld geführt wird. Frauen, dies zeigen die Umfragen der Industrie- und Handelskammern, gründen anders als Männer. Sie sind vorsichtiger, und für sie ist eine staatliche Unterstützung beim Schritt in die Selbstständigkeit noch wichtiger als für Männer, erläutert Iris Kronenbitter von der Gründerinnen-Agentur, die bundesweit angehende Unternehmerinnen unterstützt.

    "Wir haben häufig bei den Frauen, dass sie im Vergleich zu Männern ein niedrigeres Lohnniveau haben. Dieses wird noch verstärkt dadurch, dass viele in Teilzeit arbeiten. Das heißt, dass sie während ihrer Berufstätigkeit auch nicht in dem Maße Möglichkeiten haben, Rücklagen aufzubauen, wie man das von Männern kennt, und das heißt, die Puffer, die die Frauen dann mitnehmen, wenn sie sich selbstständig machen, sind natürlich auch sehr viel niedriger."

    Und so befürchtet Iris Kronenbitter, dass vor allem Frauen es sich künftig zweimal überlegen werden, ob sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Bis heute werden nur rund 30 Prozent aller Unternehmen von Frauen gegründet – eine Zahl, die künftig noch abnehmen wird, vermutet Iris Kronenbitter. Denn eines ist klar: Die Arbeitsagenturen werden künftig nur noch knapp ein Drittel des bisherigen Budgets für den Gründungszuschuss zur Verfügung haben. Und damit sollen nur noch diejenigen unterstützt werden, die sonst keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten, erklärt Sabine Schlensag von der Kölner Arbeitsagentur:

    "Wir prüfen jetzt eingehend, ob es notwendig ist, um auf dem Arbeitsmarkt integriert zu werden. Das heißt auf der einen Seite, dass es Bewerber gibt, die vielleicht auf dem Arbeitsmarkt in ihrem Ursprungsberuf integriert werden könnten. Wir prüfen allerdings auch, ob die Förderung zur Sicherung des Lebensunterhaltes notwendig ist. Denn das ist eine weitere Voraussetzung dieser Förderung: Sie muss zur Sicherung des Lebensunterhaltes notwendig sein. Und wenn jemand mit seiner Gründung bereits ein gutes Auskommen ab dem ersten Tage seiner Selbstständigkeit hat, wäre das auch ein Ablehnungsgrund. Also zwei Gründe, weniger Bewerber für diese Förderung vorzusehen."

    Sprich: Die neuen, strengeren Kriterien sollen schon von alleine dafür sorgen, dass weniger Personen für den Gründungszuschuss infrage kommen – damit werde sich dann auch das Budgetproblem von alleine lösen, so die Hoffnung der Bundesarbeitsministerin. Außerdem war der Gründungszuschuss in seiner bisherigen Form einer Pflichtleistung eine absolute Ausnahme unter den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, erklärt Sabine Schlensag von der Kölner Arbeitsagentur.

    "Wir haben bei den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten insgesamt immer zu prüfen, ob die Förderung notwendig ist, arbeitsmarktpolitisch notwendig bedeutet, ob es dieses Instrument sein muss, durch das die Integration in den Arbeitsmarkt erreicht werden kann, oder ob es andere, günstigere Instrumente gibt oder ob es gar ohne irgendeine Leistung aus der aktiven Arbeitsmarktförderung möglich wäre, integriert zu werden."

    "Guten Morgen, herzlich willkommen …"

    Wie schon oft in den vergangenen Monaten kommt Barbara Riedl-Klass zum Coachingtermin nach Leverkusen zum Wirtschaftsberater Michael Bork, der sie auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleitet hat und sie jetzt noch immer regelmäßig berät. Dass angehende Unternehmer solch eine Beratung dringend brauchen, ist allgemein anerkannt. Und so gilt: Wer den Gründungszuschuss bekommt, hat Anspruch auf einen Zuschuss für Coachingstunden. Die Kosten übernimmt zu 90 Prozent die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Da nun der Kreis beim Gründungszuschuss verkleinert wird, werden auch in Zukunft viel weniger Personen vom Gründercoaching der KfW profitieren. Doch vielmehr als das ärgert Michael Bork die Entscheidung der Bundesregierung an sich, den Gründungszuschuss auf Raten kaputtzusparen. Schließlich wirbt die schwarz-gelbe Koalition nur zu gern mit dem Slogan "Gründerland-Deutschland".

    "Der Schritt in die Selbstständigkeit darf kein Notnagel sein. Es gibt sehr viele Menschen, die in die Selbstständigkeit gehen, weil sie aus einer sehr bewussten Entscheidung heraus getroffen haben: Ich gehe nicht mehr in diesen Arbeitsprozess zurück. Ich kann das einfach nicht mehr in einem Unternehmen. Es sind sehr viele Menschen, die Burn-out-Erfahrungen gemacht haben, die einfach für sich eine andere Lebensperspektive suchen. Wenn ich jetzt als Beurteilungsgrundlage, ob ich Gründungszuschuss gewähren kann oder nicht, die Vermittlungsfähigkeit zugrunde lege, dann heißt das, dass besonders Qualifizierte, die dadurch eben auch in der Selbstständigkeit gute Chancen hätten, der Anspruch auf diese Förderung verwehrt wird."

    Dann hätte wohl auch Alexandra de Jong sich nie ihren Traum erfüllen können, Maklerin zu werden. Jetzt schließt sie zufrieden die Wohnung hinter sich ab, die Besichtigung ist beendet, die Interessenten sind begeistert – sie wollen das Objekt kaufen. Die angehende Maklerin hat es geschafft: Ihr erster Abschluss ist nach nur zwei Monaten Selbstständigkeit geglückt. Mit einem strahlenden Lächeln geht sie die Treppe herunter, die nächsten Kunden warten schon.

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