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Karibische Gefühle auf dem Campus

Die karibische Insel Kuba verbindet man hierzulande wohl eher mit Urlaub als mit einem Auslandsstudium. Das möchte eine Delegation der Universität Santiago de Cuba nun ändern. Sie hat mit einigen norddeutschen Hochschulen Kooperationsverträge geschlossen, die bald einen Studierendenaustausch ermöglichen.

Von Jens Wellhöner |
    Einmal ein oder zwei Semester auf Kuba studieren: ein eher exotischer Gedanke für viele Studierende hier in Deutschland. So fällt die Reaktion der Studierenden der Kieler Fachhochschule auf die Einladung der Delegation aus Kuba auch eher gemischt aus:

    "Ich könnte mir das schon vorstellen. Aber warum? Bestimmt mal interessant, die Staatsform kennenzulernen. Man kommt ja sonst nicht so leicht rein, ohne Nachweis von Wohnung, Hotel und so weiter. Aber ich kann kein Spanisch."

    "Ich denke Kuba wäre mir zu weit entfernt."

    "Vielleicht gibt es ja dort doch noch in gewisser Weise Zensur, so dass man vielleicht doch dort einige Inhalte nicht berücksichtigt, die international vielleicht doch von Relevanz sind."

    Kuba ist seit 1959 eine sogenannte "Sozialistische Republik". Dafür steht vor allem ein Name: Fidel Castro. Der ist aber mittlerweile nicht mehr Präsident, aber sein Bruder Raul führt den Sozialismus a la Kuba weiter. Und die Qualität des Studiums auf der Karibikinsel hat in vielen Bereichen unter der Regierungsform nicht gelitten, meint Jack Weber, Professor für Soziale Arbeit an der Kieler FH und Gastgeber der kubanischen Delegation:

    "Alles, was ich so höre ist, dass das Studium inhaltlich auf Kuba in vielen Bereichen auf einem sehr hohen Niveau ist. Insbesondere im Bereich der Medizin haben wir das ja schon häufig hören können. Also da ist das Studium auf einem sehr hohen Niveau!"

    Aber nicht nur das Studium der Medizin und Pharmazie sei in seiner Heimat auf internationalem Niveau, versichert Joseph Alvarez, Professor für Fremdsprachen an der Universität Santiago de Cuba.

    "Die Männer interessieren sich vor allem für Mechanik, Elektronik und Elektrotechnik. Die Frauen interessieren sich mehr für Literatur, Medizin und andere humanistische Fächer. Betriebswirtschaft gibt es jetzt auch für beide. Da gibt es eine große Konkurrenz!"

    Seit Jahrzehnten sind kubanische Unis für Gaststudierende aus Ländern der sogenannten Dritten Welt ein attraktives Ziel. Denn sie können dort kostenlos lernen und leben, genauso wie ihre einheimischen Kommilitonen. Aber: Studierende aus Europa müssen Studiengebühren bezahlen, und zwar im Extremfall bis zu mehreren Tausend Euro pro Semester. Aber die Höhe der Gebühren schwankt erheblich von Studiengang zu Studiengang. Dafür sind die Lebenshaltungskosten viel geringer als in Deutschland. Eine weitere Besonderheit des Studiums auf Kuba:

    Frontalunterricht, in denen die Professoren lange Monologe halten, und die Studierenden nur mitschreiben, aber nichts sagen müssen: Das gibt es auf Kuba nicht. Joseph Alvarez hat das deutschen Studierenden in Hamburg demonstriert:

    "Wir lehren, damit sie denken. Also, ich war hier einmal an der Evangelischen Hochschule. Und bei uns ist es so, dass wir sagen: Sie bitte, stehen sie auf und antworten sie. Da haben die deutschen Studenten sofort Angst gekriegt! Aber für uns ist es normal, zu sagen, bitte stehen sie auf und sagen sie mir, was sie darüber denken."

    Das Studium dauert auf Kuba länger als in Europa: zehn bis zwölf Semester bis zum Diplom sind normal. Jeder einheimische Studierende muss in Kuba einer studentischen Vereinigung angehören. Die sind zum Teil politisch ausgerichtet. Clara Escalona, sie hat gerade ihr Deutsch- und Englisch-Studium beendet:

    "Es gibt zwei Jugendorganisationen. Die UJC, das heißt, Organisation für kommunistische Jugendliche. Es ist nicht obligatorisch. Die andere Organisation heißt Föderation der Studenten der Universität! Und dazu gehören wir alle!"

    Diese Organisationen veranstalten politische Seminare und organisieren zum Beispiel Konzerte. Als Gaststudent muss man allerdings nicht Mitglied werden.

    Ganz besonders reizvoll für Ausländer dürfte das kubanische Nachtleben sein. Clara Escalona:

    "Wir Kubaner tanzen sehr gerne. Und das ist, was wir immer gemeinsam machen. Wir lesen auch viel. Es gibt hier viel Freizeit für Hobbys, natürlich."

    Mehrere norddeutsche Hochschulen haben schon Kooperationsverträge mit ihr unterzeichnet. Jetzt wird noch verhandelt, welche kubanischen Seminare und Kurse auch in Deutschland anerkannt werden. Sind die Gespräche abgeschlossen, könnte es los gehen: mit dem Gaststudium auf Kuba. Besondere Bewerbungsvoraussetzungen gibt es nicht. Nur etwas Spanisch: Das sollte man schon können.